Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.Forster's Reise um die Welt 1774.May.chen einen Hiwa oder Tanz aufführen sehen. Sie waren aber weder so reich ge- kleidet, noch in ihrer Kunst so geschickt als Poyadua. Ihr Tamau, oder Kopf- putz von geflochtnen Haaren, war nicht in Form eines Turbans aufgesetzt, son- dern machte verschiedne große Locken aus, die eine gute Würkung auf das Auge thaten und gewissermaaßen den hohen Frisuren unserer neumodischen Damen ähnlich sahen. Nachmittags tanzte Poyadua wiederum, und es schien fast als ob To dress, to dance, to sing, their sole delight Pope's Homer. Forſter’s Reiſe um die Welt 1774.May.chen einen Hiwa oder Tanz auffuͤhren ſehen. Sie waren aber weder ſo reich ge- kleidet, noch in ihrer Kunſt ſo geſchickt als Poyadua. Ihr Tamau, oder Kopf- putz von geflochtnen Haaren, war nicht in Form eines Turbans aufgeſetzt, ſon- dern machte verſchiedne große Locken aus, die eine gute Wuͤrkung auf das Auge thaten und gewiſſermaaßen den hohen Friſuren unſerer neumodiſchen Damen aͤhnlich ſahen. Nachmittags tanzte Poyadua wiederum, und es ſchien faſt als ob To dreſſ, to dance, to ſing, their ſole delight Pope’s Homer. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0122" n="110"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/> May.</note>chen einen Hiwa oder Tanz auffuͤhren ſehen. Sie waren aber weder ſo reich ge-<lb/> kleidet, noch in ihrer Kunſt ſo geſchickt als <hi rendition="#fr"><persName>Poyadua</persName></hi>. Ihr <hi rendition="#fr">Tamau</hi>, oder Kopf-<lb/> putz von geflochtnen Haaren, war nicht in Form eines Turbans aufgeſetzt, ſon-<lb/> dern machte verſchiedne große Locken aus, die eine gute Wuͤrkung auf das Auge<lb/> thaten und gewiſſermaaßen den hohen Friſuren unſerer neumodiſchen Damen<lb/> aͤhnlich ſahen.</p><lb/> <p>Nachmittags tanzte <hi rendition="#fr"><persName>Poyadua</persName></hi> wiederum, und es ſchien faſt als ob<lb/> ſie ihre uͤbrigen Geſpielen diesmal ausſtechen wollte, wenigſtens hatte ſie ſich<lb/> mehr als gewoͤhnlich ausgeputzt und mit einer Menge von allerhand Europaͤi-<lb/> ſchen Glas-Corallen behangen. Ihre bewundernswuͤrdige Gelenkigkeit, die<lb/> reizende Bewegung ihrer Arme, und das ſchnelle zitternde Spiel der Finger,<lb/> wurden von den Indianern eben ſo ſehr, als die Kuͤnſte der Opern-Taͤnzerinnen<lb/> von <hi rendition="#fr">uns</hi> bewundert. Doch verdiente <hi rendition="#fr"><persName>Poyadua</persName></hi> auch <hi rendition="#fr">unſern</hi> Beyfall, wenig-<lb/> ſtens um deswillen, daß ſie ihre Geſchicklichkeit nicht einem Lehrer, ſondern blos<lb/> der eigenen Ausbildung ihres natuͤrlichen Talentes zu verdanken hatte. Nur dar-<lb/> inn konnten wir dem Nationalgeſchmack nicht beyſtimmen, daß die außer-<lb/> ordentlichen Verzerrungen des Mundes ſchoͤn ſeyn ſollten! unſerm Urtheil nach,<lb/> waren ſie vielmehr recht haͤßlich und ſo gar abſcheulich. Zu dieſen oͤfteren dra-<lb/> matiſchen Vorſtellungen gab blos die Anweſenheit der <hi rendition="#fr">Errioys</hi> Anlaß. Ihre<lb/> Gegenwart ſchien die ganze Inſel zu beleben, und jedermann froͤlich zu machen,<lb/> auch giengen ſie ſelbſt hierinn den uͤbrigen mit gutem Exempel vor. Sie putzten<lb/> ſich aufs beſte heraus und erſchienen faſt alle Tage in einem andern Kleide.<lb/> Der ganze Tag ward in Wohlleben und Muͤßiggang zugebracht: Sie ſalbten ſich<lb/> die Haare mit wohlriechendem Oel, ſangen, oder ſpielten die Floͤte, kurz ein<lb/> Vergnuͤgen wechſelte mit dem andern ab, und keine derer Gluͤckſeligkeiten, die<lb/> man hier zu Lande haben kann, blieb ungenoſſen. Dies erinnerte mich an je-<lb/> nes gluͤckliche, im Schooß des Ueberfluſſes gewiegte Volk, das Ulyſſes in Phaͤacien<lb/> antraf, und von dem <persName>Pope</persName> ſagt:</p><lb/> <cit> <quote> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#i"> <hi rendition="#aq">To dreſſ, to dance, to ſing, their ſole delight<lb/> The feaſt or bath by day and love by night.</hi> </hi> </hi> </quote><lb/> <bibl> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#k"> <hi rendition="#aq"><persName>Pope’s</persName> Homer.</hi> </hi> </hi> </hi> </bibl> </cit><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [110/0122]
Forſter’s Reiſe um die Welt
chen einen Hiwa oder Tanz auffuͤhren ſehen. Sie waren aber weder ſo reich ge-
kleidet, noch in ihrer Kunſt ſo geſchickt als Poyadua. Ihr Tamau, oder Kopf-
putz von geflochtnen Haaren, war nicht in Form eines Turbans aufgeſetzt, ſon-
dern machte verſchiedne große Locken aus, die eine gute Wuͤrkung auf das Auge
thaten und gewiſſermaaßen den hohen Friſuren unſerer neumodiſchen Damen
aͤhnlich ſahen.
1774.
May.
Nachmittags tanzte Poyadua wiederum, und es ſchien faſt als ob
ſie ihre uͤbrigen Geſpielen diesmal ausſtechen wollte, wenigſtens hatte ſie ſich
mehr als gewoͤhnlich ausgeputzt und mit einer Menge von allerhand Europaͤi-
ſchen Glas-Corallen behangen. Ihre bewundernswuͤrdige Gelenkigkeit, die
reizende Bewegung ihrer Arme, und das ſchnelle zitternde Spiel der Finger,
wurden von den Indianern eben ſo ſehr, als die Kuͤnſte der Opern-Taͤnzerinnen
von uns bewundert. Doch verdiente Poyadua auch unſern Beyfall, wenig-
ſtens um deswillen, daß ſie ihre Geſchicklichkeit nicht einem Lehrer, ſondern blos
der eigenen Ausbildung ihres natuͤrlichen Talentes zu verdanken hatte. Nur dar-
inn konnten wir dem Nationalgeſchmack nicht beyſtimmen, daß die außer-
ordentlichen Verzerrungen des Mundes ſchoͤn ſeyn ſollten! unſerm Urtheil nach,
waren ſie vielmehr recht haͤßlich und ſo gar abſcheulich. Zu dieſen oͤfteren dra-
matiſchen Vorſtellungen gab blos die Anweſenheit der Errioys Anlaß. Ihre
Gegenwart ſchien die ganze Inſel zu beleben, und jedermann froͤlich zu machen,
auch giengen ſie ſelbſt hierinn den uͤbrigen mit gutem Exempel vor. Sie putzten
ſich aufs beſte heraus und erſchienen faſt alle Tage in einem andern Kleide.
Der ganze Tag ward in Wohlleben und Muͤßiggang zugebracht: Sie ſalbten ſich
die Haare mit wohlriechendem Oel, ſangen, oder ſpielten die Floͤte, kurz ein
Vergnuͤgen wechſelte mit dem andern ab, und keine derer Gluͤckſeligkeiten, die
man hier zu Lande haben kann, blieb ungenoſſen. Dies erinnerte mich an je-
nes gluͤckliche, im Schooß des Ueberfluſſes gewiegte Volk, das Ulyſſes in Phaͤacien
antraf, und von dem Pope ſagt:
To dreſſ, to dance, to ſing, their ſole delight
The feaſt or bath by day and love by night.
Pope’s Homer.
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