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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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dorthin zu bitten. Wider alles Vermuthen stimmte Auguste mit in diese Einladung, und bot ihr sehr gastlich einen schicklichen Aufenthalt in ihrem Hause an. Hierdurch wurden nothwendig Luisens frühere Verhältnisse berührt. Theilnahme erweckt Vertrauen. Das weibliche Herz erschließt sich um so leichter, je dringender ihm in manchen Augenblicken Mittheilung wird. Emiliens liebreiches Entgegenkommen rührte Luisen, und wenn ihr auch die Denksprüche und geformelten Phrasen der belesenen Auguste fremd blieben, so klangen sie doch gewichtig, und zwangen sie mit einer Art von Achtung zu der Rednerin aufzusehn, deren Urtheil sie ihre Unerfahrenheit unterwarf, und daher ohne Rückhalt zu Beiden sprach.

So verging dieser Tag und ein folgender, ohne daß sich Luise gleichwohl über jenen gethanen Antrag bestimmte. Allein Emilie hörte nicht auf, sie mit Liebe und Bitten zu bestürmen, und sagte ihr endlich in einem Augenblick, in welchem sie Auguste verlassen hatte, daß sie ihrer Theilnahme in einer ziemlich mißlichen Lage bedürfe, daß Auguste ihr zu fern stehe, und nur ein Herz wie das ihre sie verstehn könne. Hierauf entdeckte sie ihr ohne Weiteres ihre Liebe für den jungen Maler, die seit ihrer frühesten Kindheit ihr Herz erfüllte. Zugleich aber auch, wie lange Trennungen dies Verhältniß

dorthin zu bitten. Wider alles Vermuthen stimmte Auguste mit in diese Einladung, und bot ihr sehr gastlich einen schicklichen Aufenthalt in ihrem Hause an. Hierdurch wurden nothwendig Luisens frühere Verhältnisse berührt. Theilnahme erweckt Vertrauen. Das weibliche Herz erschließt sich um so leichter, je dringender ihm in manchen Augenblicken Mittheilung wird. Emiliens liebreiches Entgegenkommen rührte Luisen, und wenn ihr auch die Denksprüche und geformelten Phrasen der belesenen Auguste fremd blieben, so klangen sie doch gewichtig, und zwangen sie mit einer Art von Achtung zu der Rednerin aufzusehn, deren Urtheil sie ihre Unerfahrenheit unterwarf, und daher ohne Rückhalt zu Beiden sprach.

So verging dieser Tag und ein folgender, ohne daß sich Luise gleichwohl über jenen gethanen Antrag bestimmte. Allein Emilie hörte nicht auf, sie mit Liebe und Bitten zu bestürmen, und sagte ihr endlich in einem Augenblick, in welchem sie Auguste verlassen hatte, daß sie ihrer Theilnahme in einer ziemlich mißlichen Lage bedürfe, daß Auguste ihr zu fern stehe, und nur ein Herz wie das ihre sie verstehn könne. Hierauf entdeckte sie ihr ohne Weiteres ihre Liebe für den jungen Maler, die seit ihrer frühesten Kindheit ihr Herz erfüllte. Zugleich aber auch, wie lange Trennungen dies Verhältniß

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[76/0078] dorthin zu bitten. Wider alles Vermuthen stimmte Auguste mit in diese Einladung, und bot ihr sehr gastlich einen schicklichen Aufenthalt in ihrem Hause an. Hierdurch wurden nothwendig Luisens frühere Verhältnisse berührt. Theilnahme erweckt Vertrauen. Das weibliche Herz erschließt sich um so leichter, je dringender ihm in manchen Augenblicken Mittheilung wird. Emiliens liebreiches Entgegenkommen rührte Luisen, und wenn ihr auch die Denksprüche und geformelten Phrasen der belesenen Auguste fremd blieben, so klangen sie doch gewichtig, und zwangen sie mit einer Art von Achtung zu der Rednerin aufzusehn, deren Urtheil sie ihre Unerfahrenheit unterwarf, und daher ohne Rückhalt zu Beiden sprach. So verging dieser Tag und ein folgender, ohne daß sich Luise gleichwohl über jenen gethanen Antrag bestimmte. Allein Emilie hörte nicht auf, sie mit Liebe und Bitten zu bestürmen, und sagte ihr endlich in einem Augenblick, in welchem sie Auguste verlassen hatte, daß sie ihrer Theilnahme in einer ziemlich mißlichen Lage bedürfe, daß Auguste ihr zu fern stehe, und nur ein Herz wie das ihre sie verstehn könne. Hierauf entdeckte sie ihr ohne Weiteres ihre Liebe für den jungen Maler, die seit ihrer frühesten Kindheit ihr Herz erfüllte. Zugleich aber auch, wie lange Trennungen dies Verhältniß

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/78>, abgerufen am 02.05.2024.