Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.Ihr Innres war zusammengestürzt. Die Vergangenheit lag in dunkler Tiefe verschüttet, keine Spur führte dahin zurück, der gewaltige Schlag lag betäubend auf allen ihren Sinnen. Da traf ein leises Wimmern ihr Ohr. Sie richtete sich schnell in die Höhe, und sah Marianen, wie an jenem Tage, als der erste Schmerz ihr nahete, unter stillem Weinen an ihrem Bette stehn. Luise sah sie starr an, dunkle Gestalten schwebten an ihr vorüber, sie wollte sie festhalten, behielt aber nichts als das Bild des Todes. Schaudernd sank sie in die Kissen zurück. Allein das tiefe Schweigen ihrer Brust war nun gebrochen, die erstorbne Welt regte sich darin, und zahllose Erinnrungen fuhren wie Geister aus ihren Gräbern herauf. Von allen Seiten faßte es sie mit unnennbarer Angst, so daß sie laut aufschrie und die Arme fest auf der Brust zusammenschlang, als wolle sie das beginnende Leben darin ersticken. Ihr banger Ruf hatte mehrere der Umstehenden herbeigelockt. Unter ihnen trat der alte Geistliche zunächst zu ihr hin, und fragte sie leutselig: ob sie irgend einen Schmerz empfinde. Aber Luise antwortete nicht, sondern ergriff mit Heftigkeit seine Hand, die sie vor wenig Monaten an Julius Seite einsegnete. Zufällig heftete sie den Blick auf die verschlungnen Hände. Der Trauring glänzte hell Ihr Innres war zusammengestürzt. Die Vergangenheit lag in dunkler Tiefe verschüttet, keine Spur führte dahin zurück, der gewaltige Schlag lag betäubend auf allen ihren Sinnen. Da traf ein leises Wimmern ihr Ohr. Sie richtete sich schnell in die Höhe, und sah Marianen, wie an jenem Tage, als der erste Schmerz ihr nahete, unter stillem Weinen an ihrem Bette stehn. Luise sah sie starr an, dunkle Gestalten schwebten an ihr vorüber, sie wollte sie festhalten, behielt aber nichts als das Bild des Todes. Schaudernd sank sie in die Kissen zurück. Allein das tiefe Schweigen ihrer Brust war nun gebrochen, die erstorbne Welt regte sich darin, und zahllose Erinnrungen fuhren wie Geister aus ihren Gräbern herauf. Von allen Seiten faßte es sie mit unnennbarer Angst, so daß sie laut aufschrie und die Arme fest auf der Brust zusammenschlang, als wolle sie das beginnende Leben darin ersticken. Ihr banger Ruf hatte mehrere der Umstehenden herbeigelockt. Unter ihnen trat der alte Geistliche zunächst zu ihr hin, und fragte sie leutselig: ob sie irgend einen Schmerz empfinde. Aber Luise antwortete nicht, sondern ergriff mit Heftigkeit seine Hand, die sie vor wenig Monaten an Julius Seite einsegnete. Zufällig heftete sie den Blick auf die verschlungnen Hände. Der Trauring glänzte hell <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0006" n="4"/> <p> Ihr Innres war zusammengestürzt. Die Vergangenheit lag in dunkler Tiefe verschüttet, keine Spur führte dahin zurück, der gewaltige Schlag lag betäubend auf allen ihren Sinnen. Da traf ein leises Wimmern ihr Ohr. Sie richtete sich schnell in die Höhe, und sah Marianen, wie an jenem Tage, als der erste Schmerz ihr nahete, unter stillem Weinen an ihrem Bette stehn. Luise sah sie starr an, dunkle Gestalten schwebten an ihr vorüber, sie wollte sie festhalten, behielt aber nichts als das Bild des Todes. Schaudernd sank sie in die Kissen zurück. Allein das tiefe Schweigen ihrer Brust war nun gebrochen, die erstorbne Welt regte sich darin, und zahllose Erinnrungen fuhren wie Geister aus ihren Gräbern herauf. Von allen Seiten faßte es sie mit unnennbarer Angst, so daß sie laut aufschrie und die Arme fest auf der Brust zusammenschlang, als wolle sie das beginnende Leben darin ersticken.</p> <p>Ihr banger Ruf hatte mehrere der Umstehenden herbeigelockt. Unter ihnen trat der alte Geistliche zunächst zu ihr hin, und fragte sie leutselig: ob sie irgend einen Schmerz empfinde. Aber Luise antwortete nicht, sondern ergriff mit Heftigkeit seine Hand, die sie vor wenig Monaten an Julius Seite einsegnete. Zufällig heftete sie den Blick auf die verschlungnen Hände. Der Trauring glänzte hell </p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0006]
Ihr Innres war zusammengestürzt. Die Vergangenheit lag in dunkler Tiefe verschüttet, keine Spur führte dahin zurück, der gewaltige Schlag lag betäubend auf allen ihren Sinnen. Da traf ein leises Wimmern ihr Ohr. Sie richtete sich schnell in die Höhe, und sah Marianen, wie an jenem Tage, als der erste Schmerz ihr nahete, unter stillem Weinen an ihrem Bette stehn. Luise sah sie starr an, dunkle Gestalten schwebten an ihr vorüber, sie wollte sie festhalten, behielt aber nichts als das Bild des Todes. Schaudernd sank sie in die Kissen zurück. Allein das tiefe Schweigen ihrer Brust war nun gebrochen, die erstorbne Welt regte sich darin, und zahllose Erinnrungen fuhren wie Geister aus ihren Gräbern herauf. Von allen Seiten faßte es sie mit unnennbarer Angst, so daß sie laut aufschrie und die Arme fest auf der Brust zusammenschlang, als wolle sie das beginnende Leben darin ersticken.
Ihr banger Ruf hatte mehrere der Umstehenden herbeigelockt. Unter ihnen trat der alte Geistliche zunächst zu ihr hin, und fragte sie leutselig: ob sie irgend einen Schmerz empfinde. Aber Luise antwortete nicht, sondern ergriff mit Heftigkeit seine Hand, die sie vor wenig Monaten an Julius Seite einsegnete. Zufällig heftete sie den Blick auf die verschlungnen Hände. Der Trauring glänzte hell
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/6>, abgerufen am 16.07.2024. |