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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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Pferde mitten unter ihnen. Im Walde, hörten wir, sei ein Schuß gefallen, einer sei verwundet, der Herr Graf sei auch dabei; mehr konnten wir in der Eil nicht erfahren, denn Sie, gnädige Gräfin, riefen wiederholt: fort, um Gotteswillen fort! Ich und die Andern glaubten Anfangs, Sie wollten nach dem Walde fahren, der Kutscher lenkte auch dahin; aber als wir bei dem Wasserfall vorbei kamen, sagten Sie aufs neue: Mariane, mach' daß wir nach Quedlinburg kommen, aber bald, recht bald! Wir nahmen den Weg dahin. Sie legten darauf den Kopf auf meine Schulter und schienen einzuschlafen. Da ward mir nun vollends erst recht beklommen. Sie lagen so kalt und unbeweglich in meinen Armen, dazu ward die Nacht immer finstrer, ich konnte nicht vor, nicht neben mir sehen, und wenn wir denn so hart an den Bäumen hinfuhren und die langen, dürren Zweige oft raschelnd an die Wagenfenster schlugen, dann fuhr ich zusammen und wußte vor Angst nicht meines Bleibens. So lange wir im Gebürge reisten, kam mir's immer so vor, als ritte jemand neben dem Wagen, ich konnte aber nichts erkennen. Gegen Morgen zu hörte ich auch einmal ein Pferd dicht neben mir schnauben, dabei pfiff es wie ein kalter Wind durch den Wagen. Mir schauderte, wenn ich an alles zurückdachte. Als wir endlich in die

Pferde mitten unter ihnen. Im Walde, hörten wir, sei ein Schuß gefallen, einer sei verwundet, der Herr Graf sei auch dabei; mehr konnten wir in der Eil nicht erfahren, denn Sie, gnädige Gräfin, riefen wiederholt: fort, um Gotteswillen fort! Ich und die Andern glaubten Anfangs, Sie wollten nach dem Walde fahren, der Kutscher lenkte auch dahin; aber als wir bei dem Wasserfall vorbei kamen, sagten Sie aufs neue: Mariane, mach’ daß wir nach Quedlinburg kommen, aber bald, recht bald! Wir nahmen den Weg dahin. Sie legten darauf den Kopf auf meine Schulter und schienen einzuschlafen. Da ward mir nun vollends erst recht beklommen. Sie lagen so kalt und unbeweglich in meinen Armen, dazu ward die Nacht immer finstrer, ich konnte nicht vor, nicht neben mir sehen, und wenn wir denn so hart an den Bäumen hinfuhren und die langen, dürren Zweige oft raschelnd an die Wagenfenster schlugen, dann fuhr ich zusammen und wußte vor Angst nicht meines Bleibens. So lange wir im Gebürge reisten, kam mir’s immer so vor, als ritte jemand neben dem Wagen, ich konnte aber nichts erkennen. Gegen Morgen zu hörte ich auch einmal ein Pferd dicht neben mir schnauben, dabei pfiff es wie ein kalter Wind durch den Wagen. Mir schauderte, wenn ich an alles zurückdachte. Als wir endlich in die

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[13/0015] Pferde mitten unter ihnen. Im Walde, hörten wir, sei ein Schuß gefallen, einer sei verwundet, der Herr Graf sei auch dabei; mehr konnten wir in der Eil nicht erfahren, denn Sie, gnädige Gräfin, riefen wiederholt: fort, um Gotteswillen fort! Ich und die Andern glaubten Anfangs, Sie wollten nach dem Walde fahren, der Kutscher lenkte auch dahin; aber als wir bei dem Wasserfall vorbei kamen, sagten Sie aufs neue: Mariane, mach’ daß wir nach Quedlinburg kommen, aber bald, recht bald! Wir nahmen den Weg dahin. Sie legten darauf den Kopf auf meine Schulter und schienen einzuschlafen. Da ward mir nun vollends erst recht beklommen. Sie lagen so kalt und unbeweglich in meinen Armen, dazu ward die Nacht immer finstrer, ich konnte nicht vor, nicht neben mir sehen, und wenn wir denn so hart an den Bäumen hinfuhren und die langen, dürren Zweige oft raschelnd an die Wagenfenster schlugen, dann fuhr ich zusammen und wußte vor Angst nicht meines Bleibens. So lange wir im Gebürge reisten, kam mir’s immer so vor, als ritte jemand neben dem Wagen, ich konnte aber nichts erkennen. Gegen Morgen zu hörte ich auch einmal ein Pferd dicht neben mir schnauben, dabei pfiff es wie ein kalter Wind durch den Wagen. Mir schauderte, wenn ich an alles zurückdachte. Als wir endlich in die

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/15>, abgerufen am 23.04.2024.