Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

sein, als ich's leise um mich herum gehen hörte. Der Athem stockte mir, ich zitterte am ganzen Leibe, und konnte nicht einmal beten, so schnürte mir's die Brust zusammen. Da hörte ich meinen Nahmen; es zog erst sacht, dann stärker an meiner Decke, eine Hand fuhr mir über die Augen, so daß ich sie halb öffnen mußte; da standen Sie, gnädige Gräfin, nein niemals werde ich's vergessen, Sie standen in den langen, dunkelrothen Shawl gewickelt, blaß wie der Tod neben mir, und sagten mit zitternder Stimme: steh auf, Mariane, laß anspannen, wir müssen fort, geschwind, geschwind. Ich weiß nicht, wie ich auf die Beine und zur Thür hinaus kam. Im Flur stieß ich auf Georg. Ich wiederholte ihm Ihren Befehl. Schon gut, sagte er, ohne weiter zu fragen, als wisse er alles. Ich konnte mich lange nicht finden, endlich erinnerte ich mich, daß Sie schon am Vorabend Anstalten zur Reise machten, daß ich eingepackt hatte und noch mancherlei besorgen müsse. Als ich nach einer Weile zu Ihnen zurückkehrte, standen Sie noch, wie zuvor, an mein Bett gelehnt, ohne sich um etwas zu bekümmern oder weiter zu befehlen. Endlich fuhr der Wagen vor. Auf sein erstes Geräusch gingen Sie zur Thür. Georg öffnete sie und sagte: es ist nun so weit. Im Hofe fanden wir das Gesinde versammelt. Der Jäger hielt zu

sein, als ich’s leise um mich herum gehen hörte. Der Athem stockte mir, ich zitterte am ganzen Leibe, und konnte nicht einmal beten, so schnürte mir’s die Brust zusammen. Da hörte ich meinen Nahmen; es zog erst sacht, dann stärker an meiner Decke, eine Hand fuhr mir über die Augen, so daß ich sie halb öffnen mußte; da standen Sie, gnädige Gräfin, nein niemals werde ich’s vergessen, Sie standen in den langen, dunkelrothen Shawl gewickelt, blaß wie der Tod neben mir, und sagten mit zitternder Stimme: steh auf, Mariane, laß anspannen, wir müssen fort, geschwind, geschwind. Ich weiß nicht, wie ich auf die Beine und zur Thür hinaus kam. Im Flur stieß ich auf Georg. Ich wiederholte ihm Ihren Befehl. Schon gut, sagte er, ohne weiter zu fragen, als wisse er alles. Ich konnte mich lange nicht finden, endlich erinnerte ich mich, daß Sie schon am Vorabend Anstalten zur Reise machten, daß ich eingepackt hatte und noch mancherlei besorgen müsse. Als ich nach einer Weile zu Ihnen zurückkehrte, standen Sie noch, wie zuvor, an mein Bett gelehnt, ohne sich um etwas zu bekümmern oder weiter zu befehlen. Endlich fuhr der Wagen vor. Auf sein erstes Geräusch gingen Sie zur Thür. Georg öffnete sie und sagte: es ist nun so weit. Im Hofe fanden wir das Gesinde versammelt. Der Jäger hielt zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="12"/>
sein, als ich&#x2019;s leise um mich herum gehen hörte. Der Athem stockte mir, ich zitterte am ganzen Leibe, und konnte nicht einmal beten, so schnürte mir&#x2019;s die Brust zusammen. Da hörte ich meinen Nahmen; es zog erst sacht, dann stärker an meiner Decke, eine Hand fuhr mir über die Augen, so daß ich sie halb öffnen mußte; da standen Sie, gnädige Gräfin, nein niemals werde ich&#x2019;s vergessen, Sie standen in den langen, dunkelrothen Shawl gewickelt, blaß wie der Tod neben mir, und sagten mit zitternder Stimme: steh auf, Mariane, laß anspannen, wir müssen fort, geschwind, geschwind. Ich weiß nicht, wie ich auf die Beine und zur Thür hinaus kam. Im Flur stieß ich auf Georg. Ich wiederholte ihm Ihren Befehl. Schon gut, sagte er, ohne weiter zu fragen, als wisse er alles. Ich konnte mich lange nicht finden, endlich erinnerte ich mich, daß Sie schon am Vorabend Anstalten zur Reise machten, daß ich eingepackt hatte und noch mancherlei besorgen müsse. Als ich nach einer Weile zu Ihnen zurückkehrte, standen Sie noch, wie zuvor, an mein Bett gelehnt, ohne sich um etwas zu bekümmern oder weiter zu befehlen. Endlich fuhr der Wagen vor. Auf sein erstes Geräusch gingen Sie zur Thür. Georg öffnete sie und sagte: es ist nun so weit. Im Hofe fanden wir das Gesinde versammelt. Der Jäger hielt zu
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[12/0014] sein, als ich’s leise um mich herum gehen hörte. Der Athem stockte mir, ich zitterte am ganzen Leibe, und konnte nicht einmal beten, so schnürte mir’s die Brust zusammen. Da hörte ich meinen Nahmen; es zog erst sacht, dann stärker an meiner Decke, eine Hand fuhr mir über die Augen, so daß ich sie halb öffnen mußte; da standen Sie, gnädige Gräfin, nein niemals werde ich’s vergessen, Sie standen in den langen, dunkelrothen Shawl gewickelt, blaß wie der Tod neben mir, und sagten mit zitternder Stimme: steh auf, Mariane, laß anspannen, wir müssen fort, geschwind, geschwind. Ich weiß nicht, wie ich auf die Beine und zur Thür hinaus kam. Im Flur stieß ich auf Georg. Ich wiederholte ihm Ihren Befehl. Schon gut, sagte er, ohne weiter zu fragen, als wisse er alles. Ich konnte mich lange nicht finden, endlich erinnerte ich mich, daß Sie schon am Vorabend Anstalten zur Reise machten, daß ich eingepackt hatte und noch mancherlei besorgen müsse. Als ich nach einer Weile zu Ihnen zurückkehrte, standen Sie noch, wie zuvor, an mein Bett gelehnt, ohne sich um etwas zu bekümmern oder weiter zu befehlen. Endlich fuhr der Wagen vor. Auf sein erstes Geräusch gingen Sie zur Thür. Georg öffnete sie und sagte: es ist nun so weit. Im Hofe fanden wir das Gesinde versammelt. Der Jäger hielt zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/14
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/14>, abgerufen am 28.03.2024.