Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.bis ich endlich nach mehrern Monaten einen Brief aus Neapel erhielt. Ich glaubte Anfangs, Worte einer fremden Welt zu lesen. Eduard wogte in dem frischen Strom eines neuen Lebens. Die reiche Natur rauschte wirbelnd durch sein Innres. Alle Worte klangen wie abgerißne Töne, die in innrer Gluth erzitternd, Violas Nahmen heraufbeschworen. Er hatte sie gesehn und ihre Gunst ohne Wissen der Eltern gewonnen. Der lockende Zauber verborgner Seligkeit riß ihn fort, er verlor sich im üppigsten Taumel. Ich konnte lange den Eindruck jener Worte nicht los werden, die unwillkührlich mein Gemüth erschütterten und einen trüben Schein auf die einfache Gestaltung meiner Umgebungen warfen. Traurig blickte ich hinauf zu dem wolkigen Himmel unsers Vaterlandes und maaß beklommen den langen, einförmigen Gang einer farblosen Zukunft. Nach und nach versöhnte ich mich indeß mit meinem Loose, das sich mir in der stillen Wirksamkeit eines thätigen Lebens allmählig freundlicher erschloß. Eduard schrieb jetzt seltner. Sein Glück ward häufig durch äußre Stöhrungen getrübt. Viola sollte die Hand eines reichen Deutschen, den er gleichwohl nicht nannte, nach dem Willen ihrer Eltern annehmen. Ihr standhaftes Weigern erregte Argwohn und setzte sie harten Verfolgungen aus. Nach langem, ängstigendem bis ich endlich nach mehrern Monaten einen Brief aus Neapel erhielt. Ich glaubte Anfangs, Worte einer fremden Welt zu lesen. Eduard wogte in dem frischen Strom eines neuen Lebens. Die reiche Natur rauschte wirbelnd durch sein Innres. Alle Worte klangen wie abgerißne Töne, die in innrer Gluth erzitternd, Violas Nahmen heraufbeschworen. Er hatte sie gesehn und ihre Gunst ohne Wissen der Eltern gewonnen. Der lockende Zauber verborgner Seligkeit riß ihn fort, er verlor sich im üppigsten Taumel. Ich konnte lange den Eindruck jener Worte nicht los werden, die unwillkührlich mein Gemüth erschütterten und einen trüben Schein auf die einfache Gestaltung meiner Umgebungen warfen. Traurig blickte ich hinauf zu dem wolkigen Himmel unsers Vaterlandes und maaß beklommen den langen, einförmigen Gang einer farblosen Zukunft. Nach und nach versöhnte ich mich indeß mit meinem Loose, das sich mir in der stillen Wirksamkeit eines thätigen Lebens allmählig freundlicher erschloß. Eduard schrieb jetzt seltner. Sein Glück ward häufig durch äußre Stöhrungen getrübt. Viola sollte die Hand eines reichen Deutschen, den er gleichwohl nicht nannte, nach dem Willen ihrer Eltern annehmen. Ihr standhaftes Weigern erregte Argwohn und setzte sie harten Verfolgungen aus. Nach langem, ängstigendem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="12"/> bis ich endlich nach mehrern Monaten einen Brief aus Neapel erhielt. Ich glaubte Anfangs, Worte einer fremden Welt zu lesen. Eduard wogte in dem frischen Strom eines neuen Lebens. Die reiche Natur rauschte wirbelnd durch sein Innres. Alle Worte klangen wie abgerißne Töne, die in innrer Gluth erzitternd, Violas Nahmen heraufbeschworen. Er hatte sie gesehn und ihre Gunst ohne Wissen der Eltern gewonnen. Der lockende Zauber verborgner Seligkeit riß ihn fort, er verlor sich im üppigsten Taumel. Ich konnte lange den Eindruck jener Worte nicht los werden, die unwillkührlich mein Gemüth erschütterten und einen trüben Schein auf die einfache Gestaltung meiner Umgebungen warfen. Traurig blickte ich hinauf zu dem wolkigen Himmel unsers Vaterlandes und maaß beklommen den langen, einförmigen Gang einer farblosen Zukunft. Nach und nach versöhnte ich mich indeß mit meinem Loose, das sich mir in der stillen Wirksamkeit eines thätigen Lebens allmählig freundlicher erschloß. Eduard schrieb jetzt seltner. Sein Glück ward häufig durch äußre Stöhrungen getrübt. Viola sollte die Hand eines reichen Deutschen, den er gleichwohl nicht nannte, nach dem Willen ihrer Eltern annehmen. Ihr standhaftes Weigern erregte Argwohn und setzte sie harten Verfolgungen aus. Nach langem, ängstigendem </p> </div> </body> </text> </TEI> [12/0020]
bis ich endlich nach mehrern Monaten einen Brief aus Neapel erhielt. Ich glaubte Anfangs, Worte einer fremden Welt zu lesen. Eduard wogte in dem frischen Strom eines neuen Lebens. Die reiche Natur rauschte wirbelnd durch sein Innres. Alle Worte klangen wie abgerißne Töne, die in innrer Gluth erzitternd, Violas Nahmen heraufbeschworen. Er hatte sie gesehn und ihre Gunst ohne Wissen der Eltern gewonnen. Der lockende Zauber verborgner Seligkeit riß ihn fort, er verlor sich im üppigsten Taumel. Ich konnte lange den Eindruck jener Worte nicht los werden, die unwillkührlich mein Gemüth erschütterten und einen trüben Schein auf die einfache Gestaltung meiner Umgebungen warfen. Traurig blickte ich hinauf zu dem wolkigen Himmel unsers Vaterlandes und maaß beklommen den langen, einförmigen Gang einer farblosen Zukunft. Nach und nach versöhnte ich mich indeß mit meinem Loose, das sich mir in der stillen Wirksamkeit eines thätigen Lebens allmählig freundlicher erschloß. Eduard schrieb jetzt seltner. Sein Glück ward häufig durch äußre Stöhrungen getrübt. Viola sollte die Hand eines reichen Deutschen, den er gleichwohl nicht nannte, nach dem Willen ihrer Eltern annehmen. Ihr standhaftes Weigern erregte Argwohn und setzte sie harten Verfolgungen aus. Nach langem, ängstigendem
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/20>, abgerufen am 16.07.2024. |