Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.April.kete über ihren Kopf abfeuern. Der unerwartete Knall that die erwünschteste Wür- kung, sie reichten uns nemlich ganz bestürzt die Brodfrüchte entgegen, um welche sie uns zuvor hatten betrügen wollen. Einige kamen, nach dem Verkaufe ihrer Waaren an Bord, um zu gaffen und begafft zu werden. Als der Capitain An- stalt machte, mit meinem Vater ins Boot zu gehen, bemerkte der eine von ih- nen, daß die große eiserne Stange, woran das Tau zum Aus- und Einsteigen befestigt ist, los war. Auf einmal erhaschte er sie, sprang mit seiner Beute über Bord und schwamm, ihrer Schwere ohnerachtet, mit großer Leichtigkeit, nach seinem Canot, um sie da in Sicherheit zu bringen. So bald Capitain Cook, der eben ins Boot steigen wollte, diesen Diebesstreich erfuhr, befahl er, sogleich eine Muskete über den Kerl hinzufeuern, indeß er selbst mit dem Boote um das Schiff herumzukommen und sich der Stange wieder zu bemächtigen suchen wollte. Der Schuß geschah, der Wilde aber gerieth dadurch nicht aus seiner Fassung, sondern sahe vielmehr ganz unbesorgt um sich her. Der Capitain ließ also, indem er selbst vom Schiff absties, den zweeten Schuß, wiewohl mit eben so wenig Erfolge thun. Ein Officier, der in diesem Augenblick aufs Verdeck kam, ward über die Verwegenheit des Indianers so aufgebracht, daß er nach einem Gewehre grif, und den Unglücklichen auf der Stelle todt schoß. Sobald er fiel, warf sein erschrockner Gefährte die eiserne Stange, durch welche dies Unglück veranlaßt worden, un- verzüglich in die See; und der Capitain, der eben jetzt mit seinem Boote anlangte, kam in aller Absicht zu spät. Er mußte mit Betrübniß sehen, wie der andre Wilde das Blut seines erschoßnen Cameraden aus dem Canot in die See schöpfte, und hierauf mit den übrigen Canots dem Strande zu eilte. Die Wilden hatten uns nunmehr allesammt verlassen, und waren am Strande beschäfftigt, das Canot durch die Brandung, den todten Cörper aber ins Holz zu schleppen. Gleich nachher hörten wir trommeln und erblickten eine große Menge von Wilden, mit Speeren und Keulen bewaffnet, welcher Anblick uns vielmehr Gefahr zu dro- hen, denn Hoffnung zu Erfrischungen zu gestatten schien. Es war allerdings sehr zu bedauern, daß der unglückliche Jähzorn eines unsrer Mitreisenden, der noch dazu von dem wahren Verlauf der Sache nicht einmal recht unterrichtet war, dem Indianer unbilligerweise das Leben kostete. Die ersten Entdecker und Ero- berer von Amerika, haben oft und mit Recht den Vorwurf der Grau- Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.April.kete uͤber ihren Kopf abfeuern. Der unerwartete Knall that die erwuͤnſchteſte Wuͤr- kung, ſie reichten uns nemlich ganz beſtuͤrzt die Brodfruͤchte entgegen, um welche ſie uns zuvor hatten betruͤgen wollen. Einige kamen, nach dem Verkaufe ihrer Waaren an Bord, um zu gaffen und begafft zu werden. Als der Capitain An- ſtalt machte, mit meinem Vater ins Boot zu gehen, bemerkte der eine von ih- nen, daß die große eiſerne Stange, woran das Tau zum Aus- und Einſteigen befeſtigt iſt, los war. Auf einmal erhaſchte er ſie, ſprang mit ſeiner Beute uͤber Bord und ſchwamm, ihrer Schwere ohnerachtet, mit großer Leichtigkeit, nach ſeinem Canot, um ſie da in Sicherheit zu bringen. So bald Capitain Cook, der eben ins Boot ſteigen wollte, dieſen Diebesſtreich erfuhr, befahl er, ſogleich eine Muskete uͤber den Kerl hinzufeuern, indeß er ſelbſt mit dem Boote um das Schiff herumzukommen und ſich der Stange wieder zu bemaͤchtigen ſuchen wollte. Der Schuß geſchah, der Wilde aber gerieth dadurch nicht aus ſeiner Faſſung, ſondern ſahe vielmehr ganz unbeſorgt um ſich her. Der Capitain ließ alſo, indem er ſelbſt vom Schiff abſties, den zweeten Schuß, wiewohl mit eben ſo wenig Erfolge thun. Ein Officier, der in dieſem Augenblick aufs Verdeck kam, ward uͤber die Verwegenheit des Indianers ſo aufgebracht, daß er nach einem Gewehre grif, und den Ungluͤcklichen auf der Stelle todt ſchoß. Sobald er fiel, warf ſein erſchrockner Gefaͤhrte die eiſerne Stange, durch welche dies Ungluͤck veranlaßt worden, un- verzuͤglich in die See; und der Capitain, der eben jetzt mit ſeinem Boote anlangte, kam in aller Abſicht zu ſpaͤt. Er mußte mit Betruͤbniß ſehen, wie der andre Wilde das Blut ſeines erſchoßnen Cameraden aus dem Canot in die See ſchoͤpfte, und hierauf mit den uͤbrigen Canots dem Strande zu eilte. Die Wilden hatten uns nunmehr alleſammt verlaſſen, und waren am Strande beſchaͤfftigt, das Canot durch die Brandung, den todten Coͤrper aber ins Holz zu ſchleppen. Gleich nachher hoͤrten wir trommeln und erblickten eine große Menge von Wilden, mit Speeren und Keulen bewaffnet, welcher Anblick uns vielmehr Gefahr zu dro- hen, denn Hoffnung zu Erfriſchungen zu geſtatten ſchien. Es war allerdings ſehr zu bedauern, daß der ungluͤckliche Jaͤhzorn eines unſrer Mitreiſenden, der noch dazu von dem wahren Verlauf der Sache nicht einmal recht unterrichtet war, dem Indianer unbilligerweiſe das Leben koſtete. Die erſten Entdecker und Ero- berer von Amerika, haben oft und mit Recht den Vorwurf der Grau- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0020" n="10"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> April.</note>kete uͤber ihren Kopf abfeuern. 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Forſter’s Reiſe um die Welt
kete uͤber ihren Kopf abfeuern. Der unerwartete Knall that die erwuͤnſchteſte Wuͤr-
kung, ſie reichten uns nemlich ganz beſtuͤrzt die Brodfruͤchte entgegen, um welche ſie
uns zuvor hatten betruͤgen wollen. Einige kamen, nach dem Verkaufe ihrer
Waaren an Bord, um zu gaffen und begafft zu werden. Als der Capitain An-
ſtalt machte, mit meinem Vater ins Boot zu gehen, bemerkte der eine von ih-
nen, daß die große eiſerne Stange, woran das Tau zum Aus- und Einſteigen
befeſtigt iſt, los war. Auf einmal erhaſchte er ſie, ſprang mit ſeiner Beute
uͤber Bord und ſchwamm, ihrer Schwere ohnerachtet, mit großer Leichtigkeit,
nach ſeinem Canot, um ſie da in Sicherheit zu bringen. So bald Capitain
Cook, der eben ins Boot ſteigen wollte, dieſen Diebesſtreich erfuhr, befahl
er, ſogleich eine Muskete uͤber den Kerl hinzufeuern, indeß er ſelbſt mit dem Boote
um das Schiff herumzukommen und ſich der Stange wieder zu bemaͤchtigen ſuchen
wollte. Der Schuß geſchah, der Wilde aber gerieth dadurch nicht aus ſeiner Faſſung,
ſondern ſahe vielmehr ganz unbeſorgt um ſich her. Der Capitain ließ alſo, indem
er ſelbſt vom Schiff abſties, den zweeten Schuß, wiewohl mit eben ſo wenig Erfolge
thun. Ein Officier, der in dieſem Augenblick aufs Verdeck kam, ward uͤber die
Verwegenheit des Indianers ſo aufgebracht, daß er nach einem Gewehre grif, und
den Ungluͤcklichen auf der Stelle todt ſchoß. Sobald er fiel, warf ſein erſchrockner
Gefaͤhrte die eiſerne Stange, durch welche dies Ungluͤck veranlaßt worden, un-
verzuͤglich in die See; und der Capitain, der eben jetzt mit ſeinem Boote anlangte,
kam in aller Abſicht zu ſpaͤt. Er mußte mit Betruͤbniß ſehen, wie der andre Wilde
das Blut ſeines erſchoßnen Cameraden aus dem Canot in die See ſchoͤpfte, und
hierauf mit den uͤbrigen Canots dem Strande zu eilte. Die Wilden hatten uns
nunmehr alleſammt verlaſſen, und waren am Strande beſchaͤfftigt, das Canot
durch die Brandung, den todten Coͤrper aber ins Holz zu ſchleppen. Gleich
nachher hoͤrten wir trommeln und erblickten eine große Menge von Wilden, mit
Speeren und Keulen bewaffnet, welcher Anblick uns vielmehr Gefahr zu dro-
hen, denn Hoffnung zu Erfriſchungen zu geſtatten ſchien. Es war allerdings ſehr
zu bedauern, daß der ungluͤckliche Jaͤhzorn eines unſrer Mitreiſenden, der noch
dazu von dem wahren Verlauf der Sache nicht einmal recht unterrichtet war, dem
Indianer unbilligerweiſe das Leben koſtete. Die erſten Entdecker und Ero-
berer von Amerika, haben oft und mit Recht den Vorwurf der Grau-
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