Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
einige versehen. Diese Helme sind von außerordentlicher Größe. Sie haben1774.
April.

nemlich beynahe fünf Fuß in der Höhe, und bestehen aus einem langen, walzen-
förmigen Korbe, dessen Vorderseite durch ein Schild von dichterm Flechtwerk
verstärkt ist. Dieser Schild, oder diese Vorderplatte, die gegen das obere
Ende des Helms breiter wird, und etwas gekrümmt vorne überhängt, ist ganz
dicht mit glänzenden, blaugrünen Tauben-Federn besetzt, und diese sind mit weißen
Federn eingefaßt. Vom Raude aus verbreitete sich rund umher, strahlenweise,
eine Menge langer Schwanzfedern vom Tropischen Vogel, so daß es von
fern aussahe, als ob eine Licht-Glorie, dergleichen unsre Mahler den Engel-
oder Heiligen-Köpfen zu geben pflegen, um das Haupt der Krieger herstrahlte.
Damit diese hohe schwerfällige Maschine den Kopf nicht drücken und doch fest-
sitzen mögte; so ward ein großer Turban von Zeug darunter getragen. Weil
aber ein solcher Aufsatz nicht zur Vertheidigung, sondern blos zum Staat die-
net, so pflegten ihn die Kriegesleute mehrentheils abzunehmen und neben
sich auf die platten Verdecke hinzusetzen. Die vornehmsten Befehlshaber trugen
noch ein anderes Unterscheidungs-Zeichen, das mit den Roßschweiffen der
Türkischen Baschahs einige Aehnlichkeit hatte. Es bestand nemlich aus lan-
gen runden Schwänzen, die von grünen und gelben Federn verfertigt waren,
und auf dem Rücken herunter hiengen. Tohah, der Admiral, hatte auf dem
Hintertheil seiner Kleidung fünf solcher Federschwänze, an deren unterm Ende
noch überdies einige Schnüre von Cocos-Fasern mit einzelnen rothen Feder-Pü-
scheln befestiget waren. Er trug keinen Helm, sondern statt dessen einen schönen
Turban, der ihm sehr wohl kleidete. Dem Ansehen nach schien er ein Mann
von sechzig Jahren zu seyn, war aber noch sehr munter, dabey sehr groß, und
hatte in seinem ganzen Bezeigen etwas ungemein gefälliges und edles.

Bishero hatten wir die Flotte nur vom Lande aus betrachtet, um sie aber
auch von der See-Seite in Augenschein zu nehmen, setzten wir uns in unser
Boot und ruderten, unter den Hintertheilen der Canots, längs der ganzen Linie hin.
In jedem Canot sahen wir große Bündel von Speeren und lange Keulen, oder
Streit-Aexte, die gegen die Platteformen angelehnt waren; auch hielt jeder Krie-
ger eine Keule oder ein Speer in der Hand. Außerdem lag in jedem Fahrzeug
noch ein Haufen von großen Steinen; dies ist die einzige Art Waffen, mit wel-

Forster's Reise u. d. W. zweyter Th. G

in den Jahren 1772 bis 1775.
einige verſehen. Dieſe Helme ſind von außerordentlicher Groͤße. Sie haben1774.
April.

nemlich beynahe fuͤnf Fuß in der Hoͤhe, und beſtehen aus einem langen, walzen-
foͤrmigen Korbe, deſſen Vorderſeite durch ein Schild von dichterm Flechtwerk
verſtaͤrkt iſt. Dieſer Schild, oder dieſe Vorderplatte, die gegen das obere
Ende des Helms breiter wird, und etwas gekruͤmmt vorne uͤberhaͤngt, iſt ganz
dicht mit glaͤnzenden, blaugruͤnen Tauben-Federn beſetzt, und dieſe ſind mit weißen
Federn eingefaßt. Vom Raude aus verbreitete ſich rund umher, ſtrahlenweiſe,
eine Menge langer Schwanzfedern vom Tropiſchen Vogel, ſo daß es von
fern ausſahe, als ob eine Licht-Glorie, dergleichen unſre Mahler den Engel-
oder Heiligen-Koͤpfen zu geben pflegen, um das Haupt der Krieger herſtrahlte.
Damit dieſe hohe ſchwerfaͤllige Maſchine den Kopf nicht druͤcken und doch feſt-
ſitzen moͤgte; ſo ward ein großer Turban von Zeug darunter getragen. Weil
aber ein ſolcher Aufſatz nicht zur Vertheidigung, ſondern blos zum Staat die-
net, ſo pflegten ihn die Kriegesleute mehrentheils abzunehmen und neben
ſich auf die platten Verdecke hinzuſetzen. Die vornehmſten Befehlshaber trugen
noch ein anderes Unterſcheidungs-Zeichen, das mit den Roßſchweiffen der
Tuͤrkiſchen Baſchahs einige Aehnlichkeit hatte. Es beſtand nemlich aus lan-
gen runden Schwaͤnzen, die von gruͤnen und gelben Federn verfertigt waren,
und auf dem Ruͤcken herunter hiengen. Tohah, der Admiral, hatte auf dem
Hintertheil ſeiner Kleidung fuͤnf ſolcher Federſchwaͤnze, an deren unterm Ende
noch uͤberdies einige Schnuͤre von Cocos-Faſern mit einzelnen rothen Feder-Puͤ-
ſcheln befeſtiget waren. Er trug keinen Helm, ſondern ſtatt deſſen einen ſchoͤnen
Turban, der ihm ſehr wohl kleidete. Dem Anſehen nach ſchien er ein Mann
von ſechzig Jahren zu ſeyn, war aber noch ſehr munter, dabey ſehr groß, und
hatte in ſeinem ganzen Bezeigen etwas ungemein gefaͤlliges und edles.

Bishero hatten wir die Flotte nur vom Lande aus betrachtet, um ſie aber
auch von der See-Seite in Augenſchein zu nehmen, ſetzten wir uns in unſer
Boot und ruderten, unter den Hintertheilen der Canots, laͤngs der ganzen Linie hin.
In jedem Canot ſahen wir große Buͤndel von Speeren und lange Keulen, oder
Streit-Aexte, die gegen die Platteformen angelehnt waren; auch hielt jeder Krie-
ger eine Keule oder ein Speer in der Hand. Außerdem lag in jedem Fahrzeug
noch ein Haufen von großen Steinen; dies iſt die einzige Art Waffen, mit wel-

Forſter’s Reiſe u. d. W. zweyter Th. G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0061" n="49"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
einige ver&#x017F;ehen. Die&#x017F;e Helme &#x017F;ind von außerordentlicher Gro&#x0364;ße. Sie haben<note place="right">1774.<lb/>
April.</note><lb/>
nemlich beynahe fu&#x0364;nf Fuß in der Ho&#x0364;he, und be&#x017F;tehen aus einem langen, walzen-<lb/>
fo&#x0364;rmigen Korbe, de&#x017F;&#x017F;en Vorder&#x017F;eite durch ein Schild von dichterm Flechtwerk<lb/>
ver&#x017F;ta&#x0364;rkt i&#x017F;t. Die&#x017F;er Schild, oder die&#x017F;e Vorderplatte, die gegen das obere<lb/>
Ende des Helms breiter wird, und etwas gekru&#x0364;mmt vorne u&#x0364;berha&#x0364;ngt, i&#x017F;t ganz<lb/>
dicht mit gla&#x0364;nzenden, blaugru&#x0364;nen Tauben-Federn be&#x017F;etzt, und die&#x017F;e &#x017F;ind mit weißen<lb/>
Federn eingefaßt. Vom Raude aus verbreitete &#x017F;ich rund umher, &#x017F;trahlenwei&#x017F;e,<lb/>
eine Menge langer Schwanzfedern vom <hi rendition="#fr">Tropi&#x017F;chen Vogel</hi>, &#x017F;o daß es von<lb/>
fern aus&#x017F;ahe, als ob eine Licht-Glorie, dergleichen un&#x017F;re Mahler den Engel-<lb/>
oder Heiligen-Ko&#x0364;pfen zu geben pflegen, um das Haupt der Krieger her&#x017F;trahlte.<lb/>
Damit die&#x017F;e hohe &#x017F;chwerfa&#x0364;llige Ma&#x017F;chine den Kopf nicht dru&#x0364;cken und doch fe&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;itzen mo&#x0364;gte; &#x017F;o ward ein großer Turban von Zeug darunter getragen. Weil<lb/>
aber ein &#x017F;olcher Auf&#x017F;atz nicht zur Vertheidigung, &#x017F;ondern blos zum Staat die-<lb/>
net, &#x017F;o pflegten ihn die Kriegesleute mehrentheils abzunehmen und neben<lb/>
&#x017F;ich auf die platten Verdecke hinzu&#x017F;etzen. Die vornehm&#x017F;ten Befehlshaber trugen<lb/>
noch ein anderes Unter&#x017F;cheidungs-Zeichen, das mit den Roß&#x017F;chweiffen der<lb/>
Tu&#x0364;rki&#x017F;chen Ba&#x017F;chahs einige Aehnlichkeit hatte. Es be&#x017F;tand nemlich aus lan-<lb/>
gen runden Schwa&#x0364;nzen, die von gru&#x0364;nen und gelben Federn verfertigt waren,<lb/>
und auf dem Ru&#x0364;cken herunter hiengen. <hi rendition="#fr"><persName>Tohah</persName></hi>, der Admiral, hatte auf dem<lb/>
Hintertheil &#x017F;einer Kleidung fu&#x0364;nf &#x017F;olcher Feder&#x017F;chwa&#x0364;nze, an deren unterm Ende<lb/>
noch u&#x0364;berdies einige Schnu&#x0364;re von Cocos-Fa&#x017F;ern mit einzelnen rothen Feder-Pu&#x0364;-<lb/>
&#x017F;cheln befe&#x017F;tiget waren. Er trug keinen Helm, &#x017F;ondern &#x017F;tatt de&#x017F;&#x017F;en einen &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Turban, der ihm &#x017F;ehr wohl kleidete. Dem An&#x017F;ehen nach &#x017F;chien er ein Mann<lb/>
von &#x017F;echzig Jahren zu &#x017F;eyn, war aber noch &#x017F;ehr munter, dabey &#x017F;ehr groß, und<lb/>
hatte in &#x017F;einem ganzen Bezeigen etwas ungemein gefa&#x0364;lliges und edles.</p><lb/>
        <p>Bishero hatten wir die Flotte nur vom Lande aus betrachtet, um &#x017F;ie aber<lb/>
auch von der See-Seite in Augen&#x017F;chein zu nehmen, &#x017F;etzten wir uns in un&#x017F;er<lb/>
Boot und ruderten, unter den Hintertheilen der Canots, la&#x0364;ngs der ganzen Linie hin.<lb/>
In jedem Canot &#x017F;ahen wir große Bu&#x0364;ndel von Speeren und lange Keulen, oder<lb/>
Streit-Aexte, die gegen die Platteformen angelehnt waren; auch hielt jeder Krie-<lb/>
ger eine Keule oder ein Speer in der Hand. Außerdem lag in jedem Fahrzeug<lb/>
noch ein Haufen von großen Steinen; dies i&#x017F;t die einzige Art Waffen, mit wel-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e u. d. W. zweyter Th.</hi> G</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0061] in den Jahren 1772 bis 1775. einige verſehen. Dieſe Helme ſind von außerordentlicher Groͤße. Sie haben nemlich beynahe fuͤnf Fuß in der Hoͤhe, und beſtehen aus einem langen, walzen- foͤrmigen Korbe, deſſen Vorderſeite durch ein Schild von dichterm Flechtwerk verſtaͤrkt iſt. Dieſer Schild, oder dieſe Vorderplatte, die gegen das obere Ende des Helms breiter wird, und etwas gekruͤmmt vorne uͤberhaͤngt, iſt ganz dicht mit glaͤnzenden, blaugruͤnen Tauben-Federn beſetzt, und dieſe ſind mit weißen Federn eingefaßt. Vom Raude aus verbreitete ſich rund umher, ſtrahlenweiſe, eine Menge langer Schwanzfedern vom Tropiſchen Vogel, ſo daß es von fern ausſahe, als ob eine Licht-Glorie, dergleichen unſre Mahler den Engel- oder Heiligen-Koͤpfen zu geben pflegen, um das Haupt der Krieger herſtrahlte. Damit dieſe hohe ſchwerfaͤllige Maſchine den Kopf nicht druͤcken und doch feſt- ſitzen moͤgte; ſo ward ein großer Turban von Zeug darunter getragen. Weil aber ein ſolcher Aufſatz nicht zur Vertheidigung, ſondern blos zum Staat die- net, ſo pflegten ihn die Kriegesleute mehrentheils abzunehmen und neben ſich auf die platten Verdecke hinzuſetzen. Die vornehmſten Befehlshaber trugen noch ein anderes Unterſcheidungs-Zeichen, das mit den Roßſchweiffen der Tuͤrkiſchen Baſchahs einige Aehnlichkeit hatte. Es beſtand nemlich aus lan- gen runden Schwaͤnzen, die von gruͤnen und gelben Federn verfertigt waren, und auf dem Ruͤcken herunter hiengen. Tohah, der Admiral, hatte auf dem Hintertheil ſeiner Kleidung fuͤnf ſolcher Federſchwaͤnze, an deren unterm Ende noch uͤberdies einige Schnuͤre von Cocos-Faſern mit einzelnen rothen Feder-Puͤ- ſcheln befeſtiget waren. Er trug keinen Helm, ſondern ſtatt deſſen einen ſchoͤnen Turban, der ihm ſehr wohl kleidete. Dem Anſehen nach ſchien er ein Mann von ſechzig Jahren zu ſeyn, war aber noch ſehr munter, dabey ſehr groß, und hatte in ſeinem ganzen Bezeigen etwas ungemein gefaͤlliges und edles. 1774. April. Bishero hatten wir die Flotte nur vom Lande aus betrachtet, um ſie aber auch von der See-Seite in Augenſchein zu nehmen, ſetzten wir uns in unſer Boot und ruderten, unter den Hintertheilen der Canots, laͤngs der ganzen Linie hin. In jedem Canot ſahen wir große Buͤndel von Speeren und lange Keulen, oder Streit-Aexte, die gegen die Platteformen angelehnt waren; auch hielt jeder Krie- ger eine Keule oder ein Speer in der Hand. Außerdem lag in jedem Fahrzeug noch ein Haufen von großen Steinen; dies iſt die einzige Art Waffen, mit wel- Forſter’s Reiſe u. d. W. zweyter Th. G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/61
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/61>, abgerufen am 12.05.2024.