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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
May.
sehen konnten, von volkanischem Feuer verbrannt war. Beynah im Mittelpunkt
der ganzen Insel steht ein großer hoher Berg von weißer Farbe, auf welchen wir
mit Hülfe unsrer Ferngläser etwas grünes entdeckten, das den Nahmen des grü-
nen Berges
einigermaßen zu entschuldigen schien.

Wir landeten des Morgens sehr früh an etlichen Felsen, indem die
Brandungen am großen Strande erstaunlich hoch gehn. Dieser Strand ist mit
tiefem, trocknem Muschel-Sande bedeckt, der aus ganz kleinen größtentheils
schneeweißen Theilchen besteht, die bey hellem Sonnenschein die Augen blenden.
Wir stiegen zwischen Haufen schwarzer löcherichter Steine hinauf, die den ge-
meinsten Laven von Vesuvius und Island vollkommen ähnlich waren. Die ein-
zelnen Stücke lagen in ungeheuren Klumpen gethürmt, die das Ansehen hat-
ten, als wären sie mit Menschenhänden gemacht worden. Allein wahrschein-
licher Weise kann eine schleunige Erkältung der Lava-Ströme eben diese Wür-
kung hervorgebracht haben. Nachdem wir zwölf bis funfzehn Ellen senkrecht
über der Oberfläche der See gewonnen hatten, so befanden wir uns in einer großen
Ebene, die sechs bis acht Meilen im Umfange, und in verschiednen Ecken einen
großen kegelförmigen Hügel von röthlicher Farbe hatte, der ganz frey oder isolirt
stand. Ein Theil der Ebene war mit unzähligen Steinhaufen von eben der wild
aufgethürmten Lava bedeckt, die wir zunächst am Ufer der See gesehn, und die
einen glasartigen Klang von sich gab, wenn zwey Stücke aneinander geschmissen
wurden. Zwischen diesen Haufen war der Boden der Ebene fest, und bestand aus
schwarzer Erde. Wo die Haufen aber aufhörten, da war das übrige nichts als
eine rothe Stauberde, so locker und trocken, daß der Wind ganze Wolken von
Staub darauf hin und her bewegte. Die kegelförmigen Hügel bestanden aus
einer ganz andern Art Lava, die roth und weich war, daß man sie ohne Mühe
zu Erde zerreiben konnte. Einer steht gerade mitten vor der Bay, und hat oben
auf dem Gipfel ein hölzernes Kreutz, davon die Bay den Nahmen bekommen
hat. Dieser Hügel ist auf allen Seiten sehr steil; ein Fußpfad aber geht
schlängelnd daran herauf, und ist deshalb an drey Viertelmeilen lang. Nachdem
wir diese sonderbare Gegend genauer und länger betrachtet hatten, schlossen wir,
nicht ohne große Wahrscheinlichkeit, daß die Ebene, worauf wir standen, der Cra-
ter oder vormalige Sitz eines Volkans gewesen, von dessen ausgeworfenen Bims-

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
May.
ſehen konnten, von volkaniſchem Feuer verbrannt war. Beynah im Mittelpunkt
der ganzen Inſel ſteht ein großer hoher Berg von weißer Farbe, auf welchen wir
mit Huͤlfe unſrer Fernglaͤſer etwas gruͤnes entdeckten, das den Nahmen des gruͤ-
nen Berges
einigermaßen zu entſchuldigen ſchien.

Wir landeten des Morgens ſehr fruͤh an etlichen Felſen, indem die
Brandungen am großen Strande erſtaunlich hoch gehn. Dieſer Strand iſt mit
tiefem, trocknem Muſchel-Sande bedeckt, der aus ganz kleinen groͤßtentheils
ſchneeweißen Theilchen beſteht, die bey hellem Sonnenſchein die Augen blenden.
Wir ſtiegen zwiſchen Haufen ſchwarzer loͤcherichter Steine hinauf, die den ge-
meinſten Laven von Veſuvius und Island vollkommen aͤhnlich waren. Die ein-
zelnen Stuͤcke lagen in ungeheuren Klumpen gethuͤrmt, die das Anſehen hat-
ten, als waͤren ſie mit Menſchenhaͤnden gemacht worden. Allein wahrſchein-
licher Weiſe kann eine ſchleunige Erkaͤltung der Lava-Stroͤme eben dieſe Wuͤr-
kung hervorgebracht haben. Nachdem wir zwoͤlf bis funfzehn Ellen ſenkrecht
uͤber der Oberflaͤche der See gewonnen hatten, ſo befanden wir uns in einer großen
Ebene, die ſechs bis acht Meilen im Umfange, und in verſchiednen Ecken einen
großen kegelfoͤrmigen Huͤgel von roͤthlicher Farbe hatte, der ganz frey oder iſolirt
ſtand. Ein Theil der Ebene war mit unzaͤhligen Steinhaufen von eben der wild
aufgethuͤrmten Lava bedeckt, die wir zunaͤchſt am Ufer der See geſehn, und die
einen glasartigen Klang von ſich gab, wenn zwey Stuͤcke aneinander geſchmiſſen
wurden. Zwiſchen dieſen Haufen war der Boden der Ebene feſt, und beſtand aus
ſchwarzer Erde. Wo die Haufen aber aufhoͤrten, da war das uͤbrige nichts als
eine rothe Stauberde, ſo locker und trocken, daß der Wind ganze Wolken von
Staub darauf hin und her bewegte. Die kegelfoͤrmigen Huͤgel beſtanden aus
einer ganz andern Art Lava, die roth und weich war, daß man ſie ohne Muͤhe
zu Erde zerreiben konnte. Einer ſteht gerade mitten vor der Bay, und hat oben
auf dem Gipfel ein hoͤlzernes Kreutz, davon die Bay den Nahmen bekommen
hat. Dieſer Huͤgel iſt auf allen Seiten ſehr ſteil; ein Fußpfad aber geht
ſchlaͤngelnd daran herauf, und iſt deshalb an drey Viertelmeilen lang. Nachdem
wir dieſe ſonderbare Gegend genauer und laͤnger betrachtet hatten, ſchloſſen wir,
nicht ohne große Wahrſcheinlichkeit, daß die Ebene, worauf wir ſtanden, der Cra-
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[444/0462] Forſter’s Reiſe um die Welt ſehen konnten, von volkaniſchem Feuer verbrannt war. Beynah im Mittelpunkt der ganzen Inſel ſteht ein großer hoher Berg von weißer Farbe, auf welchen wir mit Huͤlfe unſrer Fernglaͤſer etwas gruͤnes entdeckten, das den Nahmen des gruͤ- nen Berges einigermaßen zu entſchuldigen ſchien. 1774. May. Wir landeten des Morgens ſehr fruͤh an etlichen Felſen, indem die Brandungen am großen Strande erſtaunlich hoch gehn. Dieſer Strand iſt mit tiefem, trocknem Muſchel-Sande bedeckt, der aus ganz kleinen groͤßtentheils ſchneeweißen Theilchen beſteht, die bey hellem Sonnenſchein die Augen blenden. Wir ſtiegen zwiſchen Haufen ſchwarzer loͤcherichter Steine hinauf, die den ge- meinſten Laven von Veſuvius und Island vollkommen aͤhnlich waren. Die ein- zelnen Stuͤcke lagen in ungeheuren Klumpen gethuͤrmt, die das Anſehen hat- ten, als waͤren ſie mit Menſchenhaͤnden gemacht worden. Allein wahrſchein- licher Weiſe kann eine ſchleunige Erkaͤltung der Lava-Stroͤme eben dieſe Wuͤr- kung hervorgebracht haben. Nachdem wir zwoͤlf bis funfzehn Ellen ſenkrecht uͤber der Oberflaͤche der See gewonnen hatten, ſo befanden wir uns in einer großen Ebene, die ſechs bis acht Meilen im Umfange, und in verſchiednen Ecken einen großen kegelfoͤrmigen Huͤgel von roͤthlicher Farbe hatte, der ganz frey oder iſolirt ſtand. Ein Theil der Ebene war mit unzaͤhligen Steinhaufen von eben der wild aufgethuͤrmten Lava bedeckt, die wir zunaͤchſt am Ufer der See geſehn, und die einen glasartigen Klang von ſich gab, wenn zwey Stuͤcke aneinander geſchmiſſen wurden. Zwiſchen dieſen Haufen war der Boden der Ebene feſt, und beſtand aus ſchwarzer Erde. Wo die Haufen aber aufhoͤrten, da war das uͤbrige nichts als eine rothe Stauberde, ſo locker und trocken, daß der Wind ganze Wolken von Staub darauf hin und her bewegte. Die kegelfoͤrmigen Huͤgel beſtanden aus einer ganz andern Art Lava, die roth und weich war, daß man ſie ohne Muͤhe zu Erde zerreiben konnte. Einer ſteht gerade mitten vor der Bay, und hat oben auf dem Gipfel ein hoͤlzernes Kreutz, davon die Bay den Nahmen bekommen hat. Dieſer Huͤgel iſt auf allen Seiten ſehr ſteil; ein Fußpfad aber geht ſchlaͤngelnd daran herauf, und iſt deshalb an drey Viertelmeilen lang. Nachdem wir dieſe ſonderbare Gegend genauer und laͤnger betrachtet hatten, ſchloſſen wir, nicht ohne große Wahrſcheinlichkeit, daß die Ebene, worauf wir ſtanden, der Cra- ter oder vormalige Sitz eines Volkans geweſen, von deſſen ausgeworfenen Bims-

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 444. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/462>, abgerufen am 14.05.2024.