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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
May.
ter andern, wir sollten ihn Medua "Vater" und seine Frau O-Pat-
tea
*) Mutter nennen.

Ohnerachtet wir nicht die Absicht hatten bis auf die höchsten Berggipfel
zu klettern, so machten wir uns doch schon vor Sonnen-Aufgang auf den Weg.
Die Vögel schliefen noch ruhig auf den Büschen, so daß unsere Begleiter, Tahea
und sein Bruder, etliche Meerschwalben (Sterna) mit der Hand griffen. Sie
sagten uns, daß auf diesen Bergen viel Wasservögel zu übernachten, und
daß vornemlich die tropischen Vögel (Phaeton aethereus Linnaei) hier zu ni-
sten pflegten. Daher sind auch die langen Schwanzfedern, welche sie alle Jahr
abwerfen, in diesen Berggegenden am häufigsten zu finden und werden daselbst
von den Einwohnern fleißig aufgesucht. Wir schossen eine Schwalbe und fan-
den allerhand neue Kräuter, da sich aber der Horizont, in unsrer Nachbarschaft
zu bewölken anfing, so eilten wir, um unsre Pflanzen trocken zu behalten, nach
dem Schiff zurück, und kamen um 4 Uhr des Nachmittags wieder an Bord.
Die ganze königliche Familie war daselbst versammlet, und O-Tuhs älteste
Schwester, Nihaurai, die an T'Eri-Derre, Ammo's Sohn **) verheyrathet
war, befand sich auch mit darunter. Des Königs zweetem Bruder, T'Eri Watau
gefiel es sowohl bey uns, daß er, ohngeachtet die übrigen alle weggiengen, die
ganze Nacht hindurch an Bord blieb. Um ihm eine Veränderung zu ma-
chen, ließen wir vom Mastbaume Raketen und andre kleine Kunstfeuer abbren-
nen, worüber er ungemein viel Vergnügen bezeigte. Beym Abendessen rech-
nete er uns alle seine Verwandten vor, erzählte uns auch manches aus der neue-
ren Geschichte von Tahiti, welches mir bey meiner Zurückkunft nach England,
durch O-Mai's übereinstimmende Aussage bestätigt ward. Von jenem erfuh-
ren wir, daß Ammo, Happai und Tutahah drey Brüder wären, davon
der älteste, Ammo, König von ganz Tahiti gewesen sey. Dieser verheyra-
thete sich mit O-Purea (Oberea) einer Prinzeßinn aus königlichem Geblüte,
und erzeugte mit ihr T'Eri-Derre, dem sogleich der Titel Eri-Rahai oder

*) Pattea ist ein Liebkosungs-Wort, so viel als bey uns Mama; auch gebrauchen die Ta-
hitier
das Wort Mama in eben dem Sinn, als wir.
**) S. Hawkesworths Geschichte der englischen See-Reisen, in 4. Th. II. Seite 151. 152.
und dieser Reise Th. I. S. 270.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
May.
ter andern, wir ſollten ihn Medua „Vater„ und ſeine Frau O-Pat-
tea
*) Mutter nennen.

Ohnerachtet wir nicht die Abſicht hatten bis auf die hoͤchſten Berggipfel
zu klettern, ſo machten wir uns doch ſchon vor Sonnen-Aufgang auf den Weg.
Die Voͤgel ſchliefen noch ruhig auf den Buͤſchen, ſo daß unſere Begleiter, Tahea
und ſein Bruder, etliche Meerſchwalben (Sterna) mit der Hand griffen. Sie
ſagten uns, daß auf dieſen Bergen viel Waſſervoͤgel zu uͤbernachten, und
daß vornemlich die tropiſchen Voͤgel (Phæton æthereus Linnæi) hier zu ni-
ſten pflegten. Daher ſind auch die langen Schwanzfedern, welche ſie alle Jahr
abwerfen, in dieſen Berggegenden am haͤufigſten zu finden und werden daſelbſt
von den Einwohnern fleißig aufgeſucht. Wir ſchoſſen eine Schwalbe und fan-
den allerhand neue Kraͤuter, da ſich aber der Horizont, in unſrer Nachbarſchaft
zu bewoͤlken anfing, ſo eilten wir, um unſre Pflanzen trocken zu behalten, nach
dem Schiff zuruͤck, und kamen um 4 Uhr des Nachmittags wieder an Bord.
Die ganze koͤnigliche Familie war daſelbſt verſammlet, und O-Tuhs aͤlteſte
Schweſter, Nihaurai, die an T’Eri-Derre, Ammo’s Sohn **) verheyrathet
war, befand ſich auch mit darunter. Des Koͤnigs zweetem Bruder, T’Eri Watau
gefiel es ſowohl bey uns, daß er, ohngeachtet die uͤbrigen alle weggiengen, die
ganze Nacht hindurch an Bord blieb. Um ihm eine Veraͤnderung zu ma-
chen, ließen wir vom Maſtbaume Raketen und andre kleine Kunſtfeuer abbren-
nen, woruͤber er ungemein viel Vergnuͤgen bezeigte. Beym Abendeſſen rech-
nete er uns alle ſeine Verwandten vor, erzaͤhlte uns auch manches aus der neue-
ren Geſchichte von Tahiti, welches mir bey meiner Zuruͤckkunft nach England,
durch O-Maïs uͤbereinſtimmende Ausſage beſtaͤtigt ward. Von jenem erfuh-
ren wir, daß Ammo, Happai und Tutahah drey Bruͤder waͤren, davon
der aͤlteſte, Ammo, Koͤnig von ganz Tahiti geweſen ſey. Dieſer verheyra-
thete ſich mit O-Purea (Oberea) einer Prinzeßinn aus koͤniglichem Gebluͤte,
und erzeugte mit ihr T’Eri-Derre, dem ſogleich der Titel Eri-Rahai oder

*) Pattea iſt ein Liebkoſungs-Wort, ſo viel als bey uns Mama; auch gebrauchen die Ta-
hitier
das Wort Mama in eben dem Sinn, als wir.
**) S. Hawkesworths Geſchichte der engliſchen See-Reiſen, in 4. Th. II. Seite 151. 152.
und dieſer Reiſe Th. I. S. 270.
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[70/0082] Forſter’s Reiſe um die Welt ter andern, wir ſollten ihn Medua „Vater„ und ſeine Frau O-Pat- tea *) Mutter nennen. 1774. May. Ohnerachtet wir nicht die Abſicht hatten bis auf die hoͤchſten Berggipfel zu klettern, ſo machten wir uns doch ſchon vor Sonnen-Aufgang auf den Weg. Die Voͤgel ſchliefen noch ruhig auf den Buͤſchen, ſo daß unſere Begleiter, Tahea und ſein Bruder, etliche Meerſchwalben (Sterna) mit der Hand griffen. Sie ſagten uns, daß auf dieſen Bergen viel Waſſervoͤgel zu uͤbernachten, und daß vornemlich die tropiſchen Voͤgel (Phæton æthereus Linnæi) hier zu ni- ſten pflegten. Daher ſind auch die langen Schwanzfedern, welche ſie alle Jahr abwerfen, in dieſen Berggegenden am haͤufigſten zu finden und werden daſelbſt von den Einwohnern fleißig aufgeſucht. Wir ſchoſſen eine Schwalbe und fan- den allerhand neue Kraͤuter, da ſich aber der Horizont, in unſrer Nachbarſchaft zu bewoͤlken anfing, ſo eilten wir, um unſre Pflanzen trocken zu behalten, nach dem Schiff zuruͤck, und kamen um 4 Uhr des Nachmittags wieder an Bord. Die ganze koͤnigliche Familie war daſelbſt verſammlet, und O-Tuhs aͤlteſte Schweſter, Nihaurai, die an T’Eri-Derre, Ammo’s Sohn **) verheyrathet war, befand ſich auch mit darunter. Des Koͤnigs zweetem Bruder, T’Eri Watau gefiel es ſowohl bey uns, daß er, ohngeachtet die uͤbrigen alle weggiengen, die ganze Nacht hindurch an Bord blieb. Um ihm eine Veraͤnderung zu ma- chen, ließen wir vom Maſtbaume Raketen und andre kleine Kunſtfeuer abbren- nen, woruͤber er ungemein viel Vergnuͤgen bezeigte. Beym Abendeſſen rech- nete er uns alle ſeine Verwandten vor, erzaͤhlte uns auch manches aus der neue- ren Geſchichte von Tahiti, welches mir bey meiner Zuruͤckkunft nach England, durch O-Maï’s uͤbereinſtimmende Ausſage beſtaͤtigt ward. Von jenem erfuh- ren wir, daß Ammo, Happai und Tutahah drey Bruͤder waͤren, davon der aͤlteſte, Ammo, Koͤnig von ganz Tahiti geweſen ſey. Dieſer verheyra- thete ſich mit O-Purea (Oberea) einer Prinzeßinn aus koͤniglichem Gebluͤte, und erzeugte mit ihr T’Eri-Derre, dem ſogleich der Titel Eri-Rahai oder *) Pattea iſt ein Liebkoſungs-Wort, ſo viel als bey uns Mama; auch gebrauchen die Ta- hitier das Wort Mama in eben dem Sinn, als wir. **) S. Hawkesworths Geſchichte der engliſchen See-Reiſen, in 4. Th. II. Seite 151. 152. und dieſer Reiſe Th. I. S. 270.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/82>, abgerufen am 24.11.2024.