Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1773.
October.
weder Coco-Palmen noch Yams gebe; als er von seiner eignen Provision etliche
solche Nüsse und Wurzeln hervorsuchte, um dem Wilden ein Geschenk damit zu
machen. Da wir ihm aber sagten, daß in diesem Clima keine Cocos-Bäume
wachsen würden, so gab er ihm nur die Yams und überließ es uns, dem Neu-
Seeländer die Nutzbarkeit dieser fremden Lebensmittel zu erklären. Wir wand-
ten auch alle Mühe an, ihm wenigstens soviel beyzubringen, daß er die Schwei-
ne und Hühner zur Zucht behalten, die Wurzeln aber pflanzen müßte. Nach
langen Erklärungen schien er endlich zu begreifen was wir sagen wollten; und um
uns seine Dankbarkeit zu bezeugen, beraubte er sich einer neuen Mahipeh oder
Streitaxt, die künstlich geschnitzt und mit Papagay-Federn, imgleichen mit
weißem Hunde-Haar ausgeziert war. Hierauf empfahl er sich, und stieg wie-
der aufs Verdeck, woselbst ihm Capitain Cook noch etliche große Nägel schenk-
te, über die er ungleich mehr Freude bezeugte denn über alles andre. Er hatte
bemerkt, daß der Capitain sie aus einem Loche in der Anker-Winde hervor-
langte, wo der Schiffschreiber sie zufälligerweise hingelegt hatte. Er drehte
also die Winde ganz herum, und untersuchte jedes Loch, ob nicht mehrere
darinn verborgen wären. Dieser Umstand beweißt zur Gnüge, daß man den
Werth des Eisengeräths nunmehro vollkommen hatte einsehen lernen, ohnerachtet
es die Neu-Seeländer, bey Capitain Cooks ersten Anwesenheit allhier, im
Jahr 1769, an manchen Orten kaum annehmen wolten. Zum Abschied gaben
unsre Gäste uns einen Hiwa- oder Krieges-Tanz zum besten, der aus Stampfen
mit den Füßen, drohender Schwenkung der Keulen und Speere, schrecklichen
Verzerrungen des Gesichts, Ausstreckung der Zunge und wildem heulenden
Geschrey bestand, wobey aber durchgehends ein gewisser Tact beobachtet ward.
Die Art, wie sie mit den Hühnern umgiengen, lies uns eben nicht viel Hoff-
nung, daß wir unsre gute Absicht erreichen und dies Land mit zahmen Haus-
thieren würden besetzen können, denn es schien fast, daß sie kaum lebendig ans
Land kommen würden. Wir mußten uns also damit beruhigen, daß wenigstens
von unsrer Seite alles geschehen sey.

Während der Zeit, daß diese Wilden bey uns gewesen waren, hatte sich
der Wind gedrehet; er blies jetzt gerade vom Lande und war uns sehr zuwider.
Gegen Abend stürmte es so heftig, daß wir uns scharf am Winde halten und

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
October.
weder Coco-Palmen noch Yams gebe; als er von ſeiner eignen Proviſion etliche
ſolche Nuͤſſe und Wurzeln hervorſuchte, um dem Wilden ein Geſchenk damit zu
machen. Da wir ihm aber ſagten, daß in dieſem Clima keine Cocos-Baͤume
wachſen wuͤrden, ſo gab er ihm nur die Yams und uͤberließ es uns, dem Neu-
Seelaͤnder die Nutzbarkeit dieſer fremden Lebensmittel zu erklaͤren. Wir wand-
ten auch alle Muͤhe an, ihm wenigſtens ſoviel beyzubringen, daß er die Schwei-
ne und Huͤhner zur Zucht behalten, die Wurzeln aber pflanzen muͤßte. Nach
langen Erklaͤrungen ſchien er endlich zu begreifen was wir ſagen wollten; und um
uns ſeine Dankbarkeit zu bezeugen, beraubte er ſich einer neuen Mahipeh oder
Streitaxt, die kuͤnſtlich geſchnitzt und mit Papagay-Federn, imgleichen mit
weißem Hunde-Haar ausgeziert war. Hierauf empfahl er ſich, und ſtieg wie-
der aufs Verdeck, woſelbſt ihm Capitain Cook noch etliche große Naͤgel ſchenk-
te, uͤber die er ungleich mehr Freude bezeugte denn uͤber alles andre. Er hatte
bemerkt, daß der Capitain ſie aus einem Loche in der Anker-Winde hervor-
langte, wo der Schiffſchreiber ſie zufaͤlligerweiſe hingelegt hatte. Er drehte
alſo die Winde ganz herum, und unterſuchte jedes Loch, ob nicht mehrere
darinn verborgen waͤren. Dieſer Umſtand beweißt zur Gnuͤge, daß man den
Werth des Eiſengeraͤths nunmehro vollkommen hatte einſehen lernen, ohnerachtet
es die Neu-Seelaͤnder, bey Capitain Cooks erſten Anweſenheit allhier, im
Jahr 1769, an manchen Orten kaum annehmen wolten. Zum Abſchied gaben
unſre Gaͤſte uns einen Hiwa- oder Krieges-Tanz zum beſten, der aus Stampfen
mit den Fuͤßen, drohender Schwenkung der Keulen und Speere, ſchrecklichen
Verzerrungen des Geſichts, Ausſtreckung der Zunge und wildem heulenden
Geſchrey beſtand, wobey aber durchgehends ein gewiſſer Tact beobachtet ward.
Die Art, wie ſie mit den Huͤhnern umgiengen, lies uns eben nicht viel Hoff-
nung, daß wir unſre gute Abſicht erreichen und dies Land mit zahmen Haus-
thieren wuͤrden beſetzen koͤnnen, denn es ſchien faſt, daß ſie kaum lebendig ans
Land kommen wuͤrden. Wir mußten uns alſo damit beruhigen, daß wenigſtens
von unſrer Seite alles geſchehen ſey.

Waͤhrend der Zeit, daß dieſe Wilden bey uns geweſen waren, hatte ſich
der Wind gedrehet; er blies jetzt gerade vom Lande und war uns ſehr zuwider.
Gegen Abend ſtuͤrmte es ſo heftig, daß wir uns ſcharf am Winde halten und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0425" n="366"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/>
October.</note>weder Coco-Palmen noch Yams gebe; als er von &#x017F;einer eignen Provi&#x017F;ion etliche<lb/>
&#x017F;olche Nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e und Wurzeln hervor&#x017F;uchte, um dem Wilden ein Ge&#x017F;chenk damit zu<lb/>
machen. Da wir ihm aber &#x017F;agten, daß in die&#x017F;em Clima keine Cocos-Ba&#x0364;ume<lb/>
wach&#x017F;en wu&#x0364;rden, &#x017F;o gab er ihm nur die Yams und u&#x0364;berließ es <hi rendition="#fr">uns,</hi> dem Neu-<lb/>
Seela&#x0364;nder die Nutzbarkeit die&#x017F;er fremden Lebensmittel zu erkla&#x0364;ren. Wir wand-<lb/>
ten auch alle Mu&#x0364;he an, ihm wenig&#x017F;tens &#x017F;oviel beyzubringen, daß er die Schwei-<lb/>
ne und Hu&#x0364;hner zur Zucht behalten, die Wurzeln aber pflanzen mu&#x0364;ßte. Nach<lb/>
langen Erkla&#x0364;rungen &#x017F;chien er endlich zu begreifen was wir &#x017F;agen wollten; und um<lb/>
uns &#x017F;eine Dankbarkeit zu bezeugen, beraubte er &#x017F;ich einer neuen <hi rendition="#fr">Mahipeh</hi> oder<lb/>
Streitaxt, die ku&#x0364;n&#x017F;tlich ge&#x017F;chnitzt und mit Papagay-Federn, imgleichen mit<lb/>
weißem Hunde-Haar ausgeziert war. Hierauf empfahl er &#x017F;ich, und &#x017F;tieg wie-<lb/>
der aufs Verdeck, wo&#x017F;elb&#x017F;t ihm Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> noch etliche große Na&#x0364;gel &#x017F;chenk-<lb/>
te, u&#x0364;ber die er ungleich mehr Freude bezeugte denn u&#x0364;ber alles andre. Er hatte<lb/>
bemerkt, daß der Capitain &#x017F;ie aus einem Loche in der Anker-Winde hervor-<lb/>
langte, wo der Schiff&#x017F;chreiber &#x017F;ie zufa&#x0364;lligerwei&#x017F;e hingelegt hatte. Er drehte<lb/>
al&#x017F;o die Winde ganz herum, und unter&#x017F;uchte jedes Loch, ob nicht mehrere<lb/>
darinn verborgen wa&#x0364;ren. Die&#x017F;er Um&#x017F;tand beweißt zur Gnu&#x0364;ge, daß man den<lb/>
Werth des Ei&#x017F;engera&#x0364;ths nunmehro vollkommen hatte ein&#x017F;ehen lernen, ohnerachtet<lb/>
es die Neu-Seela&#x0364;nder, bey Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cooks</persName></hi> er&#x017F;ten Anwe&#x017F;enheit allhier, im<lb/>
Jahr 1769, an manchen Orten kaum annehmen wolten. Zum Ab&#x017F;chied gaben<lb/>
un&#x017F;re Ga&#x0364;&#x017F;te uns einen <hi rendition="#fr">Hiwa</hi>- oder Krieges-Tanz zum be&#x017F;ten, der aus Stampfen<lb/>
mit den Fu&#x0364;ßen, drohender Schwenkung der Keulen und Speere, &#x017F;chrecklichen<lb/>
Verzerrungen des Ge&#x017F;ichts, Aus&#x017F;treckung der Zunge und wildem heulenden<lb/>
Ge&#x017F;chrey be&#x017F;tand, wobey aber durchgehends ein gewi&#x017F;&#x017F;er Tact beobachtet ward.<lb/>
Die Art, wie &#x017F;ie mit den Hu&#x0364;hnern umgiengen, lies uns eben nicht viel Hoff-<lb/>
nung, daß wir un&#x017F;re gute Ab&#x017F;icht erreichen und dies Land mit zahmen Haus-<lb/>
thieren wu&#x0364;rden be&#x017F;etzen ko&#x0364;nnen, denn es &#x017F;chien fa&#x017F;t, daß &#x017F;ie kaum lebendig ans<lb/>
Land kommen wu&#x0364;rden. Wir mußten uns al&#x017F;o damit beruhigen, daß wenig&#x017F;tens<lb/>
von un&#x017F;rer Seite alles ge&#x017F;chehen &#x017F;ey.</p><lb/>
        <p>Wa&#x0364;hrend der Zeit, daß die&#x017F;e Wilden bey uns gewe&#x017F;en waren, hatte &#x017F;ich<lb/>
der Wind gedrehet; er blies jetzt gerade vom Lande und war uns &#x017F;ehr zuwider.<lb/>
Gegen Abend &#x017F;tu&#x0364;rmte es &#x017F;o heftig, daß wir uns &#x017F;charf am Winde halten und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0425] Forſter’s Reiſe um die Welt weder Coco-Palmen noch Yams gebe; als er von ſeiner eignen Proviſion etliche ſolche Nuͤſſe und Wurzeln hervorſuchte, um dem Wilden ein Geſchenk damit zu machen. Da wir ihm aber ſagten, daß in dieſem Clima keine Cocos-Baͤume wachſen wuͤrden, ſo gab er ihm nur die Yams und uͤberließ es uns, dem Neu- Seelaͤnder die Nutzbarkeit dieſer fremden Lebensmittel zu erklaͤren. Wir wand- ten auch alle Muͤhe an, ihm wenigſtens ſoviel beyzubringen, daß er die Schwei- ne und Huͤhner zur Zucht behalten, die Wurzeln aber pflanzen muͤßte. Nach langen Erklaͤrungen ſchien er endlich zu begreifen was wir ſagen wollten; und um uns ſeine Dankbarkeit zu bezeugen, beraubte er ſich einer neuen Mahipeh oder Streitaxt, die kuͤnſtlich geſchnitzt und mit Papagay-Federn, imgleichen mit weißem Hunde-Haar ausgeziert war. Hierauf empfahl er ſich, und ſtieg wie- der aufs Verdeck, woſelbſt ihm Capitain Cook noch etliche große Naͤgel ſchenk- te, uͤber die er ungleich mehr Freude bezeugte denn uͤber alles andre. Er hatte bemerkt, daß der Capitain ſie aus einem Loche in der Anker-Winde hervor- langte, wo der Schiffſchreiber ſie zufaͤlligerweiſe hingelegt hatte. Er drehte alſo die Winde ganz herum, und unterſuchte jedes Loch, ob nicht mehrere darinn verborgen waͤren. Dieſer Umſtand beweißt zur Gnuͤge, daß man den Werth des Eiſengeraͤths nunmehro vollkommen hatte einſehen lernen, ohnerachtet es die Neu-Seelaͤnder, bey Capitain Cooks erſten Anweſenheit allhier, im Jahr 1769, an manchen Orten kaum annehmen wolten. Zum Abſchied gaben unſre Gaͤſte uns einen Hiwa- oder Krieges-Tanz zum beſten, der aus Stampfen mit den Fuͤßen, drohender Schwenkung der Keulen und Speere, ſchrecklichen Verzerrungen des Geſichts, Ausſtreckung der Zunge und wildem heulenden Geſchrey beſtand, wobey aber durchgehends ein gewiſſer Tact beobachtet ward. Die Art, wie ſie mit den Huͤhnern umgiengen, lies uns eben nicht viel Hoff- nung, daß wir unſre gute Abſicht erreichen und dies Land mit zahmen Haus- thieren wuͤrden beſetzen koͤnnen, denn es ſchien faſt, daß ſie kaum lebendig ans Land kommen wuͤrden. Wir mußten uns alſo damit beruhigen, daß wenigſtens von unſrer Seite alles geſchehen ſey. 1773. October. Waͤhrend der Zeit, daß dieſe Wilden bey uns geweſen waren, hatte ſich der Wind gedrehet; er blies jetzt gerade vom Lande und war uns ſehr zuwider. Gegen Abend ſtuͤrmte es ſo heftig, daß wir uns ſcharf am Winde halten und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/425
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/425>, abgerufen am 18.06.2024.