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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
April.
dem wir die Seegel wieder gerichtet hatten, lavirten wir glücklich hinein,
und ankerten ohngefähr um 5 Uhr im Eingange des Havens. Bey dem Wind-
stoße waren ohngefähr funfzehn Canots von unterschiednen Gegenden des Ufers
abgegangen und ganz nahe an unser Schiff getrieben worden. Einige derselben
waren doppelt und mit funfzehn Ruderern; andre kleinere hingegen mit etwa drey
bis zu sieben Mann besetzt.

So bald die Anker ausgeworfen waren, luden wir die Einwohner unter aller-
ley Freundschafts-Zeichen, vermittelst einer Anrede in Tahitischer Sprache ein, zu
uns an Bord zu kommen. Sie wagten es aber ehe nicht, als bis sie dicht am
Schiff von ihren Canots aus, uns einige Pfefferwurzeln, zum Zeichen des
Friedens, wie auf den Societäts- und freundschaftlichen Inseln, dargeboten
hatten. +) Sobald wir solche an das Tauwerk befestigt, verkauften sie uns für
Nägel, einige frische Fische und große, völlig reife Brodfrüchte, deren An-
blick bey unsrer Schiffs-Gesellschaft allgemeine Freude erweckte.

Die Eingebohrnen waren wohlgemachte, schöne Leute von gelbli-
cher oder hellbrauner Farbe; die aber der vielen Puncturen wegen, womit sie
am ganzen Leibe geziert waren, ins schwärzliche zu fallen schien. Sie giengen völlig
nackend, und hatten bloß ein klein Stück Zeug, eben der Art, als das Tahitische
um die Hüften; Bart und Haare sind glänzend und schwarz, und ihre Sprache
der Tahitischen ähnlicher als andre Südsee-Dialecte, jedoch mit dem Unter-
schiede, daß sie kein R. aussprechen konnten. Ihre Boote waren sehr schmal und
bestanden aus leicht zusammengenäheten Brettern. Die Ruderschaufeln waren
den Tahitischen ähnlich und oberhalb mit einem runden Knopf versehen. Wir
fragten hauptsächlich nach Schweinen, und bathen, daß man uns einige
bringen mögte. Gegen Abend hatten wir auch das Vergnügen, eines neben dem
Schiffe zu sehen, und man überließ es uns für ein Messer. Sobald es dun-
kel ward, verloren sich die Canots, nach dem allgemeinen Gebrauche der Süd-
see-Vöker, die sogar durch den außerordentlichen Anblick eines europäischen
Schiffes niemals in Versuchung gerathen, eine Nacht schlaflos hinzubringen.

Die
+) Capitain Cook will bemerkt haben, daß in jedem Kahn ein Haufen Steine gelegen, und
alle, die darinne saßen, eine Schleuder um den Kopf gebunden hatten.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
April.
dem wir die Seegel wieder gerichtet hatten, lavirten wir gluͤcklich hinein,
und ankerten ohngefaͤhr um 5 Uhr im Eingange des Havens. Bey dem Wind-
ſtoße waren ohngefaͤhr funfzehn Canots von unterſchiednen Gegenden des Ufers
abgegangen und ganz nahe an unſer Schiff getrieben worden. Einige derſelben
waren doppelt und mit funfzehn Ruderern; andre kleinere hingegen mit etwa drey
bis zu ſieben Mann beſetzt.

So bald die Anker ausgeworfen waren, luden wir die Einwohner unter aller-
ley Freundſchafts-Zeichen, vermittelſt einer Anrede in Tahitiſcher Sprache ein, zu
uns an Bord zu kommen. Sie wagten es aber ehe nicht, als bis ſie dicht am
Schiff von ihren Canots aus, uns einige Pfefferwurzeln, zum Zeichen des
Friedens, wie auf den Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln, dargeboten
hatten. †) Sobald wir ſolche an das Tauwerk befeſtigt, verkauften ſie uns fuͤr
Naͤgel, einige friſche Fiſche und große, voͤllig reife Brodfruͤchte, deren An-
blick bey unſrer Schiffs-Geſellſchaft allgemeine Freude erweckte.

Die Eingebohrnen waren wohlgemachte, ſchoͤne Leute von gelbli-
cher oder hellbrauner Farbe; die aber der vielen Puncturen wegen, womit ſie
am ganzen Leibe geziert waren, ins ſchwaͤrzliche zu fallen ſchien. Sie giengen voͤllig
nackend, und hatten bloß ein klein Stuͤck Zeug, eben der Art, als das Tahitiſche
um die Huͤften; Bart und Haare ſind glaͤnzend und ſchwarz, und ihre Sprache
der Tahitiſchen aͤhnlicher als andre Suͤdſee-Dialecte, jedoch mit dem Unter-
ſchiede, daß ſie kein R. ausſprechen konnten. Ihre Boote waren ſehr ſchmal und
beſtanden aus leicht zuſammengenaͤheten Brettern. Die Ruderſchaufeln waren
den Tahitiſchen aͤhnlich und oberhalb mit einem runden Knopf verſehen. Wir
fragten hauptſaͤchlich nach Schweinen, und bathen, daß man uns einige
bringen moͤgte. Gegen Abend hatten wir auch das Vergnuͤgen, eines neben dem
Schiffe zu ſehen, und man uͤberließ es uns fuͤr ein Meſſer. Sobald es dun-
kel ward, verloren ſich die Canots, nach dem allgemeinen Gebrauche der Suͤd-
ſee-Voͤker, die ſogar durch den außerordentlichen Anblick eines europaͤiſchen
Schiffes niemals in Verſuchung gerathen, eine Nacht ſchlaflos hinzubringen.

Die
†) Capitain Cook will bemerkt haben, daß in jedem Kahn ein Haufen Steine gelegen, und
alle, die darinne ſaßen, eine Schleuder um den Kopf gebunden hatten.
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[8/0018] Forſter’s Reiſe um die Welt dem wir die Seegel wieder gerichtet hatten, lavirten wir gluͤcklich hinein, und ankerten ohngefaͤhr um 5 Uhr im Eingange des Havens. Bey dem Wind- ſtoße waren ohngefaͤhr funfzehn Canots von unterſchiednen Gegenden des Ufers abgegangen und ganz nahe an unſer Schiff getrieben worden. Einige derſelben waren doppelt und mit funfzehn Ruderern; andre kleinere hingegen mit etwa drey bis zu ſieben Mann beſetzt. 1774. April. So bald die Anker ausgeworfen waren, luden wir die Einwohner unter aller- ley Freundſchafts-Zeichen, vermittelſt einer Anrede in Tahitiſcher Sprache ein, zu uns an Bord zu kommen. Sie wagten es aber ehe nicht, als bis ſie dicht am Schiff von ihren Canots aus, uns einige Pfefferwurzeln, zum Zeichen des Friedens, wie auf den Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln, dargeboten hatten. †) Sobald wir ſolche an das Tauwerk befeſtigt, verkauften ſie uns fuͤr Naͤgel, einige friſche Fiſche und große, voͤllig reife Brodfruͤchte, deren An- blick bey unſrer Schiffs-Geſellſchaft allgemeine Freude erweckte. Die Eingebohrnen waren wohlgemachte, ſchoͤne Leute von gelbli- cher oder hellbrauner Farbe; die aber der vielen Puncturen wegen, womit ſie am ganzen Leibe geziert waren, ins ſchwaͤrzliche zu fallen ſchien. Sie giengen voͤllig nackend, und hatten bloß ein klein Stuͤck Zeug, eben der Art, als das Tahitiſche um die Huͤften; Bart und Haare ſind glaͤnzend und ſchwarz, und ihre Sprache der Tahitiſchen aͤhnlicher als andre Suͤdſee-Dialecte, jedoch mit dem Unter- ſchiede, daß ſie kein R. ausſprechen konnten. Ihre Boote waren ſehr ſchmal und beſtanden aus leicht zuſammengenaͤheten Brettern. Die Ruderſchaufeln waren den Tahitiſchen aͤhnlich und oberhalb mit einem runden Knopf verſehen. Wir fragten hauptſaͤchlich nach Schweinen, und bathen, daß man uns einige bringen moͤgte. Gegen Abend hatten wir auch das Vergnuͤgen, eines neben dem Schiffe zu ſehen, und man uͤberließ es uns fuͤr ein Meſſer. Sobald es dun- kel ward, verloren ſich die Canots, nach dem allgemeinen Gebrauche der Suͤd- ſee-Voͤker, die ſogar durch den außerordentlichen Anblick eines europaͤiſchen Schiffes niemals in Verſuchung gerathen, eine Nacht ſchlaflos hinzubringen. Die †) Capitain Cook will bemerkt haben, daß in jedem Kahn ein Haufen Steine gelegen, und alle, die darinne ſaßen, eine Schleuder um den Kopf gebunden hatten.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/18>, abgerufen am 28.04.2024.