Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.an ihrem Finger, und mahnte sie, wie das leuchtende Antlitz des Greises, an den gebrochnen Eid. O mein Gott! o mein Gott! stammelte sie wiederholt, und verhüllte unter lautem Schluchzen ihr Gesicht in die Decke. Der fromme Alte sah sie verwundert an. Ihm war wenig von der Veranlassung ihres Kummers bekannt, und wäre er auch davon unterrichtet gewesen, er würde schwerlich Luisen verstanden haben, da er durch ein langes, gedrängtes Leben jeder Widerwärtigkeit nur mit stillem Sinn zu begegnen wußte. Wenn Sie sich etwas sammeln könnten, hub er nach einer Weile an, ein Brief des Herrn Grafen wartet schon so lange auf Sie, vielleicht würde Sie dieser beruhigen. Luise sah auf, ihre Thränen stockten, ihr war, als bräche das Strafgericht über sie ein. Zitternd, ohne Muth, das unvermeidlich scheinende abzuwenden, saß sie aufgerichtet im Bette. Der Prediger hielt diese beredte Zeichen für eine stille Einwilligung. Den Brief vor sie hinlegend, stand er auf, und eilte, durch ein Amtsgeschäft berufen, sich für den Augenblick zu entfernen. Luise erbrach das Siegel, ohne recht zu wissen was sie that, und las Folgendes: "Laß Dich nicht von dem Anblick dieser Zeilen erschrecken, liebe Luise. Es steht alles besser als Du denkst. Fernando lebt, und wird im Kloster an ihrem Finger, und mahnte sie, wie das leuchtende Antlitz des Greises, an den gebrochnen Eid. O mein Gott! o mein Gott! stammelte sie wiederholt, und verhüllte unter lautem Schluchzen ihr Gesicht in die Decke. Der fromme Alte sah sie verwundert an. Ihm war wenig von der Veranlassung ihres Kummers bekannt, und wäre er auch davon unterrichtet gewesen, er würde schwerlich Luisen verstanden haben, da er durch ein langes, gedrängtes Leben jeder Widerwärtigkeit nur mit stillem Sinn zu begegnen wußte. Wenn Sie sich etwas sammeln könnten, hub er nach einer Weile an, ein Brief des Herrn Grafen wartet schon so lange auf Sie, vielleicht würde Sie dieser beruhigen. Luise sah auf, ihre Thränen stockten, ihr war, als bräche das Strafgericht über sie ein. Zitternd, ohne Muth, das unvermeidlich scheinende abzuwenden, saß sie aufgerichtet im Bette. Der Prediger hielt diese beredte Zeichen für eine stille Einwilligung. Den Brief vor sie hinlegend, stand er auf, und eilte, durch ein Amtsgeschäft berufen, sich für den Augenblick zu entfernen. Luise erbrach das Siegel, ohne recht zu wissen was sie that, und las Folgendes: »Laß Dich nicht von dem Anblick dieser Zeilen erschrecken, liebe Luise. Es steht alles besser als Du denkst. Fernando lebt, und wird im Kloster <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0007" n="5"/> an ihrem Finger, und mahnte sie, wie das leuchtende Antlitz des Greises, an den gebrochnen Eid. O mein Gott! o mein Gott! stammelte sie wiederholt, und verhüllte unter lautem Schluchzen ihr Gesicht in die Decke. Der fromme Alte sah sie verwundert an. Ihm war wenig von der Veranlassung ihres Kummers bekannt, und wäre er auch davon unterrichtet gewesen, er würde schwerlich Luisen verstanden haben, da er durch ein langes, gedrängtes Leben jeder Widerwärtigkeit nur mit stillem Sinn zu begegnen wußte. Wenn Sie sich etwas sammeln könnten, hub er nach einer Weile an, ein Brief des Herrn Grafen wartet schon so lange auf Sie, vielleicht würde Sie dieser beruhigen. Luise sah auf, ihre Thränen stockten, ihr war, als bräche das Strafgericht über sie ein. Zitternd, ohne Muth, das unvermeidlich scheinende abzuwenden, saß sie aufgerichtet im Bette. Der Prediger hielt diese beredte Zeichen für eine stille Einwilligung. Den Brief vor sie hinlegend, stand er auf, und eilte, durch ein Amtsgeschäft berufen, sich für den Augenblick zu entfernen. Luise erbrach das Siegel, ohne recht zu wissen was sie that, und las Folgendes:</p> <p>»Laß Dich nicht von dem Anblick dieser Zeilen erschrecken, liebe Luise. Es steht alles besser als Du denkst. Fernando lebt, und wird im Kloster </p> </div> </body> </text> </TEI> [5/0007]
an ihrem Finger, und mahnte sie, wie das leuchtende Antlitz des Greises, an den gebrochnen Eid. O mein Gott! o mein Gott! stammelte sie wiederholt, und verhüllte unter lautem Schluchzen ihr Gesicht in die Decke. Der fromme Alte sah sie verwundert an. Ihm war wenig von der Veranlassung ihres Kummers bekannt, und wäre er auch davon unterrichtet gewesen, er würde schwerlich Luisen verstanden haben, da er durch ein langes, gedrängtes Leben jeder Widerwärtigkeit nur mit stillem Sinn zu begegnen wußte. Wenn Sie sich etwas sammeln könnten, hub er nach einer Weile an, ein Brief des Herrn Grafen wartet schon so lange auf Sie, vielleicht würde Sie dieser beruhigen. Luise sah auf, ihre Thränen stockten, ihr war, als bräche das Strafgericht über sie ein. Zitternd, ohne Muth, das unvermeidlich scheinende abzuwenden, saß sie aufgerichtet im Bette. Der Prediger hielt diese beredte Zeichen für eine stille Einwilligung. Den Brief vor sie hinlegend, stand er auf, und eilte, durch ein Amtsgeschäft berufen, sich für den Augenblick zu entfernen. Luise erbrach das Siegel, ohne recht zu wissen was sie that, und las Folgendes:
»Laß Dich nicht von dem Anblick dieser Zeilen erschrecken, liebe Luise. Es steht alles besser als Du denkst. Fernando lebt, und wird im Kloster
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/7>, abgerufen am 16.07.2024. |