unbeschenkt von uns. Morurua aber hielt sich durch das, was wir ihm1774. May. gaben, weit über sein Verdienst belohnt, und gab uns durch redende Blicke, seine Freude und Dankbarkeit dafür zu erkennen. Am folgenden Morgen, als wir eben von der Insel abseegeln wollten, kam er nochmals an Bord, brachte uns wiederum Geschenke und nahm endlich mit vielen Thränen Abschied.
Maheinens drey Freunde blieben bey unserer Abreise allhier zurück, dagegen nahmen wir einen andern Indianer an Bord, den Ori mit einer Both- schaft an O-Puni, den König von Borabora abschickte. Dieser Abgesand- te schien ein sehr einfältiger Tropf zu seyn; doch ließ er sich das Geheimniß sei- nes Auftrages nicht abfragen, woran uns auch, im Grunde so gar viel nicht gelegen war. Sein Name schickte sich ungemein gut zu seinem jetzigen Ge- schäfft, denn er hieß Hurry-Hurry, welches im Englischen so viel als Eile, Eile! bedeutet.
Am nächsten Mittage (den 24) ankerten wir bey der Insel Raietea, und zwar in. Haven Hamaneno, brachten aber bis Abends zu, ehe wir das Schiff mitten in den Haven hereinbugsieren konnten. Der Befehlshaber O- Rea kam an Bord und schien höchst vergnügt über unsre Wiederkunft. Ohne Zweifel mußte es uns auch durchgehends zur großen Empfehlung gerei- chen, daß Maheine und Hurry-Hurry sich uns anvertrauet hatten. Am folgenden Morgen begleiteten wir den Capitain nach Orea's Hause, wo- selbst wir seine Frau und seine Tochter Poyadua antrafen. Bey un- serm Eintritt in die Hütte waren diese beyde Frauenspersonen in vollem Weinen begriffen, und die Mutter verwundete sich den Kopf mit einem Hayfischzahne, und fieng die Blutstropfen mit einem Stückchen Zeug auf. Es dauerte jedoch nicht lange, so wurden sie beyde wiederum so lustig, als wenn gar nichts vorge- fallen wäre. Des heftigen Regens wegen konnten wir, erst um Mittag wieder nach dem Schiffe zurückkehren, welches unterdessen in eine enge Bucht nahe ans Land war gebracht worden, um bequemer Wasser einzunehmen.
Nachmittags machten wir, so weit das Regenwetter es zulassen wollte, an dieser Bucht einen Spatziergang. Längst dem Strande war eine unzählige Menge von Canots aufs Land gezogen, und jedes Haus und jede Hütte war ge- pfropft voll Menschen. Sie schickten sich zum Theil zu gesellschaftlichen Mahl-
N 2
in den Jahren 1772 bis 1775.
unbeſchenkt von uns. Morurua aber hielt ſich durch das, was wir ihm1774. May. gaben, weit uͤber ſein Verdienſt belohnt, und gab uns durch redende Blicke, ſeine Freude und Dankbarkeit dafuͤr zu erkennen. Am folgenden Morgen, als wir eben von der Inſel abſeegeln wollten, kam er nochmals an Bord, brachte uns wiederum Geſchenke und nahm endlich mit vielen Thraͤnen Abſchied.
Maheinens drey Freunde blieben bey unſerer Abreiſe allhier zuruͤck, dagegen nahmen wir einen andern Indianer an Bord, den Ori mit einer Both- ſchaft an O-Puni, den Koͤnig von Borabora abſchickte. Dieſer Abgeſand- te ſchien ein ſehr einfaͤltiger Tropf zu ſeyn; doch ließ er ſich das Geheimniß ſei- nes Auftrages nicht abfragen, woran uns auch, im Grunde ſo gar viel nicht gelegen war. Sein Name ſchickte ſich ungemein gut zu ſeinem jetzigen Ge- ſchaͤfft, denn er hieß Hurry-Hurry, welches im Engliſchen ſo viel als Eile, Eile! bedeutet.
Am naͤchſten Mittage (den 24) ankerten wir bey der Inſel Raietea, und zwar in. Haven Hamaneno, brachten aber bis Abends zu, ehe wir das Schiff mitten in den Haven hereinbugſieren konnten. Der Befehlshaber O- Rea kam an Bord und ſchien hoͤchſt vergnuͤgt uͤber unſre Wiederkunft. Ohne Zweifel mußte es uns auch durchgehends zur großen Empfehlung gerei- chen, daß Maheine und Hurry-Hurry ſich uns anvertrauet hatten. Am folgenden Morgen begleiteten wir den Capitain nach Orea’s Hauſe, wo- ſelbſt wir ſeine Frau und ſeine Tochter Poyadua antrafen. Bey un- ſerm Eintritt in die Huͤtte waren dieſe beyde Frauensperſonen in vollem Weinen begriffen, und die Mutter verwundete ſich den Kopf mit einem Hayfiſchzahne, und fieng die Blutstropfen mit einem Stuͤckchen Zeug auf. Es dauerte jedoch nicht lange, ſo wurden ſie beyde wiederum ſo luſtig, als wenn gar nichts vorge- fallen waͤre. Des heftigen Regens wegen konnten wir, erſt um Mittag wieder nach dem Schiffe zuruͤckkehren, welches unterdeſſen in eine enge Bucht nahe ans Land war gebracht worden, um bequemer Waſſer einzunehmen.
Nachmittags machten wir, ſo weit das Regenwetter es zulaſſen wollte, an dieſer Bucht einen Spatziergang. Laͤngſt dem Strande war eine unzaͤhlige Menge von Canots aufs Land gezogen, und jedes Haus und jede Huͤtte war ge- pfropft voll Menſchen. Sie ſchickten ſich zum Theil zu geſellſchaftlichen Mahl-
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[99/0111]
in den Jahren 1772 bis 1775.
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gaben, weit uͤber ſein Verdienſt belohnt, und gab uns durch redende Blicke,
ſeine Freude und Dankbarkeit dafuͤr zu erkennen. Am folgenden Morgen, als
wir eben von der Inſel abſeegeln wollten, kam er nochmals an Bord, brachte
uns wiederum Geſchenke und nahm endlich mit vielen Thraͤnen Abſchied.
1774.
May.
Maheinens drey Freunde blieben bey unſerer Abreiſe allhier zuruͤck,
dagegen nahmen wir einen andern Indianer an Bord, den Ori mit einer Both-
ſchaft an O-Puni, den Koͤnig von Borabora abſchickte. Dieſer Abgeſand-
te ſchien ein ſehr einfaͤltiger Tropf zu ſeyn; doch ließ er ſich das Geheimniß ſei-
nes Auftrages nicht abfragen, woran uns auch, im Grunde ſo gar viel nicht
gelegen war. Sein Name ſchickte ſich ungemein gut zu ſeinem jetzigen Ge-
ſchaͤfft, denn er hieß Hurry-Hurry, welches im Engliſchen ſo viel als Eile, Eile!
bedeutet.
Am naͤchſten Mittage (den 24) ankerten wir bey der Inſel Raietea,
und zwar in. Haven Hamaneno, brachten aber bis Abends zu, ehe wir das
Schiff mitten in den Haven hereinbugſieren konnten. Der Befehlshaber O-
Rea kam an Bord und ſchien hoͤchſt vergnuͤgt uͤber unſre Wiederkunft. Ohne
Zweifel mußte es uns auch durchgehends zur großen Empfehlung gerei-
chen, daß Maheine und Hurry-Hurry ſich uns anvertrauet hatten. Am
folgenden Morgen begleiteten wir den Capitain nach Orea’s Hauſe, wo-
ſelbſt wir ſeine Frau und ſeine Tochter Poyadua antrafen. Bey un-
ſerm Eintritt in die Huͤtte waren dieſe beyde Frauensperſonen in vollem Weinen
begriffen, und die Mutter verwundete ſich den Kopf mit einem Hayfiſchzahne,
und fieng die Blutstropfen mit einem Stuͤckchen Zeug auf. Es dauerte jedoch
nicht lange, ſo wurden ſie beyde wiederum ſo luſtig, als wenn gar nichts vorge-
fallen waͤre. Des heftigen Regens wegen konnten wir, erſt um Mittag wieder
nach dem Schiffe zuruͤckkehren, welches unterdeſſen in eine enge Bucht nahe
ans Land war gebracht worden, um bequemer Waſſer einzunehmen.
Nachmittags machten wir, ſo weit das Regenwetter es zulaſſen wollte,
an dieſer Bucht einen Spatziergang. Laͤngſt dem Strande war eine unzaͤhlige
Menge von Canots aufs Land gezogen, und jedes Haus und jede Huͤtte war ge-
pfropft voll Menſchen. Sie ſchickten ſich zum Theil zu geſellſchaftlichen Mahl-
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/111>, abgerufen am 24.07.2024.
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