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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Gleich nach Verschwindung der Nebel entdeckten wir viel thurmähnliche spitzige Fel-1774.
April.

sen, auch mitten in der Insel einige hohle Bergspitzen, die zu beweisen schienen, daß
feuerspeyende Berge und Erdbeben an der jetzigen Gestalt und Beschaffenheit des
Landes vielen Antheil haben. Der ganze östliche Theil besteht aus einer fürchterlich
steilen, hohen Felsenwand, die dem Auge wechselsweise schroffe Bergspitzen und
aufgerissene Abgründe zeigt.

S. Pedro ist eine kleine Insel von mindrer Höhe; sie kam uns aber we-
der sonderlich fruchtbar, noch stark bewohnt vor. S. Christina hingegen, die
am weitesten gegen Westen liegt, schien unter allen das meiste zu verspre-
chen. Ob sie gleich hoch und steil ist, so findet man doch unterschiedne Thäler,
die gegen die See hin sich erweitern und die Wälder reichten bis an die Spitze der
Berge hinauf. Um 3 Uhr kamen wir zwischen dem südlichen Ende von
Dominica und dem nordöstlichen Theile von S. Christina, in die Straße, die
hier ohngefähr zwo Meilen weit ist. Wir entdeckten auf beyden Inseln, zwischen
den Bergen, einige angenehme Thäler; solche Ebnen aber, dergleichen die So-
cietäts-Inseln
verschönern, suchte man hier vergebens. Bey alledem sahe die
Küste von S. Christina doch so anmuthig aus, daß sie uns, wie jeden
andern eben so ausgemergelten Seefahrer, mit neuer Hoffnung belebte.
Wir fuhren bey unterschiednen kleinen Buchten vorüber, auf deren
Strande die See eine hohe Brandung schlug. Die beyden vorspringenden
Spitzen dieser Buchten, schlossen ein Thal ein, das uns, seiner schönen Wälder,
und Pflanzungen und des lebhaft grünen Bodens wegen ungemein gut gefiel. Auf
dem Strande sahen wir einige Einwohner hin und her laufen, welche das Schiff
neugierig angafften. Einige brachten ihre Canots ins Wasser und versuch-
ten uns nachzukommen; der starke Wind aber trieb das Schiff so schnell fort,
daß sie weit zurückbleiben mußten. An der Westseite der Insel fan-
den wir einen reizenden Haven, und wünschten sehnlich, darinn Anker wer-
fen zu können. Als wir uns aber eben drehten, um darinn einzulau-
fen, saußte ein starker Windstos über die hohen Berge mit solcher Ge-
walt herab, daß das Schiff ganz auf die Seite zu liegen kam, die mittlere
Bram-Stange verloren gieng, und wir selbst mit genauer Noth der Gefahr
entkamen, an der südlichen Spitze des Havens zu stranden. Nach-

in den Jahren 1772 bis 1775.
Gleich nach Verſchwindung der Nebel entdeckten wir viel thurmaͤhnliche ſpitzige Fel-1774.
April.

ſen, auch mitten in der Inſel einige hohle Bergſpitzen, die zu beweiſen ſchienen, daß
feuerſpeyende Berge und Erdbeben an der jetzigen Geſtalt und Beſchaffenheit des
Landes vielen Antheil haben. Der ganze oͤſtliche Theil beſteht aus einer fuͤrchterlich
ſteilen, hohen Felſenwand, die dem Auge wechſelsweiſe ſchroffe Bergſpitzen und
aufgeriſſene Abgruͤnde zeigt.

S. Pedro iſt eine kleine Inſel von mindrer Hoͤhe; ſie kam uns aber we-
der ſonderlich fruchtbar, noch ſtark bewohnt vor. S. Chriſtina hingegen, die
am weiteſten gegen Weſten liegt, ſchien unter allen das meiſte zu verſpre-
chen. Ob ſie gleich hoch und ſteil iſt, ſo findet man doch unterſchiedne Thaͤler,
die gegen die See hin ſich erweitern und die Waͤlder reichten bis an die Spitze der
Berge hinauf. Um 3 Uhr kamen wir zwiſchen dem ſuͤdlichen Ende von
Dominica und dem nordoͤſtlichen Theile von S. Chriſtina, in die Straße, die
hier ohngefaͤhr zwo Meilen weit iſt. Wir entdeckten auf beyden Inſeln, zwiſchen
den Bergen, einige angenehme Thaͤler; ſolche Ebnen aber, dergleichen die So-
cietaͤts-Inſeln
verſchoͤnern, ſuchte man hier vergebens. Bey alledem ſahe die
Kuͤſte von S. Chriſtina doch ſo anmuthig aus, daß ſie uns, wie jeden
andern eben ſo ausgemergelten Seefahrer, mit neuer Hoffnung belebte.
Wir fuhren bey unterſchiednen kleinen Buchten voruͤber, auf deren
Strande die See eine hohe Brandung ſchlug. Die beyden vorſpringenden
Spitzen dieſer Buchten, ſchloſſen ein Thal ein, das uns, ſeiner ſchoͤnen Waͤlder,
und Pflanzungen und des lebhaft gruͤnen Bodens wegen ungemein gut gefiel. Auf
dem Strande ſahen wir einige Einwohner hin und her laufen, welche das Schiff
neugierig angafften. Einige brachten ihre Canots ins Waſſer und verſuch-
ten uns nachzukommen; der ſtarke Wind aber trieb das Schiff ſo ſchnell fort,
daß ſie weit zuruͤckbleiben mußten. An der Weſtſeite der Inſel fan-
den wir einen reizenden Haven, und wuͤnſchten ſehnlich, darinn Anker wer-
fen zu koͤnnen. Als wir uns aber eben drehten, um darinn einzulau-
fen, ſaußte ein ſtarker Windſtos uͤber die hohen Berge mit ſolcher Ge-
walt herab, daß das Schiff ganz auf die Seite zu liegen kam, die mittlere
Bram-Stange verloren gieng, und wir ſelbſt mit genauer Noth der Gefahr
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[7/0017] in den Jahren 1772 bis 1775. Gleich nach Verſchwindung der Nebel entdeckten wir viel thurmaͤhnliche ſpitzige Fel- ſen, auch mitten in der Inſel einige hohle Bergſpitzen, die zu beweiſen ſchienen, daß feuerſpeyende Berge und Erdbeben an der jetzigen Geſtalt und Beſchaffenheit des Landes vielen Antheil haben. Der ganze oͤſtliche Theil beſteht aus einer fuͤrchterlich ſteilen, hohen Felſenwand, die dem Auge wechſelsweiſe ſchroffe Bergſpitzen und aufgeriſſene Abgruͤnde zeigt. 1774. April. S. Pedro iſt eine kleine Inſel von mindrer Hoͤhe; ſie kam uns aber we- der ſonderlich fruchtbar, noch ſtark bewohnt vor. S. Chriſtina hingegen, die am weiteſten gegen Weſten liegt, ſchien unter allen das meiſte zu verſpre- chen. Ob ſie gleich hoch und ſteil iſt, ſo findet man doch unterſchiedne Thaͤler, die gegen die See hin ſich erweitern und die Waͤlder reichten bis an die Spitze der Berge hinauf. Um 3 Uhr kamen wir zwiſchen dem ſuͤdlichen Ende von Dominica und dem nordoͤſtlichen Theile von S. Chriſtina, in die Straße, die hier ohngefaͤhr zwo Meilen weit iſt. Wir entdeckten auf beyden Inſeln, zwiſchen den Bergen, einige angenehme Thaͤler; ſolche Ebnen aber, dergleichen die So- cietaͤts-Inſeln verſchoͤnern, ſuchte man hier vergebens. Bey alledem ſahe die Kuͤſte von S. Chriſtina doch ſo anmuthig aus, daß ſie uns, wie jeden andern eben ſo ausgemergelten Seefahrer, mit neuer Hoffnung belebte. Wir fuhren bey unterſchiednen kleinen Buchten voruͤber, auf deren Strande die See eine hohe Brandung ſchlug. Die beyden vorſpringenden Spitzen dieſer Buchten, ſchloſſen ein Thal ein, das uns, ſeiner ſchoͤnen Waͤlder, und Pflanzungen und des lebhaft gruͤnen Bodens wegen ungemein gut gefiel. Auf dem Strande ſahen wir einige Einwohner hin und her laufen, welche das Schiff neugierig angafften. Einige brachten ihre Canots ins Waſſer und verſuch- ten uns nachzukommen; der ſtarke Wind aber trieb das Schiff ſo ſchnell fort, daß ſie weit zuruͤckbleiben mußten. An der Weſtſeite der Inſel fan- den wir einen reizenden Haven, und wuͤnſchten ſehnlich, darinn Anker wer- fen zu koͤnnen. Als wir uns aber eben drehten, um darinn einzulau- fen, ſaußte ein ſtarker Windſtos uͤber die hohen Berge mit ſolcher Ge- walt herab, daß das Schiff ganz auf die Seite zu liegen kam, die mittlere Bram-Stange verloren gieng, und wir ſelbſt mit genauer Noth der Gefahr entkamen, an der ſuͤdlichen Spitze des Havens zu ſtranden. Nach-

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/17>, abgerufen am 27.04.2024.