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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
mehrentheils laviren mußten, um nicht zu weit von der Küste verschlagen zu1773.
October.

werden; dabey regnete es so stark, daß man in keiner Cajütte des Schiffs tro-
cken blieb; und von Zeit zu Zeit kam ein jählinger Windstoß und riß uns die
morschen Seegel in Stücken. Hiernächst machte der Wind, der von den beschney-
ten Bergen des Landes herabwehete, die Luft so empfindlich kalt, daß das Ther-
mometer am nächsten Morgen auf 50 Grad stand. Wir hatten nicht erwar-
tet, unterm 40sten Grade südlicher Breite so schlimm empfangen zu werden! So
stürmisch und brausend indessen dieser Anfang war, so ruhig ward es doch bald
wieder; allein, die Stille hatte kaum etliche Stunden gewährt, als der Sturm
von neuem los gieng und diese Nacht nicht minder als in der gestrigen wüthete.
Am folgenden Morgen ließ er in so weit nach, daß wir wieder gegen die Küste
hinsteuern konnten, mit Einbruch der Nacht aber ward er fürchterlicher als
je und die Matrosen hatten nicht einen Augenblick Ruhe. Am 24sten Abends
sahen wir endlich die Einfahrt von Cooks Straße, namentlich das Cap
Palliser
vor uns, durften es aber nicht wagen, in der Dunkelheit hinein-
zusteuern, und ehe wir am nächsten Morgen Anstalt dazu machen konnten, er-
hob sich der Sturm abermals, und ward um 9 Uhr so rasend, daß wir beyle-
gen, und alle Seegel, bis auf eins, einnehmen mußten. Ohnerachtet wir uns
ziemlich dicht an der Küste hielten, woselbst wir von den hohen Bergen hätten
Schutz haben sollen; so rollten die Wellen gleichwohl so lang und stiegen so
entsetzlich hoch, daß sie, beym Brechen, durch den Sturm völlig zu Dunst
zerstäubt wurden. Dieser Wasserstaub breitete sich über die ganze Oberfläche
der See aus, und da kein Wölkchen am Himmel zu sehen war, die Sonne
vielmehr hell und klar schien, so gab die schäumende See einen überaus blen-
denden Anblick. Endlich ward der Wind so wütend, daß er uns vollends das
einzige Seegel zerriß, welches wir noch aufgespannt zu lassen gewagt hatten.
Nun waren wir ein vollkommnes Spiel der Wellen; sie schleuderten uns
bald hier, bald dorthin, schlugen oft mit entsetzlicher Gewalt über dem Verdeck
zusammen und zerschmetterten alles was ihnen im Wege war. Von dem
beständigen Arbeiten und Werfen des Schiffs litt das Tau- und Takelwerk unge-
mein, auch die Stricke, womit Kisten und Kasten fest gebunden waren, gaben
nach, und rissen endlich los, so daß alles in der größten Verwirrung vor und

in den Jahren 1772 bis 1775.
mehrentheils laviren mußten, um nicht zu weit von der Kuͤſte verſchlagen zu1773.
October.

werden; dabey regnete es ſo ſtark, daß man in keiner Cajuͤtte des Schiffs tro-
cken blieb; und von Zeit zu Zeit kam ein jaͤhlinger Windſtoß und riß uns die
morſchen Seegel in Stuͤcken. Hiernaͤchſt machte der Wind, der von den beſchney-
ten Bergen des Landes herabwehete, die Luft ſo empfindlich kalt, daß das Ther-
mometer am naͤchſten Morgen auf 50 Grad ſtand. Wir hatten nicht erwar-
tet, unterm 40ſten Grade ſuͤdlicher Breite ſo ſchlimm empfangen zu werden! So
ſtuͤrmiſch und brauſend indeſſen dieſer Anfang war, ſo ruhig ward es doch bald
wieder; allein, die Stille hatte kaum etliche Stunden gewaͤhrt, als der Sturm
von neuem los gieng und dieſe Nacht nicht minder als in der geſtrigen wuͤthete.
Am folgenden Morgen ließ er in ſo weit nach, daß wir wieder gegen die Kuͤſte
hinſteuern konnten, mit Einbruch der Nacht aber ward er fuͤrchterlicher als
je und die Matroſen hatten nicht einen Augenblick Ruhe. Am 24ſten Abends
ſahen wir endlich die Einfahrt von Cooks Straße, namentlich das Cap
Palliſer
vor uns, durften es aber nicht wagen, in der Dunkelheit hinein-
zuſteuern, und ehe wir am naͤchſten Morgen Anſtalt dazu machen konnten, er-
hob ſich der Sturm abermals, und ward um 9 Uhr ſo raſend, daß wir beyle-
gen, und alle Seegel, bis auf eins, einnehmen mußten. Ohnerachtet wir uns
ziemlich dicht an der Kuͤſte hielten, woſelbſt wir von den hohen Bergen haͤtten
Schutz haben ſollen; ſo rollten die Wellen gleichwohl ſo lang und ſtiegen ſo
entſetzlich hoch, daß ſie, beym Brechen, durch den Sturm voͤllig zu Dunſt
zerſtaͤubt wurden. Dieſer Waſſerſtaub breitete ſich uͤber die ganze Oberflaͤche
der See aus, und da kein Woͤlkchen am Himmel zu ſehen war, die Sonne
vielmehr hell und klar ſchien, ſo gab die ſchaͤumende See einen uͤberaus blen-
denden Anblick. Endlich ward der Wind ſo wuͤtend, daß er uns vollends das
einzige Seegel zerriß, welches wir noch aufgeſpannt zu laſſen gewagt hatten.
Nun waren wir ein vollkommnes Spiel der Wellen; ſie ſchleuderten uns
bald hier, bald dorthin, ſchlugen oft mit entſetzlicher Gewalt uͤber dem Verdeck
zuſammen und zerſchmetterten alles was ihnen im Wege war. Von dem
beſtaͤndigen Arbeiten und Werfen des Schiffs litt das Tau- und Takelwerk unge-
mein, auch die Stricke, womit Kiſten und Kaſten feſt gebunden waren, gaben
nach, und riſſen endlich los, ſo daß alles in der groͤßten Verwirrung vor und

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[367/0426] in den Jahren 1772 bis 1775. mehrentheils laviren mußten, um nicht zu weit von der Kuͤſte verſchlagen zu werden; dabey regnete es ſo ſtark, daß man in keiner Cajuͤtte des Schiffs tro- cken blieb; und von Zeit zu Zeit kam ein jaͤhlinger Windſtoß und riß uns die morſchen Seegel in Stuͤcken. Hiernaͤchſt machte der Wind, der von den beſchney- ten Bergen des Landes herabwehete, die Luft ſo empfindlich kalt, daß das Ther- mometer am naͤchſten Morgen auf 50 Grad ſtand. Wir hatten nicht erwar- tet, unterm 40ſten Grade ſuͤdlicher Breite ſo ſchlimm empfangen zu werden! So ſtuͤrmiſch und brauſend indeſſen dieſer Anfang war, ſo ruhig ward es doch bald wieder; allein, die Stille hatte kaum etliche Stunden gewaͤhrt, als der Sturm von neuem los gieng und dieſe Nacht nicht minder als in der geſtrigen wuͤthete. Am folgenden Morgen ließ er in ſo weit nach, daß wir wieder gegen die Kuͤſte hinſteuern konnten, mit Einbruch der Nacht aber ward er fuͤrchterlicher als je und die Matroſen hatten nicht einen Augenblick Ruhe. Am 24ſten Abends ſahen wir endlich die Einfahrt von Cooks Straße, namentlich das Cap Palliſer vor uns, durften es aber nicht wagen, in der Dunkelheit hinein- zuſteuern, und ehe wir am naͤchſten Morgen Anſtalt dazu machen konnten, er- hob ſich der Sturm abermals, und ward um 9 Uhr ſo raſend, daß wir beyle- gen, und alle Seegel, bis auf eins, einnehmen mußten. Ohnerachtet wir uns ziemlich dicht an der Kuͤſte hielten, woſelbſt wir von den hohen Bergen haͤtten Schutz haben ſollen; ſo rollten die Wellen gleichwohl ſo lang und ſtiegen ſo entſetzlich hoch, daß ſie, beym Brechen, durch den Sturm voͤllig zu Dunſt zerſtaͤubt wurden. Dieſer Waſſerſtaub breitete ſich uͤber die ganze Oberflaͤche der See aus, und da kein Woͤlkchen am Himmel zu ſehen war, die Sonne vielmehr hell und klar ſchien, ſo gab die ſchaͤumende See einen uͤberaus blen- denden Anblick. Endlich ward der Wind ſo wuͤtend, daß er uns vollends das einzige Seegel zerriß, welches wir noch aufgeſpannt zu laſſen gewagt hatten. Nun waren wir ein vollkommnes Spiel der Wellen; ſie ſchleuderten uns bald hier, bald dorthin, ſchlugen oft mit entſetzlicher Gewalt uͤber dem Verdeck zuſammen und zerſchmetterten alles was ihnen im Wege war. Von dem beſtaͤndigen Arbeiten und Werfen des Schiffs litt das Tau- und Takelwerk unge- mein, auch die Stricke, womit Kiſten und Kaſten feſt gebunden waren, gaben nach, und riſſen endlich los, ſo daß alles in der groͤßten Verwirrung vor und 1773. October.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/426>, abgerufen am 22.11.2024.