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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
hatten. Dort fanden sie immer gelindes Wetter; blieben fast immer im Ge-1774.
Januar.

sicht des Landes, und dieses war selten so armselig und unfruchtbar, daß es ih-
nen nicht von Zeit zu Zeit einige Erfrischung gegeben haben sollte. Solch eine
Reise wäre für uns eine Lustreise gewesen; bey der beständigen Unterhaltung
mit neuen und größtentheils angenehmen Gegenständen, würden wir gutes
Muths, aufgeweckt und gesund, mit einem Wort, glücklich und fröhlich gewe-
sen seyn. Aber von alle dem, war unsre Reise gerade das Gegentheil. Die
Fahrt gegen Süden war ein ewiges und im höchsten Grade langweiliges Einer-
ley. Eis, Nebel, Stürme, und eine ungestüme See, machten finstere
Scenen, die selten genug durch einen vorübergehenden Sonnenblick erheitert
wurden. Das Clima war kalt, und unsere Nahrungsmittel beynahe verdorben
und ekelhaft. Kurz, wir lebten nur ein Pflanzen-Leben, verwelkten, und
wurden gegen alles gleichgültig, was sonst den Geist zu ermuntern pflegt. Unsre
Gesundheit, unser Gefühl, unsre Freuden opferten wir der leidigen Ehre
auf, einen unbeseegelten Strich durchkreuzt zu haben! Das war im eigentlichen
Verstande:


-- Propter vitam vivendi perdere causas.
Iuvenal.

Die gemeinen Matrosen waren eben so übel daran als die Officiers; aber aus
einer andern Ursach. Ihr Zwieback, der auf Neu-Seeland von neuem
gebacken und denn wieder eingepackt worden, war jetzt fast eben so elend
als zuvor. Bey der Musterung, welche man dort damit vorgenommen
hatte, war aus allzu großer Sparsamkeit nicht strenge genug verfahren,
und daher manches verdorbene Stück unter dem Eßbaren beybehalten worden;
theils lag es an den Fässern, die nicht genugsam durchräuchert und ausgetrock-
net waren. Von diesen halb verdorbnen Brod bekamen die Leute, aus öconomi-
schen Ursachen, nur zwey Drittel der gewöhnlichen Portion; da aber eine volle
Portion, selbst wenn sie ganz eßbar ist, ihren Mann kaum sättigt, so war der
verminderte Theil verdorbenen Brods natürlicherweise noch weit weniger hinrei-
chend. Dennoch blieben sie in dieser elenden Lage bis auf diesen Tag, da der erste

Forster's Reise u. d. W. erster Th. F f f

in den Jahren 1772 bis 1775.
hatten. Dort fanden ſie immer gelindes Wetter; blieben faſt immer im Ge-1774.
Januar.

ſicht des Landes, und dieſes war ſelten ſo armſelig und unfruchtbar, daß es ih-
nen nicht von Zeit zu Zeit einige Erfriſchung gegeben haben ſollte. Solch eine
Reiſe waͤre fuͤr uns eine Luſtreiſe geweſen; bey der beſtaͤndigen Unterhaltung
mit neuen und groͤßtentheils angenehmen Gegenſtaͤnden, wuͤrden wir gutes
Muths, aufgeweckt und geſund, mit einem Wort, gluͤcklich und froͤhlich gewe-
ſen ſeyn. Aber von alle dem, war unſre Reiſe gerade das Gegentheil. Die
Fahrt gegen Suͤden war ein ewiges und im hoͤchſten Grade langweiliges Einer-
ley. Eis, Nebel, Stuͤrme, und eine ungeſtuͤme See, machten finſtere
Scenen, die ſelten genug durch einen voruͤbergehenden Sonnenblick erheitert
wurden. Das Clima war kalt, und unſere Nahrungsmittel beynahe verdorben
und ekelhaft. Kurz, wir lebten nur ein Pflanzen-Leben, verwelkten, und
wurden gegen alles gleichguͤltig, was ſonſt den Geiſt zu ermuntern pflegt. Unſre
Geſundheit, unſer Gefuͤhl, unſre Freuden opferten wir der leidigen Ehre
auf, einen unbeſeegelten Strich durchkreuzt zu haben! Das war im eigentlichen
Verſtande:


Propter vitam vivendi perdere cauſas.
Iuvenal.

Die gemeinen Matroſen waren eben ſo uͤbel daran als die Officiers; aber aus
einer andern Urſach. Ihr Zwieback, der auf Neu-Seeland von neuem
gebacken und denn wieder eingepackt worden, war jetzt faſt eben ſo elend
als zuvor. Bey der Muſterung, welche man dort damit vorgenommen
hatte, war aus allzu großer Sparſamkeit nicht ſtrenge genug verfahren,
und daher manches verdorbene Stuͤck unter dem Eßbaren beybehalten worden;
theils lag es an den Faͤſſern, die nicht genugſam durchraͤuchert und ausgetrock-
net waren. Von dieſen halb verdorbnen Brod bekamen die Leute, aus oͤconomi-
ſchen Urſachen, nur zwey Drittel der gewoͤhnlichen Portion; da aber eine volle
Portion, ſelbſt wenn ſie ganz eßbar iſt, ihren Mann kaum ſaͤttigt, ſo war der
verminderte Theil verdorbenen Brods natuͤrlicherweiſe noch weit weniger hinrei-
chend. Dennoch blieben ſie in dieſer elenden Lage bis auf dieſen Tag, da der erſte

Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. F f f
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[409/0468] in den Jahren 1772 bis 1775. hatten. Dort fanden ſie immer gelindes Wetter; blieben faſt immer im Ge- ſicht des Landes, und dieſes war ſelten ſo armſelig und unfruchtbar, daß es ih- nen nicht von Zeit zu Zeit einige Erfriſchung gegeben haben ſollte. Solch eine Reiſe waͤre fuͤr uns eine Luſtreiſe geweſen; bey der beſtaͤndigen Unterhaltung mit neuen und groͤßtentheils angenehmen Gegenſtaͤnden, wuͤrden wir gutes Muths, aufgeweckt und geſund, mit einem Wort, gluͤcklich und froͤhlich gewe- ſen ſeyn. Aber von alle dem, war unſre Reiſe gerade das Gegentheil. Die Fahrt gegen Suͤden war ein ewiges und im hoͤchſten Grade langweiliges Einer- ley. Eis, Nebel, Stuͤrme, und eine ungeſtuͤme See, machten finſtere Scenen, die ſelten genug durch einen voruͤbergehenden Sonnenblick erheitert wurden. Das Clima war kalt, und unſere Nahrungsmittel beynahe verdorben und ekelhaft. Kurz, wir lebten nur ein Pflanzen-Leben, verwelkten, und wurden gegen alles gleichguͤltig, was ſonſt den Geiſt zu ermuntern pflegt. Unſre Geſundheit, unſer Gefuͤhl, unſre Freuden opferten wir der leidigen Ehre auf, einen unbeſeegelten Strich durchkreuzt zu haben! Das war im eigentlichen Verſtande: 1774. Januar. — Propter vitam vivendi perdere cauſas. Iuvenal. Die gemeinen Matroſen waren eben ſo uͤbel daran als die Officiers; aber aus einer andern Urſach. Ihr Zwieback, der auf Neu-Seeland von neuem gebacken und denn wieder eingepackt worden, war jetzt faſt eben ſo elend als zuvor. Bey der Muſterung, welche man dort damit vorgenommen hatte, war aus allzu großer Sparſamkeit nicht ſtrenge genug verfahren, und daher manches verdorbene Stuͤck unter dem Eßbaren beybehalten worden; theils lag es an den Faͤſſern, die nicht genugſam durchraͤuchert und ausgetrock- net waren. Von dieſen halb verdorbnen Brod bekamen die Leute, aus oͤconomi- ſchen Urſachen, nur zwey Drittel der gewoͤhnlichen Portion; da aber eine volle Portion, ſelbſt wenn ſie ganz eßbar iſt, ihren Mann kaum ſaͤttigt, ſo war der verminderte Theil verdorbenen Brods natuͤrlicherweiſe noch weit weniger hinrei- chend. Dennoch blieben ſie in dieſer elenden Lage bis auf dieſen Tag, da der erſte Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. F f f

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/468>, abgerufen am 22.11.2024.