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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
trosen mit anhören, die oftmals Wind und Wellen überschrieen. Von Ju-1773.
October.

gend auf, zu jeder Gefahr gewöhnt, ließen sie sich auch jetzt den drohenden
Anblick derselben nicht abhalten, die frechsten gotteslästerlichsten Reden auszu-
stoßen. Ohne die geringste Veranlassung, um derenwillen es zu entschuldigen
gewesen wäre, verfluchten sie jedes Glied des Leibes in so mannigfaltigen und
sonderbar zusammengesetzten Ausdrücken, daß es über alle Beschreibung geht.
Auch weis ich die fürchterliche Energie ihrer Flüche mit nichts als dem Fluch
des Ernulphus zu vergleichen, der dem Christenthum Schande macht. *) Unter-
dessen raste der Sturm noch immer nach wie vor, als es um 2 Uhr des Mor-
gens mit einemmale aufhörte zu wehen und gänzlich windstill ward. Nun
schleuderten die Wellen das Schiff erst recht umher! es schwankte so gewaltig
von einer Seite zur andern, daß manchmal die mittlern Wände, ja selbst das
hintere Verdeck zum Theil ins Wasser tauchte.

Nach Verlauf einer Stunde erhob sich endlich ein frischer, günstiger
Wind, mit welchem wir, den ganzen Tag über, dem Lande wieder zu seegelten,
denn der Sturm hatte uns weit in die See hinaus verschlagen. Pintaden,
schwarze und andre Sturmvögel schwärmten von neuem, Haufen-weise um
uns her, und ein Albatros, neben welchem wir vorbey fuhren, war auf ofner
See fest eingeschlafen, so sehr mußte der vorige Sturm ihn ermüdet haben.

Am folgenden Tage gieng es uns an der Mündung von Cooks-
Straße
nicht besser als zuvor. Wir bekamen nemlich abermals widrigen
Wind, der, ehe es Nacht ward, in einen vollkommnen Sturm ausartete.
Eben so blieb das Wetter die beyden folgenden Tage fast ohne Unterlaß. Am
29sten früh Morgens erblickte der wachthabende Officier verschiedene Tromben
oder Wasserhosen, und kurz nachher hatten wir einen leichten Regen und gu-
ten Wind. Abends verloren wir das andre Schiff die Adventure aus
dem Gesichte, und bekamen es die ganze Reise über nicht mehr zu sehn. Der
widrige Wind der am folgenden Morgen einfiel, muß uns vollends auseinan-
der gebracht haben, denn die Adventure war ungleich weiter vom Lande
als wir, und folglich konnte der Sturm seine Gewalt weit mehr gegen sie,
denn gegen uns, auslassen.


*) S. Tristram Shandy.
Forster's Reise u. d. W. erster Th. A a a

in den Jahren 1772 bis 1775.
troſen mit anhoͤren, die oftmals Wind und Wellen uͤberſchrieen. Von Ju-1773.
October.

gend auf, zu jeder Gefahr gewoͤhnt, ließen ſie ſich auch jetzt den drohenden
Anblick derſelben nicht abhalten, die frechſten gotteslaͤſterlichſten Reden auszu-
ſtoßen. Ohne die geringſte Veranlaſſung, um derenwillen es zu entſchuldigen
geweſen waͤre, verfluchten ſie jedes Glied des Leibes in ſo mannigfaltigen und
ſonderbar zuſammengeſetzten Ausdruͤcken, daß es uͤber alle Beſchreibung geht.
Auch weis ich die fuͤrchterliche Energie ihrer Fluͤche mit nichts als dem Fluch
des Ernulphus zu vergleichen, der dem Chriſtenthum Schande macht. *) Unter-
deſſen raste der Sturm noch immer nach wie vor, als es um 2 Uhr des Mor-
gens mit einemmale aufhoͤrte zu wehen und gaͤnzlich windſtill ward. Nun
ſchleuderten die Wellen das Schiff erſt recht umher! es ſchwankte ſo gewaltig
von einer Seite zur andern, daß manchmal die mittlern Waͤnde, ja ſelbſt das
hintere Verdeck zum Theil ins Waſſer tauchte.

Nach Verlauf einer Stunde erhob ſich endlich ein friſcher, guͤnſtiger
Wind, mit welchem wir, den ganzen Tag uͤber, dem Lande wieder zu ſeegelten,
denn der Sturm hatte uns weit in die See hinaus verſchlagen. Pintaden,
ſchwarze und andre Sturmvoͤgel ſchwaͤrmten von neuem, Haufen-weiſe um
uns her, und ein Albatros, neben welchem wir vorbey fuhren, war auf ofner
See feſt eingeſchlafen, ſo ſehr mußte der vorige Sturm ihn ermuͤdet haben.

Am folgenden Tage gieng es uns an der Muͤndung von Cooks-
Straße
nicht beſſer als zuvor. Wir bekamen nemlich abermals widrigen
Wind, der, ehe es Nacht ward, in einen vollkommnen Sturm ausartete.
Eben ſo blieb das Wetter die beyden folgenden Tage faſt ohne Unterlaß. Am
29ſten fruͤh Morgens erblickte der wachthabende Officier verſchiedene Tromben
oder Waſſerhoſen, und kurz nachher hatten wir einen leichten Regen und gu-
ten Wind. Abends verloren wir das andre Schiff die Adventure aus
dem Geſichte, und bekamen es die ganze Reiſe uͤber nicht mehr zu ſehn. Der
widrige Wind der am folgenden Morgen einfiel, muß uns vollends auseinan-
der gebracht haben, denn die Adventure war ungleich weiter vom Lande
als wir, und folglich konnte der Sturm ſeine Gewalt weit mehr gegen ſie,
denn gegen uns, auslaſſen.


*) S. Triſtram Shandy.
Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. A a a
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[369/0428] in den Jahren 1772 bis 1775. troſen mit anhoͤren, die oftmals Wind und Wellen uͤberſchrieen. Von Ju- gend auf, zu jeder Gefahr gewoͤhnt, ließen ſie ſich auch jetzt den drohenden Anblick derſelben nicht abhalten, die frechſten gotteslaͤſterlichſten Reden auszu- ſtoßen. Ohne die geringſte Veranlaſſung, um derenwillen es zu entſchuldigen geweſen waͤre, verfluchten ſie jedes Glied des Leibes in ſo mannigfaltigen und ſonderbar zuſammengeſetzten Ausdruͤcken, daß es uͤber alle Beſchreibung geht. Auch weis ich die fuͤrchterliche Energie ihrer Fluͤche mit nichts als dem Fluch des Ernulphus zu vergleichen, der dem Chriſtenthum Schande macht. *) Unter- deſſen raste der Sturm noch immer nach wie vor, als es um 2 Uhr des Mor- gens mit einemmale aufhoͤrte zu wehen und gaͤnzlich windſtill ward. Nun ſchleuderten die Wellen das Schiff erſt recht umher! es ſchwankte ſo gewaltig von einer Seite zur andern, daß manchmal die mittlern Waͤnde, ja ſelbſt das hintere Verdeck zum Theil ins Waſſer tauchte. 1773. October. Nach Verlauf einer Stunde erhob ſich endlich ein friſcher, guͤnſtiger Wind, mit welchem wir, den ganzen Tag uͤber, dem Lande wieder zu ſeegelten, denn der Sturm hatte uns weit in die See hinaus verſchlagen. Pintaden, ſchwarze und andre Sturmvoͤgel ſchwaͤrmten von neuem, Haufen-weiſe um uns her, und ein Albatros, neben welchem wir vorbey fuhren, war auf ofner See feſt eingeſchlafen, ſo ſehr mußte der vorige Sturm ihn ermuͤdet haben. Am folgenden Tage gieng es uns an der Muͤndung von Cooks- Straße nicht beſſer als zuvor. Wir bekamen nemlich abermals widrigen Wind, der, ehe es Nacht ward, in einen vollkommnen Sturm ausartete. Eben ſo blieb das Wetter die beyden folgenden Tage faſt ohne Unterlaß. Am 29ſten fruͤh Morgens erblickte der wachthabende Officier verſchiedene Tromben oder Waſſerhoſen, und kurz nachher hatten wir einen leichten Regen und gu- ten Wind. Abends verloren wir das andre Schiff die Adventure aus dem Geſichte, und bekamen es die ganze Reiſe uͤber nicht mehr zu ſehn. Der widrige Wind der am folgenden Morgen einfiel, muß uns vollends auseinan- der gebracht haben, denn die Adventure war ungleich weiter vom Lande als wir, und folglich konnte der Sturm ſeine Gewalt weit mehr gegen ſie, denn gegen uns, auslaſſen. *) S. Triſtram Shandy. Forſter’s Reiſe u. d. W. erſter Th. A a a

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/428>, abgerufen am 22.11.2024.