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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1775.
Januar.
in lange anhaltende Ohnmachten, und wie konnte das anders seyn, da bey so
ungesunder saftloser Nahrung der Abgang der Lebensgeister nicht hinlänglich er-
setzt wurde. Das Thermometer stand in dieser Gegend auf 35°. ein Grad der
Kälte, der nebst anhaltenden Schnee-Schauern, und feuchter neblichter Lust, die
Genesung der Patienten ungemein verzögerte. Weil wir aber nunmehro wieder
nach Norden giengen, so durften wir uns auch bald ein gelinderes Clima verspre-
chen, wenigstens fiel es niemanden ein, daß unsre Geduld abermahls durch neue
Verzögerung geprüft werden sollte. Es schien aber nun einmahl so bestimmt zu
seyn, daß wir uns in unserer Rechnung immer irren mußten. -- Anjetzt gerie-
then wir von neuem an ein andres gefrornes Land


Dark and wild, beat with perpetual Storms of whirlwind and dire
hail; which on firm land thaws not, but gathers heap, and ruin seems of
ancient pile.

Milton.

Diese Entdeckung erfolgte am 31sten Januar, um sieben Uhr des Mor-
gens, bey so neblichten Wetter, daß wir nicht über fünf Meilen in die Runde
sehen konnten. Wir liefen ohngefähr eine Stunde lang drauf zu, bis auf eine
halbe Meile von den Klippen -- Diese waren schwarz voller Hölen, dabey senkrecht
und erstaunlich hoch; der Obertheil bewohnt von vielen Seeraben, und unter-
halb bespült von tobenden Wellen. Dicke Wolken bedeckten die höheren Ge-
bürge, nur ein einziger mächtiger und dick beschneyter Pick ragte weit über das
Gewölk hinaus. Jedermann war der Meynung, daß er, dem Augenmaaß
nach, wenigstens zwey Meilen senkrechter Höhe haben müsse. Ohnweit dem
Lande, zeigte das Senkbley 170 Faden Tiefe, und nun wandten wir das Schif
gen Süden, um die westliche Spitze des neu entdeckten Landes zu umseegeln.

Auf diesem Strich waren wir kaum eine Stunde lang fortgesteuert, als
wir ohngefähr fünf See-Meilen weit gen Süd-Süd-Osten ein hohes Gebürge
erblickten, an dem wir Nachts zuvor dicht vorbey gekommen seyn mußten. Da
dies das südlichste Ende dieses Landes war, so nannte es mein Vater das
Südliche Thule und Capt. Cook behielt diese Benennung bey. Es liegt un-
term 59°.30' Südlicher Breite und 27°.30' westlicher Länge. Um ein Uhr
Nachmittags wandten wir das Schif abermahls, und seegelten nordwärts um

Forſter’s Reiſe um die Welt
1775.
Januar.
in lange anhaltende Ohnmachten, und wie konnte das anders ſeyn, da bey ſo
ungeſunder ſaftloſer Nahrung der Abgang der Lebensgeiſter nicht hinlaͤnglich er-
ſetzt wurde. Das Thermometer ſtand in dieſer Gegend auf 35°. ein Grad der
Kaͤlte, der nebſt anhaltenden Schnee-Schauern, und feuchter neblichter Luſt, die
Geneſung der Patienten ungemein verzoͤgerte. Weil wir aber nunmehro wieder
nach Norden giengen, ſo durften wir uns auch bald ein gelinderes Clima verſpre-
chen, wenigſtens fiel es niemanden ein, daß unſre Geduld abermahls durch neue
Verzoͤgerung gepruͤft werden ſollte. Es ſchien aber nun einmahl ſo beſtimmt zu
ſeyn, daß wir uns in unſerer Rechnung immer irren mußten. — Anjetzt gerie-
then wir von neuem an ein andres gefrornes Land


Dark and wild, beat with perpetual Storms of whirlwind and dire
hail; which on firm land thaws not, but gathers heap, and ruin ſeems of
ancient pile.

Milton.

Dieſe Entdeckung erfolgte am 31ſten Januar, um ſieben Uhr des Mor-
gens, bey ſo neblichten Wetter, daß wir nicht uͤber fuͤnf Meilen in die Runde
ſehen konnten. Wir liefen ohngefaͤhr eine Stunde lang drauf zu, bis auf eine
halbe Meile von den Klippen — Dieſe waren ſchwarz voller Hoͤlen, dabey ſenkrecht
und erſtaunlich hoch; der Obertheil bewohnt von vielen Seeraben, und unter-
halb beſpuͤlt von tobenden Wellen. Dicke Wolken bedeckten die hoͤheren Ge-
buͤrge, nur ein einziger maͤchtiger und dick beſchneyter Pick ragte weit uͤber das
Gewoͤlk hinaus. Jedermann war der Meynung, daß er, dem Augenmaaß
nach, wenigſtens zwey Meilen ſenkrechter Hoͤhe haben muͤſſe. Ohnweit dem
Lande, zeigte das Senkbley 170 Faden Tiefe, und nun wandten wir das Schif
gen Suͤden, um die weſtliche Spitze des neu entdeckten Landes zu umſeegeln.

Auf dieſem Strich waren wir kaum eine Stunde lang fortgeſteuert, als
wir ohngefaͤhr fuͤnf See-Meilen weit gen Suͤd-Suͤd-Oſten ein hohes Gebuͤrge
erblickten, an dem wir Nachts zuvor dicht vorbey gekommen ſeyn mußten. Da
dies das ſuͤdlichſte Ende dieſes Landes war, ſo nannte es mein Vater das
Suͤdliche Thule und Capt. Cook behielt dieſe Benennung bey. Es liegt un-
term 59°.30′ Suͤdlicher Breite und 27°.30′ weſtlicher Laͤnge. Um ein Uhr
Nachmittags wandten wir das Schif abermahls, und ſeegelten nordwaͤrts um

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[418/0436] Forſter’s Reiſe um die Welt in lange anhaltende Ohnmachten, und wie konnte das anders ſeyn, da bey ſo ungeſunder ſaftloſer Nahrung der Abgang der Lebensgeiſter nicht hinlaͤnglich er- ſetzt wurde. Das Thermometer ſtand in dieſer Gegend auf 35°. ein Grad der Kaͤlte, der nebſt anhaltenden Schnee-Schauern, und feuchter neblichter Luſt, die Geneſung der Patienten ungemein verzoͤgerte. Weil wir aber nunmehro wieder nach Norden giengen, ſo durften wir uns auch bald ein gelinderes Clima verſpre- chen, wenigſtens fiel es niemanden ein, daß unſre Geduld abermahls durch neue Verzoͤgerung gepruͤft werden ſollte. Es ſchien aber nun einmahl ſo beſtimmt zu ſeyn, daß wir uns in unſerer Rechnung immer irren mußten. — Anjetzt gerie- then wir von neuem an ein andres gefrornes Land 1775. Januar. Dark and wild, beat with perpetual Storms of whirlwind and dire hail; which on firm land thaws not, but gathers heap, and ruin ſeems of ancient pile. Milton. Dieſe Entdeckung erfolgte am 31ſten Januar, um ſieben Uhr des Mor- gens, bey ſo neblichten Wetter, daß wir nicht uͤber fuͤnf Meilen in die Runde ſehen konnten. Wir liefen ohngefaͤhr eine Stunde lang drauf zu, bis auf eine halbe Meile von den Klippen — Dieſe waren ſchwarz voller Hoͤlen, dabey ſenkrecht und erſtaunlich hoch; der Obertheil bewohnt von vielen Seeraben, und unter- halb beſpuͤlt von tobenden Wellen. Dicke Wolken bedeckten die hoͤheren Ge- buͤrge, nur ein einziger maͤchtiger und dick beſchneyter Pick ragte weit uͤber das Gewoͤlk hinaus. Jedermann war der Meynung, daß er, dem Augenmaaß nach, wenigſtens zwey Meilen ſenkrechter Hoͤhe haben muͤſſe. Ohnweit dem Lande, zeigte das Senkbley 170 Faden Tiefe, und nun wandten wir das Schif gen Suͤden, um die weſtliche Spitze des neu entdeckten Landes zu umſeegeln. Auf dieſem Strich waren wir kaum eine Stunde lang fortgeſteuert, als wir ohngefaͤhr fuͤnf See-Meilen weit gen Suͤd-Suͤd-Oſten ein hohes Gebuͤrge erblickten, an dem wir Nachts zuvor dicht vorbey gekommen ſeyn mußten. Da dies das ſuͤdlichſte Ende dieſes Landes war, ſo nannte es mein Vater das Suͤdliche Thule und Capt. Cook behielt dieſe Benennung bey. Es liegt un- term 59°.30′ Suͤdlicher Breite und 27°.30′ weſtlicher Laͤnge. Um ein Uhr Nachmittags wandten wir das Schif abermahls, und ſeegelten nordwaͤrts um

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/436>, abgerufen am 27.11.2024.