Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.in den Jahren 1772 bis 1775. steinen und Asche die kegelförmigen Hügel allmählig entstanden wären; daß die1775.May. Lava-Ströme, die jetzt das Ansehen einzelner Haufen hatten, vielleicht nach und nach mit Asche bedeckt worden, und daß in der nassen Jahreszeit, die Regenbä- che, die von den innersten Bergen herabgestürzt worden, alles vor sich glatt ge- waschen und mit der Länge der Zeit den Crater ganz ausgefüllt hätten. Die schwarze Felsen-Lava diente unzähligen Fregatten und Tölpeln *) zum Aufent- halte. Sie hatten darauf genistet, und ließen uns ganz nahe hinan kommen. Die Fregatten haben mehrentheils einen erstaunlich großen scharlachnen Beutel oder Kropf unterm Schnabel hängen, den sie aufblasen können, bis er einer Faust groß ist. Er hat mit dem Beutel des Pelikans viel Aehnlichkeit, und ist vielleicht von der Natur zu eben dem Endzweck als jener bestimmt. Wir fan- den nicht über zehn einzelne halbverdorrte Pflänzchen auf diesem großen Stück felsigten Landes; und darunter waren nur zweyerley Sorten, eine Art Wolfs- milch (Euphorbia origanoides) und eine Glockenwinde (convolvulus pes Caprae). Um Mittag kehrten wir ans Schif zurück und sahen daselbst nur sechs Schildkröten, die über Nacht gefangen worden, indem die Jahrszeit jetzo beynah verflossen war, in welcher sie ihre Eyer legen. Der Officier, den wir Ostwärts geschickt hatten, fand daselbst die Ueberbleibsel eines gestrandeten Schifs, welches zum Theil in Brand gewesen, und von der Mannschaft vermuthlich, um sich selbst zu retten, an Land getrieben worden. Die Vorstellung der elenden Umstände dieser Leute, auf einer so öden Insel, ehe ein andres Schif sie abho- len können, erregte sogar das Mitleid unsrer Matrosen. Ihr Unglück aber war nunmehr Vortheil für uns; denn da wir Mangel an Brennholz hatten, so schickte Capt. Cook seine Böte hin, das übrige Gerippe dieses Schifs an Bord zu laden. Gegen acht Uhr Abends, wie es schon ganz finster war, kam ein kleines *) Pelecanus Aquilus, &c. Sula. K k k 3
in den Jahren 1772 bis 1775. ſteinen und Aſche die kegelfoͤrmigen Huͤgel allmaͤhlig entſtanden waͤren; daß die1775.May. Lava-Stroͤme, die jetzt das Anſehen einzelner Haufen hatten, vielleicht nach und nach mit Aſche bedeckt worden, und daß in der naſſen Jahreszeit, die Regenbaͤ- che, die von den innerſten Bergen herabgeſtuͤrzt worden, alles vor ſich glatt ge- waſchen und mit der Laͤnge der Zeit den Crater ganz ausgefuͤllt haͤtten. Die ſchwarze Felſen-Lava diente unzaͤhligen Fregatten und Toͤlpeln *) zum Aufent- halte. Sie hatten darauf geniſtet, und ließen uns ganz nahe hinan kommen. Die Fregatten haben mehrentheils einen erſtaunlich großen ſcharlachnen Beutel oder Kropf unterm Schnabel haͤngen, den ſie aufblaſen koͤnnen, bis er einer Fauſt groß iſt. Er hat mit dem Beutel des Pelikans viel Aehnlichkeit, und iſt vielleicht von der Natur zu eben dem Endzweck als jener beſtimmt. Wir fan- den nicht uͤber zehn einzelne halbverdorrte Pflaͤnzchen auf dieſem großen Stuͤck felſigten Landes; und darunter waren nur zweyerley Sorten, eine Art Wolfs- milch (Euphorbia origanoides) und eine Glockenwinde (convolvulus pes Caprae). Um Mittag kehrten wir ans Schif zuruͤck und ſahen daſelbſt nur ſechs Schildkroͤten, die uͤber Nacht gefangen worden, indem die Jahrszeit jetzo beynah verfloſſen war, in welcher ſie ihre Eyer legen. Der Officier, den wir Oſtwaͤrts geſchickt hatten, fand daſelbſt die Ueberbleibſel eines geſtrandeten Schifs, welches zum Theil in Brand geweſen, und von der Mannſchaft vermuthlich, um ſich ſelbſt zu retten, an Land getrieben worden. Die Vorſtellung der elenden Umſtaͤnde dieſer Leute, auf einer ſo oͤden Inſel, ehe ein andres Schif ſie abho- len koͤnnen, erregte ſogar das Mitleid unſrer Matroſen. Ihr Ungluͤck aber war nunmehr Vortheil fuͤr uns; denn da wir Mangel an Brennholz hatten, ſo ſchickte Capt. Cook ſeine Boͤte hin, das uͤbrige Gerippe dieſes Schifs an Bord zu laden. Gegen acht Uhr Abends, wie es ſchon ganz finſter war, kam ein kleines *) Pelecanus Aquilus, &c. Sula. K k k 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
ſteinen und Aſche die kegelfoͤrmigen Huͤgel allmaͤhlig entſtanden waͤren; daß die
Lava-Stroͤme, die jetzt das Anſehen einzelner Haufen hatten, vielleicht nach und
nach mit Aſche bedeckt worden, und daß in der naſſen Jahreszeit, die Regenbaͤ-
che, die von den innerſten Bergen herabgeſtuͤrzt worden, alles vor ſich glatt ge-
waſchen und mit der Laͤnge der Zeit den Crater ganz ausgefuͤllt haͤtten. Die
ſchwarze Felſen-Lava diente unzaͤhligen Fregatten und Toͤlpeln *) zum Aufent-
halte. Sie hatten darauf geniſtet, und ließen uns ganz nahe hinan kommen.
Die Fregatten haben mehrentheils einen erſtaunlich großen ſcharlachnen Beutel
oder Kropf unterm Schnabel haͤngen, den ſie aufblaſen koͤnnen, bis er einer
Fauſt groß iſt. Er hat mit dem Beutel des Pelikans viel Aehnlichkeit, und iſt
vielleicht von der Natur zu eben dem Endzweck als jener beſtimmt. Wir fan-
den nicht uͤber zehn einzelne halbverdorrte Pflaͤnzchen auf dieſem großen Stuͤck
felſigten Landes; und darunter waren nur zweyerley Sorten, eine Art Wolfs-
milch (Euphorbia origanoides) und eine Glockenwinde (convolvulus pes
Caprae). Um Mittag kehrten wir ans Schif zuruͤck und ſahen daſelbſt nur
ſechs Schildkroͤten, die uͤber Nacht gefangen worden, indem die Jahrszeit jetzo
beynah verfloſſen war, in welcher ſie ihre Eyer legen. Der Officier, den wir
Oſtwaͤrts geſchickt hatten, fand daſelbſt die Ueberbleibſel eines geſtrandeten Schifs,
welches zum Theil in Brand geweſen, und von der Mannſchaft vermuthlich, um
ſich ſelbſt zu retten, an Land getrieben worden. Die Vorſtellung der elenden
Umſtaͤnde dieſer Leute, auf einer ſo oͤden Inſel, ehe ein andres Schif ſie abho-
len koͤnnen, erregte ſogar das Mitleid unſrer Matroſen. Ihr Ungluͤck aber
war nunmehr Vortheil fuͤr uns; denn da wir Mangel an Brennholz hatten, ſo
ſchickte Capt. Cook ſeine Boͤte hin, das uͤbrige Gerippe dieſes Schifs an Bord
zu laden.
1775.
May.
Gegen acht Uhr Abends, wie es ſchon ganz finſter war, kam ein kleines
Fahrzeug in die Bay, und ankerte zwiſchen uns und dem Lande. Nach wieder-
holten Anfragen, bekam Capitain Cook zur Antwort, es ſey eine Schaluppe
(Sloop) aus Neu-York, die Lucretia genannt, die eben von Sierra Leon, an
*) Pelecanus Aquilus, &c. Sula.
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