Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1774.
May.
chem Befehl zuwider, der große Haufe von Indianern, der zurück-
bleiben sollte, dennoch langsam nachkam; so dünkte es ihm der Klugheit ge-
mäß, den ganzen Operations-Plan aufzugeben und geraden Weges wieder um-
zukehren und die Indianer ließen sich leicht bereden, es geschehe aus kei-
ner andern Ursach, als weil der Feind schon zu weit entfernt sey und man
ihn nicht weiter verfolgen mögte. Auf der Hälfte des Rückweges, kamen
wir bey einem geräumlichen Hause vorüber, darinn uns Ori Cocos-Nüsse vor-
setzen ließ. Während daß wir diese Erfrischungen verzehrten, brachten einige
Indianer junge Pisang-Sprossen, nebst zween Hunden, und einem Ferken
herbey. Alles dieses überreichten sie dem Capitain nach einer langen Rede, da-
von wir zwar herzlich wenig verstanden, die sich aber, allen Umständen nach,
auf die Veranlassung unseres Feldzuges beziehen mußte. Außerdem ward uns
noch ein großes Schwein vorgezeigt, aber auch wieder weggetrieben. So bald
diese Ceremonie vorüber war, eilten wir nach dem Strande hin und kamen da-
selbst um Mittagszeit an. Der Capitain ließ die Mannschaft, dem Schiffe
gegen über, ihre Gewehre Plotton-weise in die See feuern, und wir vergnügten
uns an dem Erstaunen der Indianer, die nicht vermuthet hatten, daß die Kugeln so
weit reichten, und daß wir mit unsern Flinten ein beständiges Feuer unterhalten
könnten. Solchergestalt lief die vorgehabte Kriegs-Expedition ohne Blut-
vergießen ab, so wie es alle diejenigen unter uns gewünscht hatten, denen das Le-
ben ihrer Mitmenschen keine geringschätzige Kleinigkeit zu seyn dünkte. Andere
hingegen schienen ganz unzufrieden damit, daß es nicht zum Todschlagen gekommen
war. An die schrecklichen Auftritte des Krieges und Blutvergießens gewöhnt,
thaten sie, als ob es gleich viel sey, nach Menschen, oder nach einem Ziele
zu schießen.

Unser militärischer Kreuzzug mogte die Insulaner abgeschreckt haben, an
Bord zu kommen, wenigstens wurden diesen Nachmittag nur wenig Früchte zum
Verkauf gebracht. Den andern Morgen aber erhielten wir von unsern Bekannten
mancherley Geschenke, zum Zeichen, daß nun alles wieder beygelegt sey. Unter andern
besuchte uns auch ein Befehlshaber, Namens Morurua, der eine besondre Zu-
neigung gegen meinen Vater gefaßt hatte, in Begleitung seiner Frau und allen
Angehörigen. Keiner kam mit leeren Händen, und daher ließen auch wir niemand

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
May.
chem Befehl zuwider, der große Haufe von Indianern, der zuruͤck-
bleiben ſollte, dennoch langſam nachkam; ſo duͤnkte es ihm der Klugheit ge-
maͤß, den ganzen Operations-Plan aufzugeben und geraden Weges wieder um-
zukehren und die Indianer ließen ſich leicht bereden, es geſchehe aus kei-
ner andern Urſach, als weil der Feind ſchon zu weit entfernt ſey und man
ihn nicht weiter verfolgen moͤgte. Auf der Haͤlfte des Ruͤckweges, kamen
wir bey einem geraͤumlichen Hauſe voruͤber, darinn uns Ori Cocos-Nuͤſſe vor-
ſetzen ließ. Waͤhrend daß wir dieſe Erfriſchungen verzehrten, brachten einige
Indianer junge Piſang-Sproſſen, nebſt zween Hunden, und einem Ferken
herbey. Alles dieſes uͤberreichten ſie dem Capitain nach einer langen Rede, da-
von wir zwar herzlich wenig verſtanden, die ſich aber, allen Umſtaͤnden nach,
auf die Veranlaſſung unſeres Feldzuges beziehen mußte. Außerdem ward uns
noch ein großes Schwein vorgezeigt, aber auch wieder weggetrieben. So bald
dieſe Ceremonie voruͤber war, eilten wir nach dem Strande hin und kamen da-
ſelbſt um Mittagszeit an. Der Capitain ließ die Mannſchaft, dem Schiffe
gegen uͤber, ihre Gewehre Plotton-weiſe in die See feuern, und wir vergnuͤgten
uns an dem Erſtaunen der Indianer, die nicht vermuthet hatten, daß die Kugeln ſo
weit reichten, und daß wir mit unſern Flinten ein beſtaͤndiges Feuer unterhalten
koͤnnten. Solchergeſtalt lief die vorgehabte Kriegs-Expedition ohne Blut-
vergießen ab, ſo wie es alle diejenigen unter uns gewuͤnſcht hatten, denen das Le-
ben ihrer Mitmenſchen keine geringſchaͤtzige Kleinigkeit zu ſeyn duͤnkte. Andere
hingegen ſchienen ganz unzufrieden damit, daß es nicht zum Todſchlagen gekommen
war. An die ſchrecklichen Auftritte des Krieges und Blutvergießens gewoͤhnt,
thaten ſie, als ob es gleich viel ſey, nach Menſchen, oder nach einem Ziele
zu ſchießen.

Unſer militaͤriſcher Kreuzzug mogte die Inſulaner abgeſchreckt haben, an
Bord zu kommen, wenigſtens wurden dieſen Nachmittag nur wenig Fruͤchte zum
Verkauf gebracht. Den andern Morgen aber erhielten wir von unſern Bekannten
mancherley Geſchenke, zum Zeichen, daß nun alles wieder beygelegt ſey. Unter andern
beſuchte uns auch ein Befehlshaber, Namens Morurua, der eine beſondre Zu-
neigung gegen meinen Vater gefaßt hatte, in Begleitung ſeiner Frau und allen
Angehoͤrigen. Keiner kam mit leeren Haͤnden, und daher ließen auch wir niemand

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0110" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/>
May.</note>chem Befehl zuwider, der große Haufe von Indianern, der zuru&#x0364;ck-<lb/>
bleiben &#x017F;ollte, dennoch lang&#x017F;am nachkam; &#x017F;o du&#x0364;nkte es ihm der Klugheit ge-<lb/>
ma&#x0364;ß, den ganzen Operations-Plan aufzugeben und geraden Weges wieder um-<lb/>
zukehren und die Indianer ließen &#x017F;ich leicht bereden, es ge&#x017F;chehe aus kei-<lb/>
ner andern Ur&#x017F;ach, als weil der Feind &#x017F;chon zu weit entfernt &#x017F;ey und man<lb/>
ihn nicht weiter verfolgen mo&#x0364;gte. Auf der Ha&#x0364;lfte des Ru&#x0364;ckweges, kamen<lb/>
wir bey einem gera&#x0364;umlichen Hau&#x017F;e voru&#x0364;ber, darinn uns <hi rendition="#fr"><persName>Ori</persName></hi> Cocos-Nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e vor-<lb/>
&#x017F;etzen ließ. Wa&#x0364;hrend daß wir die&#x017F;e Erfri&#x017F;chungen verzehrten, brachten einige<lb/>
Indianer junge <hi rendition="#fr">Pi&#x017F;ang-Spro&#x017F;&#x017F;en,</hi> neb&#x017F;t zween <hi rendition="#fr">Hunden,</hi> und einem <hi rendition="#fr">Ferken</hi><lb/>
herbey. Alles die&#x017F;es u&#x0364;berreichten &#x017F;ie dem Capitain nach einer langen Rede, da-<lb/>
von wir zwar herzlich wenig ver&#x017F;tanden, die &#x017F;ich aber, allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden nach,<lb/>
auf die Veranla&#x017F;&#x017F;ung un&#x017F;eres Feldzuges beziehen mußte. Außerdem ward uns<lb/>
noch ein großes Schwein vorgezeigt, aber auch wieder weggetrieben. So bald<lb/>
die&#x017F;e Ceremonie voru&#x0364;ber war, eilten wir nach dem Strande hin und kamen da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t um Mittagszeit an. Der Capitain ließ die Mann&#x017F;chaft, dem Schiffe<lb/>
gegen u&#x0364;ber, ihre Gewehre Plotton-wei&#x017F;e in die See feuern, und wir vergnu&#x0364;gten<lb/>
uns an dem Er&#x017F;taunen der Indianer, die nicht vermuthet hatten, daß die Kugeln &#x017F;o<lb/>
weit reichten, und daß wir mit un&#x017F;ern Flinten ein be&#x017F;ta&#x0364;ndiges Feuer unterhalten<lb/>
ko&#x0364;nnten. Solcherge&#x017F;talt lief die vorgehabte Kriegs-Expedition ohne Blut-<lb/>
vergießen ab, &#x017F;o wie es alle diejenigen unter uns gewu&#x0364;n&#x017F;cht hatten, denen das Le-<lb/>
ben ihrer Mitmen&#x017F;chen keine gering&#x017F;cha&#x0364;tzige Kleinigkeit zu &#x017F;eyn du&#x0364;nkte. Andere<lb/>
hingegen &#x017F;chienen ganz unzufrieden damit, daß es nicht zum Tod&#x017F;chlagen gekommen<lb/>
war. An die &#x017F;chrecklichen Auftritte des Krieges und Blutvergießens gewo&#x0364;hnt,<lb/>
thaten &#x017F;ie, als ob es gleich viel &#x017F;ey, nach Men&#x017F;chen, oder nach einem Ziele<lb/>
zu &#x017F;chießen.</p><lb/>
        <p>Un&#x017F;er milita&#x0364;ri&#x017F;cher Kreuzzug mogte die In&#x017F;ulaner abge&#x017F;chreckt haben, an<lb/>
Bord zu kommen, wenig&#x017F;tens wurden die&#x017F;en Nachmittag nur wenig Fru&#x0364;chte zum<lb/>
Verkauf gebracht. Den andern Morgen aber erhielten wir von un&#x017F;ern Bekannten<lb/>
mancherley Ge&#x017F;chenke, zum Zeichen, daß nun alles wieder beygelegt &#x017F;ey. Unter andern<lb/>
be&#x017F;uchte uns auch ein Befehlshaber, Namens <hi rendition="#fr"><persName>Morurua</persName>,</hi> der eine be&#x017F;ondre Zu-<lb/>
neigung gegen meinen Vater gefaßt hatte, in Begleitung &#x017F;einer Frau und allen<lb/>
Angeho&#x0364;rigen. Keiner kam mit leeren Ha&#x0364;nden, und daher ließen auch wir niemand<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[98/0110] Forſter’s Reiſe um die Welt chem Befehl zuwider, der große Haufe von Indianern, der zuruͤck- bleiben ſollte, dennoch langſam nachkam; ſo duͤnkte es ihm der Klugheit ge- maͤß, den ganzen Operations-Plan aufzugeben und geraden Weges wieder um- zukehren und die Indianer ließen ſich leicht bereden, es geſchehe aus kei- ner andern Urſach, als weil der Feind ſchon zu weit entfernt ſey und man ihn nicht weiter verfolgen moͤgte. Auf der Haͤlfte des Ruͤckweges, kamen wir bey einem geraͤumlichen Hauſe voruͤber, darinn uns Ori Cocos-Nuͤſſe vor- ſetzen ließ. Waͤhrend daß wir dieſe Erfriſchungen verzehrten, brachten einige Indianer junge Piſang-Sproſſen, nebſt zween Hunden, und einem Ferken herbey. Alles dieſes uͤberreichten ſie dem Capitain nach einer langen Rede, da- von wir zwar herzlich wenig verſtanden, die ſich aber, allen Umſtaͤnden nach, auf die Veranlaſſung unſeres Feldzuges beziehen mußte. Außerdem ward uns noch ein großes Schwein vorgezeigt, aber auch wieder weggetrieben. So bald dieſe Ceremonie voruͤber war, eilten wir nach dem Strande hin und kamen da- ſelbſt um Mittagszeit an. Der Capitain ließ die Mannſchaft, dem Schiffe gegen uͤber, ihre Gewehre Plotton-weiſe in die See feuern, und wir vergnuͤgten uns an dem Erſtaunen der Indianer, die nicht vermuthet hatten, daß die Kugeln ſo weit reichten, und daß wir mit unſern Flinten ein beſtaͤndiges Feuer unterhalten koͤnnten. Solchergeſtalt lief die vorgehabte Kriegs-Expedition ohne Blut- vergießen ab, ſo wie es alle diejenigen unter uns gewuͤnſcht hatten, denen das Le- ben ihrer Mitmenſchen keine geringſchaͤtzige Kleinigkeit zu ſeyn duͤnkte. Andere hingegen ſchienen ganz unzufrieden damit, daß es nicht zum Todſchlagen gekommen war. An die ſchrecklichen Auftritte des Krieges und Blutvergießens gewoͤhnt, thaten ſie, als ob es gleich viel ſey, nach Menſchen, oder nach einem Ziele zu ſchießen. 1774. May. Unſer militaͤriſcher Kreuzzug mogte die Inſulaner abgeſchreckt haben, an Bord zu kommen, wenigſtens wurden dieſen Nachmittag nur wenig Fruͤchte zum Verkauf gebracht. Den andern Morgen aber erhielten wir von unſern Bekannten mancherley Geſchenke, zum Zeichen, daß nun alles wieder beygelegt ſey. Unter andern beſuchte uns auch ein Befehlshaber, Namens Morurua, der eine beſondre Zu- neigung gegen meinen Vater gefaßt hatte, in Begleitung ſeiner Frau und allen Angehoͤrigen. Keiner kam mit leeren Haͤnden, und daher ließen auch wir niemand

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/110
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/110>, abgerufen am 12.05.2024.