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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
August.
hatte er, bey allen diesen Leckerbissen, sich nicht enthalten können, auch das fette
Schweinfleisch noch zu kosten, welches an den Angelhaken gesteckt worden. Kaum
war er aufs Verdeck gezogen, so suchte jeder seine Portion davon zu bekommen,
und in wenigen Minuten war er zerstückt, gebraten und verzehret. Der andre
wollte sich losreissen, ward aber von den Officieren mit ein Paar Kugeln todt
geschossen, denn ihnen war so viel als den gemeinen Matrosen daran gelegen,
daß er nicht entkäme. Auf die Art rächten wir also die sämmtlichen Bewoh-
ner des Meeres, an diesen beyden gefräßigen Tyrannen. In heißen Gegenden
wird einem das Pökelfleisch am ersten zuwieder, vermuthlich deshalb, weil es
den Durst, der dort ohnehin sehr groß zu seyn pflegt, noch immer größer macht.
Wir hatten aber seit unsrer Abreise von Namoka nichts anders genossen; daher
man wohl glauben wird, daß uns nicht leicht ein Hay so gut als dieser geschmeckt
habe.

Während der Nacht erhob sich ein schwaches Lüftgen, mit dessen Hülfe
wir nochmals dem Lande zusegelten. Am folgenden Morgen, als den 1sten
August, entdeckten wir einen einzelnen Felsen der etliche Seemeilen weit vom
Lande lag; und je näher wir kamen, desto weniger Ursach fanden wir, die In-
sel für so unfruchtbar zu halten, als sie anfänglich geschienen hatte. Gegen 10 Uhr
entstand Lärm, daß das Schiff in Brand gerathen sey! Eine so fürchterliche
Nachricht verbreitete plötzlich ein allgemeines Schrecken; überall sahe man
verstörte Gesichter, und es dauerte eine gute Weile, ehe die geringste Anstalt
zum Löschen gemacht wurde. Der unvermuthete Anblick einer drohenden Gefahr
läßt uns zu schneller Ueberlegung und thätiger Würksamkeit gemeiniglich nicht
Stärke genug übrig. Gegenwart des Geistes und Entschlossenheit sind dann sehr
schätzbare, aber eben so seltne Eigenschaften, und es war also kein Wunder, wenn
sie unter der kleinen Anzahl von Personen, denen die Führung des Schiffes oblag,
den mehreften fehlten. Doch kann es auch wohl für den Standhaftesten nicht
leicht eine härtere Prüfung geben, als diese: sich in einem brennenden Schiffe zu be-
finden! Ein Sturm, selbst in der Nachbarschaft der gefährlichsten Küste, ist lange
so schreckenvoll nicht, weil man da noch immer Hoffnung hat, wenigstens das Le-
ben zu retten. Bey dem heutigen Feuerlärm war indessen der Schreck das
meiste. In der ersten Bestürzung glaubten wir, daß es in einer Kammer, die

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Auguſt.
hatte er, bey allen dieſen Leckerbiſſen, ſich nicht enthalten koͤnnen, auch das fette
Schweinfleiſch noch zu koſten, welches an den Angelhaken geſteckt worden. Kaum
war er aufs Verdeck gezogen, ſo ſuchte jeder ſeine Portion davon zu bekommen,
und in wenigen Minuten war er zerſtuͤckt, gebraten und verzehret. Der andre
wollte ſich losreiſſen, ward aber von den Officieren mit ein Paar Kugeln todt
geſchoſſen, denn ihnen war ſo viel als den gemeinen Matroſen daran gelegen,
daß er nicht entkaͤme. Auf die Art raͤchten wir alſo die ſaͤmmtlichen Bewoh-
ner des Meeres, an dieſen beyden gefraͤßigen Tyrannen. In heißen Gegenden
wird einem das Poͤkelfleiſch am erſten zuwieder, vermuthlich deshalb, weil es
den Durſt, der dort ohnehin ſehr groß zu ſeyn pflegt, noch immer groͤßer macht.
Wir hatten aber ſeit unſrer Abreiſe von Namoka nichts anders genoſſen; daher
man wohl glauben wird, daß uns nicht leicht ein Hay ſo gut als dieſer geſchmeckt
habe.

Waͤhrend der Nacht erhob ſich ein ſchwaches Luͤftgen, mit deſſen Huͤlfe
wir nochmals dem Lande zuſegelten. Am folgenden Morgen, als den 1ſten
Auguſt, entdeckten wir einen einzelnen Felſen der etliche Seemeilen weit vom
Lande lag; und je naͤher wir kamen, deſto weniger Urſach fanden wir, die In-
ſel fuͤr ſo unfruchtbar zu halten, als ſie anfaͤnglich geſchienen hatte. Gegen 10 Uhr
entſtand Laͤrm, daß das Schiff in Brand gerathen ſey! Eine ſo fuͤrchterliche
Nachricht verbreitete ploͤtzlich ein allgemeines Schrecken; uͤberall ſahe man
verſtoͤrte Geſichter, und es dauerte eine gute Weile, ehe die geringſte Anſtalt
zum Loͤſchen gemacht wurde. Der unvermuthete Anblick einer drohenden Gefahr
laͤßt uns zu ſchneller Ueberlegung und thaͤtiger Wuͤrkſamkeit gemeiniglich nicht
Staͤrke genug uͤbrig. Gegenwart des Geiſtes und Entſchloſſenheit ſind dann ſehr
ſchaͤtzbare, aber eben ſo ſeltne Eigenſchaften, und es war alſo kein Wunder, wenn
ſie unter der kleinen Anzahl von Perſonen, denen die Fuͤhrung des Schiffes oblag,
den mehreften fehlten. Doch kann es auch wohl fuͤr den Standhafteſten nicht
leicht eine haͤrtere Pruͤfung geben, als dieſe: ſich in einem brennenden Schiffe zu be-
finden! Ein Sturm, ſelbſt in der Nachbarſchaft der gefaͤhrlichſten Kuͤſte, iſt lange
ſo ſchreckenvoll nicht, weil man da noch immer Hoffnung hat, wenigſtens das Le-
ben zu retten. Bey dem heutigen Feuerlaͤrm war indeſſen der Schreck das
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[196/0210] Forſter’s Reiſe um die Welt hatte er, bey allen dieſen Leckerbiſſen, ſich nicht enthalten koͤnnen, auch das fette Schweinfleiſch noch zu koſten, welches an den Angelhaken geſteckt worden. Kaum war er aufs Verdeck gezogen, ſo ſuchte jeder ſeine Portion davon zu bekommen, und in wenigen Minuten war er zerſtuͤckt, gebraten und verzehret. Der andre wollte ſich losreiſſen, ward aber von den Officieren mit ein Paar Kugeln todt geſchoſſen, denn ihnen war ſo viel als den gemeinen Matroſen daran gelegen, daß er nicht entkaͤme. Auf die Art raͤchten wir alſo die ſaͤmmtlichen Bewoh- ner des Meeres, an dieſen beyden gefraͤßigen Tyrannen. In heißen Gegenden wird einem das Poͤkelfleiſch am erſten zuwieder, vermuthlich deshalb, weil es den Durſt, der dort ohnehin ſehr groß zu ſeyn pflegt, noch immer groͤßer macht. Wir hatten aber ſeit unſrer Abreiſe von Namoka nichts anders genoſſen; daher man wohl glauben wird, daß uns nicht leicht ein Hay ſo gut als dieſer geſchmeckt habe. 1774. Auguſt. Waͤhrend der Nacht erhob ſich ein ſchwaches Luͤftgen, mit deſſen Huͤlfe wir nochmals dem Lande zuſegelten. Am folgenden Morgen, als den 1ſten Auguſt, entdeckten wir einen einzelnen Felſen der etliche Seemeilen weit vom Lande lag; und je naͤher wir kamen, deſto weniger Urſach fanden wir, die In- ſel fuͤr ſo unfruchtbar zu halten, als ſie anfaͤnglich geſchienen hatte. Gegen 10 Uhr entſtand Laͤrm, daß das Schiff in Brand gerathen ſey! Eine ſo fuͤrchterliche Nachricht verbreitete ploͤtzlich ein allgemeines Schrecken; uͤberall ſahe man verſtoͤrte Geſichter, und es dauerte eine gute Weile, ehe die geringſte Anſtalt zum Loͤſchen gemacht wurde. Der unvermuthete Anblick einer drohenden Gefahr laͤßt uns zu ſchneller Ueberlegung und thaͤtiger Wuͤrkſamkeit gemeiniglich nicht Staͤrke genug uͤbrig. Gegenwart des Geiſtes und Entſchloſſenheit ſind dann ſehr ſchaͤtzbare, aber eben ſo ſeltne Eigenſchaften, und es war alſo kein Wunder, wenn ſie unter der kleinen Anzahl von Perſonen, denen die Fuͤhrung des Schiffes oblag, den mehreften fehlten. Doch kann es auch wohl fuͤr den Standhafteſten nicht leicht eine haͤrtere Pruͤfung geben, als dieſe: ſich in einem brennenden Schiffe zu be- finden! Ein Sturm, ſelbſt in der Nachbarſchaft der gefaͤhrlichſten Kuͤſte, iſt lange ſo ſchreckenvoll nicht, weil man da noch immer Hoffnung hat, wenigſtens das Le- ben zu retten. Bey dem heutigen Feuerlaͤrm war indeſſen der Schreck das meiſte. In der erſten Beſtuͤrzung glaubten wir, daß es in einer Kammer, die

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/210>, abgerufen am 22.11.2024.