Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
licollesischen Pfeile nochmals zu versuchen. Zu dem Ende ward ihm mit der Lan-1774.
Julius.

zette ein Einschnitt in die Lende gemacht, und nicht nur das Gummi, welches
an der knöchernen Spitze des Pfeils geklebt, sondern auch die grüne erdigte Sub-
stanz, die zwischen den herumgewundnen Cocos-Fibern gesessen hatte, in die
Wunde gestreuet und ein Heft-Pflaster darüber gelegt, damit das Experiment
ja nicht fehl schlagen mögte. Der Hund ward aber so geschwind gesund, als
ob gar nichts fremdes in die Wunde gekommen wäre. *)

Des andern Morgens hatten wir wieder eine gänzliche Windstille, daher
die Matrosen beynahe anfiengen zu glauben, daß das Eiland behext seyn müsse,
weil wir aller Bemühung ohnerachtet, gar nicht heran kommen konnten. Die
andre südöstliche Insel, welche am 28sten Abends entdeckt worden, war heute
ungleich deutlicher zu erkennen. Die näher gelegene Insel sahe unfrucht-
barer und lange nicht so angenehm aus, als die zuvor entdeckten Eylande; doch
schien sie wenigstens bewohnt zu seyn, denn es stieg ein großer Rauch davon em-
por. Höchst verdrieslich war es in der That, die Küste so nahe vor sich zu se-
hen, und doch nicht näher heran zu können! Auf dem Schiffe eingesperrt zu seyn
und doch Menschen in der Nähe zu wissen, deren Meynungen und Lebens-
art vielleicht manches Neue an sich haben mogten! Ihren Umgang zu entbehren,
und doch zur Mittheilung so geneigt seyn! Hindernisse pflegen die Begierden oft-
mals nur noch heftiger zu machen, und das mogte auch hier der Fall seyn; denn
im Grunde war es eben kein so großer Schade, daß wir nicht anlanden konn-
ten, weil die anscheinende Unfruchtbarkeit der Insel, schwerlich Lebensmittel er-
warten ließ.

Nachmittags wurden zween Hayfische gefangen, die mit Pilot- und
Sauge-Fischen, als ihren gewöhnlichen Begleitern, um das Schiff herum
schwammen. Eins dieser großen gefräßigen Thiere schien in seiner Art ein rechter
Epicuräer zu seyn, denn wir fanden in seinem Magen nicht weniger als vier junge
Schildkröten, von achtzehn Zoll im Durchmesser, nebst der Haut und den Federn
eines sogenannten Tölpels (Booby; Pelecanus Sula Linn.) und gleiche

*) Die Anzeige dieses Versuche und seines Resultats, ist bereits weiter oben pag. 185. vorge[ - 1 Zeichen fehlt]
kommen.
B b 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
licolleſiſchen Pfeile nochmals zu verſuchen. Zu dem Ende ward ihm mit der Lan-1774.
Julius.

zette ein Einſchnitt in die Lende gemacht, und nicht nur das Gummi, welches
an der knoͤchernen Spitze des Pfeils geklebt, ſondern auch die gruͤne erdigte Sub-
ſtanz, die zwiſchen den herumgewundnen Cocos-Fibern geſeſſen hatte, in die
Wunde geſtreuet und ein Heft-Pflaſter daruͤber gelegt, damit das Experiment
ja nicht fehl ſchlagen moͤgte. Der Hund ward aber ſo geſchwind geſund, als
ob gar nichts fremdes in die Wunde gekommen waͤre. *)

Des andern Morgens hatten wir wieder eine gaͤnzliche Windſtille, daher
die Matroſen beynahe anfiengen zu glauben, daß das Eiland behext ſeyn muͤſſe,
weil wir aller Bemuͤhung ohnerachtet, gar nicht heran kommen konnten. Die
andre ſuͤdoͤſtliche Inſel, welche am 28ſten Abends entdeckt worden, war heute
ungleich deutlicher zu erkennen. Die naͤher gelegene Inſel ſahe unfrucht-
barer und lange nicht ſo angenehm aus, als die zuvor entdeckten Eylande; doch
ſchien ſie wenigſtens bewohnt zu ſeyn, denn es ſtieg ein großer Rauch davon em-
por. Hoͤchſt verdrieslich war es in der That, die Kuͤſte ſo nahe vor ſich zu ſe-
hen, und doch nicht naͤher heran zu koͤnnen! Auf dem Schiffe eingeſperrt zu ſeyn
und doch Menſchen in der Naͤhe zu wiſſen, deren Meynungen und Lebens-
art vielleicht manches Neue an ſich haben mogten! Ihren Umgang zu entbehren,
und doch zur Mittheilung ſo geneigt ſeyn! Hinderniſſe pflegen die Begierden oft-
mals nur noch heftiger zu machen, und das mogte auch hier der Fall ſeyn; denn
im Grunde war es eben kein ſo großer Schade, daß wir nicht anlanden konn-
ten, weil die anſcheinende Unfruchtbarkeit der Inſel, ſchwerlich Lebensmittel er-
warten ließ.

Nachmittags wurden zween Hayfiſche gefangen, die mit Pilot- und
Sauge-Fiſchen, als ihren gewoͤhnlichen Begleitern, um das Schiff herum
ſchwammen. Eins dieſer großen gefraͤßigen Thiere ſchien in ſeiner Art ein rechter
Epicuraͤer zu ſeyn, denn wir fanden in ſeinem Magen nicht weniger als vier junge
Schildkroͤten, von achtzehn Zoll im Durchmeſſer, nebſt der Haut und den Federn
eines ſogenannten Toͤlpels (Booby; Pelecanus Sula Linn.) und gleiche

*) Die Anzeige dieſes Verſuche und ſeines Reſultats, iſt bereits weiter oben pag. 185. vorge[ – 1 Zeichen fehlt]
kommen.
B b 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="195"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">licolle&#x017F;i&#x017F;chen</hi> Pfeile nochmals zu ver&#x017F;uchen. Zu dem Ende ward ihm mit der Lan-<note place="right">1774.<lb/>
Julius.</note><lb/>
zette ein Ein&#x017F;chnitt in die Lende gemacht, und nicht nur das Gummi, welches<lb/>
an der kno&#x0364;chernen Spitze des Pfeils geklebt, &#x017F;ondern auch die gru&#x0364;ne erdigte Sub-<lb/>
&#x017F;tanz, die zwi&#x017F;chen den herumgewundnen Cocos-Fibern ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en hatte, in die<lb/>
Wunde ge&#x017F;treuet und ein Heft-Pfla&#x017F;ter daru&#x0364;ber gelegt, damit das Experiment<lb/>
ja nicht fehl &#x017F;chlagen mo&#x0364;gte. Der Hund ward aber &#x017F;o ge&#x017F;chwind ge&#x017F;und, als<lb/>
ob gar nichts fremdes in die Wunde gekommen wa&#x0364;re. <note place="foot" n="*)">Die Anzeige die&#x017F;es Ver&#x017F;uche und &#x017F;eines Re&#x017F;ultats, i&#x017F;t bereits weiter oben <hi rendition="#aq">pag.</hi> 185. vorge<gap unit="chars" quantity="1"/><lb/>
kommen.</note></p><lb/>
        <p>Des andern Morgens hatten wir wieder eine ga&#x0364;nzliche Wind&#x017F;tille, daher<lb/>
die Matro&#x017F;en beynahe anfiengen zu glauben, daß das Eiland behext &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,<lb/>
weil wir aller Bemu&#x0364;hung ohnerachtet, gar nicht heran kommen konnten. Die<lb/>
andre &#x017F;u&#x0364;do&#x0364;&#x017F;tliche In&#x017F;el, welche am 28&#x017F;ten Abends entdeckt worden, war heute<lb/>
ungleich deutlicher zu erkennen. Die na&#x0364;her gelegene In&#x017F;el &#x017F;ahe unfrucht-<lb/>
barer und lange nicht &#x017F;o angenehm aus, als die zuvor entdeckten Eylande; doch<lb/>
&#x017F;chien &#x017F;ie wenig&#x017F;tens bewohnt zu &#x017F;eyn, denn es &#x017F;tieg ein großer Rauch davon em-<lb/>
por. Ho&#x0364;ch&#x017F;t verdrieslich war es in der That, die Ku&#x0364;&#x017F;te &#x017F;o nahe vor &#x017F;ich zu &#x017F;e-<lb/>
hen, und doch nicht na&#x0364;her heran zu ko&#x0364;nnen! Auf dem Schiffe einge&#x017F;perrt zu &#x017F;eyn<lb/>
und doch Men&#x017F;chen in der Na&#x0364;he zu wi&#x017F;&#x017F;en, deren Meynungen und Lebens-<lb/>
art vielleicht manches Neue an &#x017F;ich haben mogten! Ihren Umgang zu entbehren,<lb/>
und doch zur Mittheilung &#x017F;o geneigt &#x017F;eyn! Hinderni&#x017F;&#x017F;e pflegen die Begierden oft-<lb/>
mals nur noch heftiger zu machen, und das mogte auch hier der Fall &#x017F;eyn; denn<lb/>
im Grunde war es eben kein &#x017F;o großer Schade, daß wir nicht anlanden konn-<lb/>
ten, weil die an&#x017F;cheinende Unfruchtbarkeit der In&#x017F;el, &#x017F;chwerlich Lebensmittel er-<lb/>
warten ließ.</p><lb/>
        <p>Nachmittags wurden zween <hi rendition="#fr">Hayfi&#x017F;che</hi> gefangen, die mit <hi rendition="#fr">Pilot</hi>- und<lb/><hi rendition="#fr">Sauge-Fi&#x017F;chen</hi>, als ihren gewo&#x0364;hnlichen Begleitern, um das Schiff herum<lb/>
&#x017F;chwammen. Eins die&#x017F;er großen gefra&#x0364;ßigen Thiere &#x017F;chien in &#x017F;einer Art ein rechter<lb/>
Epicura&#x0364;er zu &#x017F;eyn, denn wir fanden in &#x017F;einem Magen nicht weniger als vier junge<lb/>
Schildkro&#x0364;ten, von achtzehn Zoll im Durchme&#x017F;&#x017F;er, neb&#x017F;t der Haut und den Federn<lb/>
eines &#x017F;ogenannten <hi rendition="#fr">To&#x0364;lpels</hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Booby; Pelecanus Sula</hi> Linn.</hi>) und gleiche<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B b 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0209] in den Jahren 1772 bis 1775. licolleſiſchen Pfeile nochmals zu verſuchen. Zu dem Ende ward ihm mit der Lan- zette ein Einſchnitt in die Lende gemacht, und nicht nur das Gummi, welches an der knoͤchernen Spitze des Pfeils geklebt, ſondern auch die gruͤne erdigte Sub- ſtanz, die zwiſchen den herumgewundnen Cocos-Fibern geſeſſen hatte, in die Wunde geſtreuet und ein Heft-Pflaſter daruͤber gelegt, damit das Experiment ja nicht fehl ſchlagen moͤgte. Der Hund ward aber ſo geſchwind geſund, als ob gar nichts fremdes in die Wunde gekommen waͤre. *) 1774. Julius. Des andern Morgens hatten wir wieder eine gaͤnzliche Windſtille, daher die Matroſen beynahe anfiengen zu glauben, daß das Eiland behext ſeyn muͤſſe, weil wir aller Bemuͤhung ohnerachtet, gar nicht heran kommen konnten. Die andre ſuͤdoͤſtliche Inſel, welche am 28ſten Abends entdeckt worden, war heute ungleich deutlicher zu erkennen. Die naͤher gelegene Inſel ſahe unfrucht- barer und lange nicht ſo angenehm aus, als die zuvor entdeckten Eylande; doch ſchien ſie wenigſtens bewohnt zu ſeyn, denn es ſtieg ein großer Rauch davon em- por. Hoͤchſt verdrieslich war es in der That, die Kuͤſte ſo nahe vor ſich zu ſe- hen, und doch nicht naͤher heran zu koͤnnen! Auf dem Schiffe eingeſperrt zu ſeyn und doch Menſchen in der Naͤhe zu wiſſen, deren Meynungen und Lebens- art vielleicht manches Neue an ſich haben mogten! Ihren Umgang zu entbehren, und doch zur Mittheilung ſo geneigt ſeyn! Hinderniſſe pflegen die Begierden oft- mals nur noch heftiger zu machen, und das mogte auch hier der Fall ſeyn; denn im Grunde war es eben kein ſo großer Schade, daß wir nicht anlanden konn- ten, weil die anſcheinende Unfruchtbarkeit der Inſel, ſchwerlich Lebensmittel er- warten ließ. Nachmittags wurden zween Hayfiſche gefangen, die mit Pilot- und Sauge-Fiſchen, als ihren gewoͤhnlichen Begleitern, um das Schiff herum ſchwammen. Eins dieſer großen gefraͤßigen Thiere ſchien in ſeiner Art ein rechter Epicuraͤer zu ſeyn, denn wir fanden in ſeinem Magen nicht weniger als vier junge Schildkroͤten, von achtzehn Zoll im Durchmeſſer, nebſt der Haut und den Federn eines ſogenannten Toͤlpels (Booby; Pelecanus Sula Linn.) und gleiche *) Die Anzeige dieſes Verſuche und ſeines Reſultats, iſt bereits weiter oben pag. 185. vorge_ kommen. B b 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/209
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/209>, abgerufen am 10.05.2024.