Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. dieses großen Oceans ohnuntersucht zu lassen. So weit wir bis jetzt gekommen1774.Januar. waren, hatten wir nirgends Land, auch nicht einmal Anzeigen davon gesehen. Auf unserm ersten Zuge hatten wir die Süd-See in den mittlern Breiten, oder zwischen 40 und 50 Grad, durchkreuzt. Auf der diesmaligen Fahrt hatten wir, bis Weyhnachten, den größten Theil derselben zwischen 60 Grad und dem an- tarctischen Zirkel untersucht; und von Weyhnachten bis jetzt hatten wir, auf dem Lauf gen Norden, den Zwischenraum zwischen den beyden vorigen Zügen durchsee- gelt. Haben wir also Land verfehlt, so muß es ein Eyland seyn, das seiner Entfernung von Europa und seines rauhen Clima wegen, für England von kei- ner Wichtigkeit seyn kann. Es fällt einem Jeden in die Augen, daß, um eine so weitläuftige See, als die Süd-See ist, wegen des Daseyns oder Nicht Daseyns einer kleinen Insel zu untersuchen, viele Reisen in unendlichen Strichen erforderlich seyn würden, welches von einem Schiffe und auf einer Expedition nicht zu erwarten steht. Für uns ists genug, erwiesen zu haben, daß, unter dem gemäßigten Himmelsstrich in der Süd-See, kein großes festes Land anzutreffen sey, und wenn dergleichen überhaupt vorhanden seyn sollte, daß es "innerhalb des antarctischen Zirkels" liegen müsse. Unser langer Aufenthalt in diesen kaltem Himmelsstrich, fieng nunmehro Einige Tage lang steuerten wir gerade nach Nord-Ost; am 11ten die- in den Jahren 1772 bis 1775. dieſes großen Oceans ohnunterſucht zu laſſen. So weit wir bis jetzt gekommen1774.Januar. waren, hatten wir nirgends Land, auch nicht einmal Anzeigen davon geſehen. Auf unſerm erſten Zuge hatten wir die Suͤd-See in den mittlern Breiten, oder zwiſchen 40 und 50 Grad, durchkreuzt. Auf der diesmaligen Fahrt hatten wir, bis Weyhnachten, den groͤßten Theil derſelben zwiſchen 60 Grad und dem an- tarctiſchen Zirkel unterſucht; und von Weyhnachten bis jetzt hatten wir, auf dem Lauf gen Norden, den Zwiſchenraum zwiſchen den beyden vorigen Zuͤgen durchſee- gelt. Haben wir alſo Land verfehlt, ſo muß es ein Eyland ſeyn, das ſeiner Entfernung von Europa und ſeines rauhen Clima wegen, fuͤr England von kei- ner Wichtigkeit ſeyn kann. Es faͤllt einem Jeden in die Augen, daß, um eine ſo weitlaͤuftige See, als die Suͤd-See iſt, wegen des Daſeyns oder Nicht Daſeyns einer kleinen Inſel zu unterſuchen, viele Reiſen in unendlichen Strichen erforderlich ſeyn wuͤrden, welches von einem Schiffe und auf einer Expedition nicht zu erwarten ſteht. Fuͤr uns iſts genug, erwieſen zu haben, daß, unter dem gemaͤßigten Himmelsſtrich in der Suͤd-See, kein großes feſtes Land anzutreffen ſey, und wenn dergleichen uͤberhaupt vorhanden ſeyn ſollte, daß es “innerhalb des antarctiſchen Zirkels” liegen muͤſſe. Unſer langer Aufenthalt in dieſen kaltem Himmelsſtrich, fieng nunmehro Einige Tage lang ſteuerten wir gerade nach Nord-Oſt; am 11ten die- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0466" n="407"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/> dieſes großen Oceans ohnunterſucht zu laſſen. So weit wir bis jetzt gekommen<note place="right">1774.<lb/> Januar.</note><lb/> waren, hatten wir nirgends Land, auch nicht einmal Anzeigen davon geſehen.<lb/> Auf unſerm erſten Zuge hatten wir die <placeName>Suͤd-See</placeName> in den mittlern Breiten, oder<lb/> zwiſchen 40 und 50 Grad, durchkreuzt. Auf der diesmaligen Fahrt hatten wir,<lb/> bis Weyhnachten, den groͤßten Theil derſelben zwiſchen 60 Grad und dem an-<lb/> tarctiſchen Zirkel unterſucht; und von Weyhnachten bis jetzt hatten wir, auf dem<lb/> Lauf gen Norden, den Zwiſchenraum zwiſchen den beyden vorigen Zuͤgen durchſee-<lb/> gelt. Haben wir alſo Land verfehlt, ſo muß es ein Eyland ſeyn, das ſeiner<lb/> Entfernung von <placeName>Europa</placeName> und ſeines rauhen Clima wegen, fuͤr <placeName>England</placeName> von kei-<lb/> ner Wichtigkeit ſeyn kann. Es faͤllt einem Jeden in die Augen, daß, um<lb/> eine ſo weitlaͤuftige See, als die <placeName>Suͤd-See</placeName> iſt, wegen des Daſeyns oder<lb/> Nicht Daſeyns einer kleinen Inſel zu unterſuchen, viele Reiſen in unendlichen<lb/> Strichen erforderlich ſeyn wuͤrden, welches von einem Schiffe und auf einer<lb/> Expedition nicht zu erwarten ſteht. Fuͤr uns iſts genug, erwieſen zu haben,<lb/> daß, unter dem gemaͤßigten Himmelsſtrich in der <placeName>Suͤd-See</placeName>, kein großes feſtes<lb/> Land anzutreffen ſey, und wenn dergleichen uͤberhaupt vorhanden ſeyn ſollte,<lb/> daß es “innerhalb des antarctiſchen Zirkels” liegen muͤſſe.</p><lb/> <p>Unſer langer Aufenthalt in dieſen kaltem Himmelsſtrich, fieng nunmehro<lb/> an, den Leuten ſehr hart zu fallen; denn die Hoffnung, dies Jahr noch nach<lb/> Haus zu kommen, womit ſie ſich bisher aufgerichtet hatten, war nun ganz da-<lb/> hin. Anfaͤnglich ſahe man dieſerhalb auf jedem Geſicht ſtumme Verzweiflung<lb/> ausgedruͤckt, denn wir mußten nun befuͤrchten, daß es im naͤchſten Jahr wiederum<lb/> nach Suͤden gehen wuͤrde. Nach und nach aber fanden ſich die Leute in ihr<lb/> Schickſal und ertrugen es mit finſterer Gleichguͤltigkeit. Es war aber auch in der<lb/> That ſehr niederſchlagend, daß wir in Abſicht unſrer kuͤnftigen Beſtimmung in<lb/> beſtaͤndiger Unwiſſenheit gehalten wurden, indem, ohne ſichtbare Urſach, gegen<lb/> Jeden von uns ein Geheimniß daraus gemacht ward.</p><lb/> <p>Einige Tage lang ſteuerten wir gerade nach Nord-Oſt; am 11ten die-<lb/> ſes Monats aber, da wir 47 Grad 52 Minuten ſuͤdlicher Breite erreichten, wo<lb/> das Thermometer auf 52 Grad ſtieg, aͤnderten wir um Mittag unſern bisherigen<lb/> Lauf, und fiengen wieder an, nach Suͤd-Oſten zu gehen. Wie nachtheilig eine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [407/0466]
in den Jahren 1772 bis 1775.
dieſes großen Oceans ohnunterſucht zu laſſen. So weit wir bis jetzt gekommen
waren, hatten wir nirgends Land, auch nicht einmal Anzeigen davon geſehen.
Auf unſerm erſten Zuge hatten wir die Suͤd-See in den mittlern Breiten, oder
zwiſchen 40 und 50 Grad, durchkreuzt. Auf der diesmaligen Fahrt hatten wir,
bis Weyhnachten, den groͤßten Theil derſelben zwiſchen 60 Grad und dem an-
tarctiſchen Zirkel unterſucht; und von Weyhnachten bis jetzt hatten wir, auf dem
Lauf gen Norden, den Zwiſchenraum zwiſchen den beyden vorigen Zuͤgen durchſee-
gelt. Haben wir alſo Land verfehlt, ſo muß es ein Eyland ſeyn, das ſeiner
Entfernung von Europa und ſeines rauhen Clima wegen, fuͤr England von kei-
ner Wichtigkeit ſeyn kann. Es faͤllt einem Jeden in die Augen, daß, um
eine ſo weitlaͤuftige See, als die Suͤd-See iſt, wegen des Daſeyns oder
Nicht Daſeyns einer kleinen Inſel zu unterſuchen, viele Reiſen in unendlichen
Strichen erforderlich ſeyn wuͤrden, welches von einem Schiffe und auf einer
Expedition nicht zu erwarten ſteht. Fuͤr uns iſts genug, erwieſen zu haben,
daß, unter dem gemaͤßigten Himmelsſtrich in der Suͤd-See, kein großes feſtes
Land anzutreffen ſey, und wenn dergleichen uͤberhaupt vorhanden ſeyn ſollte,
daß es “innerhalb des antarctiſchen Zirkels” liegen muͤſſe.
1774.
Januar.
Unſer langer Aufenthalt in dieſen kaltem Himmelsſtrich, fieng nunmehro
an, den Leuten ſehr hart zu fallen; denn die Hoffnung, dies Jahr noch nach
Haus zu kommen, womit ſie ſich bisher aufgerichtet hatten, war nun ganz da-
hin. Anfaͤnglich ſahe man dieſerhalb auf jedem Geſicht ſtumme Verzweiflung
ausgedruͤckt, denn wir mußten nun befuͤrchten, daß es im naͤchſten Jahr wiederum
nach Suͤden gehen wuͤrde. Nach und nach aber fanden ſich die Leute in ihr
Schickſal und ertrugen es mit finſterer Gleichguͤltigkeit. Es war aber auch in der
That ſehr niederſchlagend, daß wir in Abſicht unſrer kuͤnftigen Beſtimmung in
beſtaͤndiger Unwiſſenheit gehalten wurden, indem, ohne ſichtbare Urſach, gegen
Jeden von uns ein Geheimniß daraus gemacht ward.
Einige Tage lang ſteuerten wir gerade nach Nord-Oſt; am 11ten die-
ſes Monats aber, da wir 47 Grad 52 Minuten ſuͤdlicher Breite erreichten, wo
das Thermometer auf 52 Grad ſtieg, aͤnderten wir um Mittag unſern bisherigen
Lauf, und fiengen wieder an, nach Suͤd-Oſten zu gehen. Wie nachtheilig eine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |