Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
Jahreszeit beynahe unschätzbar, weil er die Trauben anfüllte, die sonst nicht1775.
Julius.

größer als Johannisbeeren bleiben. In meiner Abwesenheit hatte sich mein Va-
ter mit einigen Portugiesen, und besonders dem oben erwähnten Geistlichen un-
terhalten, die ihm verschiedne Particularien, die Azorischen Inseln und ihren ge-
genwärtigen Zustand betreffend, mittheilten. Ich sehe mich dadurch im Stand
gesetzt, folgende Nachricht davon den Lesern mitzutheilen:

Einige Flämische Schiffe entdeckten zuerst die Azorischen Inseln im Jahr
1439. Verschiedne Familien dieser Nation ließen sich zu gleicher Zeit auf
Fayal nieder, woselbst noch jetzt ein Kirchspiel Flamingos heißt. Aus eben
dem Grunde haben einige alte Geographen die Azoren, die Flämischen Inseln
genannt. Im Jahr 1447 entdeckten die Portugiesen die Insel Santa Maria,
oder die östlichste in dieser Gruppe, hernach St. Miguiel (Michael) und dar-
auf Terceira (die dritte). Don Gonzalo Velho Cabral, Commandeur von
Almuros, ließ sich 1449 auf Terceira nieder, und legte die Stadt Angra an.
Die Inseln St. George, Graciosa, Pico und Fayal wurden nach einander
entdeckt und in Besitz genommen. Endlich erblickte man auch die beyden West-
lichsten Inseln dieser Gruppe, und nannte sie Flores und Corvo, die eine we-
gen der daselbst häufigen Blumen, die andre wegen der Menge von Krähen, die
dort gefunden worden.

Diese Inseln, die insgesammt fruchtbar, und von sehr arbeitsamen Leu-
ten bewohnt sind, stehen unter einem General-Gouverneur, der sich zu Angra in
Terceira aufhält. Der jetzige hieß Don Anton de Almada, und ward durch-
gängig als ein leutseeliger Mann gerühmt, der jede Art von Unterdrückung ver-
abscheute. Anstatt in diesem einträglichen Posten Schätze zusammen zu schar-
ren, hatte er vielmehr von dem Seinigen zugesetzt, um durch seinen Staat und
Aufwand die Inseln in Flor zu bringen, weshalb man ihn sechs Jahre, oder
noch einmal so lange als sonst gewöhnlich in diesem Gouvernement beybehalten
hatte. Sein Nachfolger, Don Luis de Tal Pilatus, ward jetzo stündlich
aus Lissabon, nebst einem neuen Bischofe von Angra erwartet. Die Diocese
dieses Prälaten erstreckt sich über alle Azoren, und es gehören zwölf Canonici zu
seinem Capitel. Seine Einkünfte werden in Weizen entrichtet, und belaufen
sich auf 300 Muys, jedes zu 24 Scheffeln (Englisch). Jedes Muy ist wenig-

Forster's Reise u. die W. zweyter Theil. M m m

in den Jahren 1772 bis 1775.
Jahreszeit beynahe unſchaͤtzbar, weil er die Trauben anfuͤllte, die ſonſt nicht1775.
Julius.

groͤßer als Johannisbeeren bleiben. In meiner Abweſenheit hatte ſich mein Va-
ter mit einigen Portugieſen, und beſonders dem oben erwaͤhnten Geiſtlichen un-
terhalten, die ihm verſchiedne Particularien, die Azoriſchen Inſeln und ihren ge-
genwaͤrtigen Zuſtand betreffend, mittheilten. Ich ſehe mich dadurch im Stand
geſetzt, folgende Nachricht davon den Leſern mitzutheilen:

Einige Flaͤmiſche Schiffe entdeckten zuerſt die Azoriſchen Inſeln im Jahr
1439. Verſchiedne Familien dieſer Nation ließen ſich zu gleicher Zeit auf
Fayal nieder, woſelbſt noch jetzt ein Kirchſpiel Flamingos heißt. Aus eben
dem Grunde haben einige alte Geographen die Azoren, die Flaͤmiſchen Inſeln
genannt. Im Jahr 1447 entdeckten die Portugieſen die Inſel Santa Maria,
oder die oͤſtlichſte in dieſer Gruppe, hernach St. Miguiel (Michael) und dar-
auf Terceira (die dritte). Don Gonzalo Velho Cabral, Commandeur von
Almuros, ließ ſich 1449 auf Terceira nieder, und legte die Stadt Angra an.
Die Inſeln St. George, Gracioſa, Pico und Fayal wurden nach einander
entdeckt und in Beſitz genommen. Endlich erblickte man auch die beyden Weſt-
lichſten Inſeln dieſer Gruppe, und nannte ſie Flores und Corvo, die eine we-
gen der daſelbſt haͤufigen Blumen, die andre wegen der Menge von Kraͤhen, die
dort gefunden worden.

Dieſe Inſeln, die insgeſammt fruchtbar, und von ſehr arbeitſamen Leu-
ten bewohnt ſind, ſtehen unter einem General-Gouverneur, der ſich zu Angra in
Terceira aufhaͤlt. Der jetzige hieß Don Anton de Almada, und ward durch-
gaͤngig als ein leutſeeliger Mann geruͤhmt, der jede Art von Unterdruͤckung ver-
abſcheute. Anſtatt in dieſem eintraͤglichen Poſten Schaͤtze zuſammen zu ſchar-
ren, hatte er vielmehr von dem Seinigen zugeſetzt, um durch ſeinen Staat und
Aufwand die Inſeln in Flor zu bringen, weshalb man ihn ſechs Jahre, oder
noch einmal ſo lange als ſonſt gewoͤhnlich in dieſem Gouvernement beybehalten
hatte. Sein Nachfolger, Don Luis de Tal Pilatus, ward jetzo ſtuͤndlich
aus Liſſabon, nebſt einem neuen Biſchofe von Angra erwartet. Die Dioceſe
dieſes Praͤlaten erſtreckt ſich uͤber alle Azoren, und es gehoͤren zwoͤlf Canonici zu
ſeinem Capitel. Seine Einkuͤnfte werden in Weizen entrichtet, und belaufen
ſich auf 300 Muys, jedes zu 24 Scheffeln (Engliſch). Jedes Muy iſt wenig-

Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Theil. M m m
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0475" n="457"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
Jahreszeit beynahe un&#x017F;cha&#x0364;tzbar, weil er die Trauben anfu&#x0364;llte, die &#x017F;on&#x017F;t nicht<note place="right">1775.<lb/>
Julius.</note><lb/>
gro&#x0364;ßer als Johannisbeeren bleiben. In meiner Abwe&#x017F;enheit hatte &#x017F;ich mein Va-<lb/>
ter mit einigen Portugie&#x017F;en, und be&#x017F;onders dem oben erwa&#x0364;hnten Gei&#x017F;tlichen un-<lb/>
terhalten, die ihm ver&#x017F;chiedne Particularien, die <placeName>Azori&#x017F;chen In&#x017F;eln</placeName> und ihren ge-<lb/>
genwa&#x0364;rtigen Zu&#x017F;tand betreffend, mittheilten. Ich &#x017F;ehe mich dadurch im Stand<lb/>
ge&#x017F;etzt, folgende Nachricht davon den Le&#x017F;ern mitzutheilen:</p><lb/>
        <p>Einige Fla&#x0364;mi&#x017F;che Schiffe entdeckten zuer&#x017F;t die <placeName>Azori&#x017F;chen In&#x017F;eln</placeName> im Jahr<lb/>
1439. Ver&#x017F;chiedne Familien die&#x017F;er Nation ließen &#x017F;ich zu gleicher Zeit auf<lb/><hi rendition="#fr"><placeName>Fayal</placeName></hi> nieder, wo&#x017F;elb&#x017F;t noch jetzt ein Kirch&#x017F;piel <hi rendition="#fr">Flamingos</hi> heißt. Aus eben<lb/>
dem Grunde haben einige alte Geographen die <placeName>Azoren</placeName>, die <placeName>Fla&#x0364;mi&#x017F;chen In&#x017F;eln</placeName><lb/>
genannt. Im Jahr 1447 entdeckten die Portugie&#x017F;en die In&#x017F;el <hi rendition="#fr"><placeName>Santa Maria</placeName></hi>,<lb/>
oder die o&#x0364;&#x017F;tlich&#x017F;te in die&#x017F;er Gruppe, hernach <hi rendition="#fr"><placeName>St. Miguiel</placeName></hi> (Michael) und dar-<lb/>
auf <hi rendition="#fr"><placeName>Terceira</placeName></hi> (die dritte). <persName>Don <hi rendition="#fr">Gonzalo Velho Cabral</hi></persName>, Commandeur von<lb/><placeName>Almuros</placeName>, ließ &#x017F;ich 1449 auf <hi rendition="#fr"><placeName>Terceira</placeName></hi> nieder, und legte die Stadt <placeName>Angra</placeName> an.<lb/>
Die In&#x017F;eln <hi rendition="#fr"><placeName>St. George</placeName>, <placeName>Gracio&#x017F;a</placeName>, <placeName>Pico</placeName></hi> und <hi rendition="#fr"><placeName>Fayal</placeName></hi> wurden nach einander<lb/>
entdeckt und in Be&#x017F;itz genommen. Endlich erblickte man auch die beyden We&#x017F;t-<lb/>
lich&#x017F;ten In&#x017F;eln die&#x017F;er Gruppe, und nannte &#x017F;ie <hi rendition="#fr"><placeName>Flores</placeName></hi> und <hi rendition="#fr"><placeName>Corvo</placeName></hi>, die eine we-<lb/>
gen der da&#x017F;elb&#x017F;t ha&#x0364;ufigen Blumen, die andre wegen der Menge von Kra&#x0364;hen, die<lb/>
dort gefunden worden.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e In&#x017F;eln, die insge&#x017F;ammt fruchtbar, und von &#x017F;ehr arbeit&#x017F;amen Leu-<lb/>
ten bewohnt &#x017F;ind, &#x017F;tehen unter einem General-Gouverneur, der &#x017F;ich zu <hi rendition="#fr"><placeName>Angra</placeName></hi> in<lb/><hi rendition="#fr"><placeName>Terceira</placeName></hi> aufha&#x0364;lt. Der jetzige hieß <persName>Don <hi rendition="#fr">Anton de Almada</hi></persName>, und ward durch-<lb/>
ga&#x0364;ngig als ein leut&#x017F;eeliger Mann geru&#x0364;hmt, der jede Art von Unterdru&#x0364;ckung ver-<lb/>
ab&#x017F;cheute. An&#x017F;tatt in die&#x017F;em eintra&#x0364;glichen Po&#x017F;ten Scha&#x0364;tze zu&#x017F;ammen zu &#x017F;char-<lb/>
ren, hatte er vielmehr von dem Seinigen zuge&#x017F;etzt, um durch &#x017F;einen Staat und<lb/>
Aufwand die In&#x017F;eln in Flor zu bringen, weshalb man ihn &#x017F;echs Jahre, oder<lb/>
noch einmal &#x017F;o lange als &#x017F;on&#x017F;t gewo&#x0364;hnlich in die&#x017F;em Gouvernement beybehalten<lb/>
hatte. Sein Nachfolger, <persName>Don <hi rendition="#fr">Luis de Tal Pilatus</hi></persName>, ward jetzo &#x017F;tu&#x0364;ndlich<lb/>
aus <placeName>Li&#x017F;&#x017F;abon</placeName>, neb&#x017F;t einem neuen Bi&#x017F;chofe von <placeName>Angra</placeName> erwartet. Die Dioce&#x017F;e<lb/>
die&#x017F;es Pra&#x0364;laten er&#x017F;treckt &#x017F;ich u&#x0364;ber alle <placeName>Azoren</placeName>, und es geho&#x0364;ren zwo&#x0364;lf Canonici zu<lb/>
&#x017F;einem Capitel. Seine Einku&#x0364;nfte werden in Weizen entrichtet, und belaufen<lb/>
&#x017F;ich auf 300 Muys, jedes zu 24 Scheffeln (Engli&#x017F;ch). Jedes Muy i&#x017F;t wenig-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e u. die W. zweyter Theil.</hi> M m m</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[457/0475] in den Jahren 1772 bis 1775. Jahreszeit beynahe unſchaͤtzbar, weil er die Trauben anfuͤllte, die ſonſt nicht groͤßer als Johannisbeeren bleiben. In meiner Abweſenheit hatte ſich mein Va- ter mit einigen Portugieſen, und beſonders dem oben erwaͤhnten Geiſtlichen un- terhalten, die ihm verſchiedne Particularien, die Azoriſchen Inſeln und ihren ge- genwaͤrtigen Zuſtand betreffend, mittheilten. Ich ſehe mich dadurch im Stand geſetzt, folgende Nachricht davon den Leſern mitzutheilen: 1775. Julius. Einige Flaͤmiſche Schiffe entdeckten zuerſt die Azoriſchen Inſeln im Jahr 1439. Verſchiedne Familien dieſer Nation ließen ſich zu gleicher Zeit auf Fayal nieder, woſelbſt noch jetzt ein Kirchſpiel Flamingos heißt. Aus eben dem Grunde haben einige alte Geographen die Azoren, die Flaͤmiſchen Inſeln genannt. Im Jahr 1447 entdeckten die Portugieſen die Inſel Santa Maria, oder die oͤſtlichſte in dieſer Gruppe, hernach St. Miguiel (Michael) und dar- auf Terceira (die dritte). Don Gonzalo Velho Cabral, Commandeur von Almuros, ließ ſich 1449 auf Terceira nieder, und legte die Stadt Angra an. Die Inſeln St. George, Gracioſa, Pico und Fayal wurden nach einander entdeckt und in Beſitz genommen. Endlich erblickte man auch die beyden Weſt- lichſten Inſeln dieſer Gruppe, und nannte ſie Flores und Corvo, die eine we- gen der daſelbſt haͤufigen Blumen, die andre wegen der Menge von Kraͤhen, die dort gefunden worden. Dieſe Inſeln, die insgeſammt fruchtbar, und von ſehr arbeitſamen Leu- ten bewohnt ſind, ſtehen unter einem General-Gouverneur, der ſich zu Angra in Terceira aufhaͤlt. Der jetzige hieß Don Anton de Almada, und ward durch- gaͤngig als ein leutſeeliger Mann geruͤhmt, der jede Art von Unterdruͤckung ver- abſcheute. Anſtatt in dieſem eintraͤglichen Poſten Schaͤtze zuſammen zu ſchar- ren, hatte er vielmehr von dem Seinigen zugeſetzt, um durch ſeinen Staat und Aufwand die Inſeln in Flor zu bringen, weshalb man ihn ſechs Jahre, oder noch einmal ſo lange als ſonſt gewoͤhnlich in dieſem Gouvernement beybehalten hatte. Sein Nachfolger, Don Luis de Tal Pilatus, ward jetzo ſtuͤndlich aus Liſſabon, nebſt einem neuen Biſchofe von Angra erwartet. Die Dioceſe dieſes Praͤlaten erſtreckt ſich uͤber alle Azoren, und es gehoͤren zwoͤlf Canonici zu ſeinem Capitel. Seine Einkuͤnfte werden in Weizen entrichtet, und belaufen ſich auf 300 Muys, jedes zu 24 Scheffeln (Engliſch). Jedes Muy iſt wenig- Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Theil. M m m

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/475
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 457. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/475>, abgerufen am 14.05.2024.