Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
um 5 Uhr, entdeckten wir die Berggipfel desselben. Den ganzen Tag über1773.
October.

steuerten wir gegen die Küste hin, und um 4 Uhr Nachmittags waren wir
dem Table-Cap und Portland-Eyland *) gegenüber, welches letztere mit
jenem durch eine Reihe Klippen zusammenhängt. Die Küste bestand aus
weißen, steilen Felsen, und wir konnten schon die Hütten und Festungen der
Einwohner unterscheiden, welche wie die Adlers-Nester oben auf den Klippen er-
bauet waren. Die Eingebohrnen liefen in ziemlicher Anzahl längst den Bergen
hin, um uns nachzusehen. Viele setzten sich auf die Landspitze gegen Süden,
aber keiner gab sich die Mühe, sein Canot ins Meer zu bringen um zu uns
heran zu kommen. Wir seegelten zwischen den verborgnen Klippen und dem
Lande durch, liefen bey Hawkes-Bay vorüber, und steuerten sodann, die
Nacht über, längst der Küste hin.

Am Morgen waren wir jenseit des Cap Kidnappers und näherten uns
dem schwarzen Cap. Nach dem Frühstück stießen drey Canots vom Lande,
welches in dieser Gegend zwischen den Bergen und der Küste eine kleine Ebene
bildet. Da wir nicht weit vom Strande waren, so holten sie uns bald ge-
nug ein. In einem derselben, befand sich ein vornehmer Mann, der ohne
Bedenken sogleich aufs Verdeck kam. Er war groß, von mittlern Alter, und
hatte ein Paar gute, von hiesigem Flachs gemachte, neue Kleidungs-Stücke
an. Sein Haar war nach der Landes-Art im feinsten Geschmack aufgesetzt,
das heißt auf der Scheitel aufgebunden, mit Oel eingeschmiert und mit Fe-
dern besteckt. In beyden Ohrläppchen trug er ein Stück Albatros-Fell, daran
noch die weißen Pflaum-Federn saßen, und das Gesicht war über und über in
krummen und gewundnen Linien punctirt. Herr Hodges zeichnete sein Por-
trait, welches auch sehr gut in Kupfer gestochen ist. Der Capitain schenkte die-
sem Manne ein Stück rothen Boy, etwas Garten-Gesäme, ein Paar Schwei-
ne und drey Paar Hühner. Maheine, unser junge Reisegefährte aus Bo-
rabora
,
der die Sprache der Neu-Seeländer nicht als Tupaia, gleich
bey der ersten Unterredung, verstehen konnte, hörte nicht sobald daß es hier

*) Man sehe hierüber die in Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 4., im zwey-
ten
Bande befindliche Charte von Neu-Seeland.
Z z 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
um 5 Uhr, entdeckten wir die Berggipfel deſſelben. Den ganzen Tag uͤber1773.
October.

ſteuerten wir gegen die Kuͤſte hin, und um 4 Uhr Nachmittags waren wir
dem Table-Cap und Portland-Eyland *) gegenuͤber, welches letztere mit
jenem durch eine Reihe Klippen zuſammenhaͤngt. Die Kuͤſte beſtand aus
weißen, ſteilen Felſen, und wir konnten ſchon die Huͤtten und Feſtungen der
Einwohner unterſcheiden, welche wie die Adlers-Neſter oben auf den Klippen er-
bauet waren. Die Eingebohrnen liefen in ziemlicher Anzahl laͤngſt den Bergen
hin, um uns nachzuſehen. Viele ſetzten ſich auf die Landſpitze gegen Suͤden,
aber keiner gab ſich die Muͤhe, ſein Canot ins Meer zu bringen um zu uns
heran zu kommen. Wir ſeegelten zwiſchen den verborgnen Klippen und dem
Lande durch, liefen bey Hawkes-Bay voruͤber, und ſteuerten ſodann, die
Nacht uͤber, laͤngſt der Kuͤſte hin.

Am Morgen waren wir jenſeit des Cap Kidnappers und naͤherten uns
dem ſchwarzen Cap. Nach dem Fruͤhſtuͤck ſtießen drey Canots vom Lande,
welches in dieſer Gegend zwiſchen den Bergen und der Kuͤſte eine kleine Ebene
bildet. Da wir nicht weit vom Strande waren, ſo holten ſie uns bald ge-
nug ein. In einem derſelben, befand ſich ein vornehmer Mann, der ohne
Bedenken ſogleich aufs Verdeck kam. Er war groß, von mittlern Alter, und
hatte ein Paar gute, von hieſigem Flachs gemachte, neue Kleidungs-Stuͤcke
an. Sein Haar war nach der Landes-Art im feinſten Geſchmack aufgeſetzt,
das heißt auf der Scheitel aufgebunden, mit Oel eingeſchmiert und mit Fe-
dern beſteckt. In beyden Ohrlaͤppchen trug er ein Stuͤck Albatros-Fell, daran
noch die weißen Pflaum-Federn ſaßen, und das Geſicht war uͤber und uͤber in
krummen und gewundnen Linien punctirt. Herr Hodges zeichnete ſein Por-
trait, welches auch ſehr gut in Kupfer geſtochen iſt. Der Capitain ſchenkte die-
ſem Manne ein Stuͤck rothen Boy, etwas Garten-Geſaͤme, ein Paar Schwei-
ne und drey Paar Huͤhner. Maheine, unſer junge Reiſegefaͤhrte aus Bo-
rabora
,
der die Sprache der Neu-Seelaͤnder nicht als Tupaia, gleich
bey der erſten Unterredung, verſtehen konnte, hoͤrte nicht ſobald daß es hier

*) Man ſehe hieruͤber die in Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4., im zwey-
ten
Bande befindliche Charte von Neu-Seeland.
Z z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0424" n="365"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
um 5 Uhr, entdeckten wir die Berggipfel de&#x017F;&#x017F;elben. Den ganzen Tag u&#x0364;ber<note place="right">1773.<lb/>
October.</note><lb/>
&#x017F;teuerten wir gegen die Ku&#x0364;&#x017F;te hin, und um 4 Uhr Nachmittags waren wir<lb/>
dem <hi rendition="#fr"><placeName>Table-Cap</placeName></hi> und <hi rendition="#fr"><placeName>Portland-Eyland</placeName></hi> <note place="foot" n="*)">Man &#x017F;ehe hieru&#x0364;ber die in <hi rendition="#fr"><persName>Hawkesworths</persName></hi> Ge&#x017F;chichte der engl. See-Rei&#x017F;en in 4., im <hi rendition="#fr">zwey-<lb/>
ten</hi> Bande befindliche Charte von <hi rendition="#fr"><placeName>Neu-Seeland</placeName>.</hi></note> gegenu&#x0364;ber, welches letztere mit<lb/>
jenem durch eine Reihe Klippen zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngt. Die Ku&#x0364;&#x017F;te be&#x017F;tand aus<lb/>
weißen, &#x017F;teilen Fel&#x017F;en, und wir konnten &#x017F;chon die Hu&#x0364;tten und Fe&#x017F;tungen der<lb/>
Einwohner unter&#x017F;cheiden, welche wie die Adlers-Ne&#x017F;ter oben auf den Klippen er-<lb/>
bauet waren. Die Eingebohrnen liefen in ziemlicher Anzahl la&#x0364;ng&#x017F;t den Bergen<lb/>
hin, um uns nachzu&#x017F;ehen. Viele &#x017F;etzten &#x017F;ich auf die Land&#x017F;pitze gegen Su&#x0364;den,<lb/>
aber keiner gab &#x017F;ich die Mu&#x0364;he, &#x017F;ein Canot ins Meer zu bringen um zu uns<lb/>
heran zu kommen. Wir &#x017F;eegelten zwi&#x017F;chen den verborgnen Klippen und dem<lb/>
Lande durch, liefen bey <hi rendition="#fr"><placeName>Hawkes-Bay</placeName></hi> voru&#x0364;ber, und &#x017F;teuerten &#x017F;odann, die<lb/>
Nacht u&#x0364;ber, la&#x0364;ng&#x017F;t der Ku&#x0364;&#x017F;te hin.</p><lb/>
        <p>Am Morgen waren wir jen&#x017F;eit des <hi rendition="#fr"><placeName>Cap Kidnappers</placeName></hi> und na&#x0364;herten uns<lb/>
dem <placeName>&#x017F;chwarzen <choice><sic>Eap</sic><corr>Cap</corr></choice></placeName>. Nach dem Fru&#x0364;h&#x017F;tu&#x0364;ck &#x017F;tießen drey Canots vom Lande,<lb/>
welches in die&#x017F;er Gegend zwi&#x017F;chen den Bergen und der Ku&#x0364;&#x017F;te eine kleine Ebene<lb/>
bildet. Da wir nicht weit vom Strande waren, &#x017F;o holten &#x017F;ie uns bald ge-<lb/>
nug ein. In einem der&#x017F;elben, befand &#x017F;ich ein vornehmer Mann, der ohne<lb/>
Bedenken &#x017F;ogleich aufs Verdeck kam. Er war groß, von mittlern Alter, und<lb/>
hatte ein Paar gute, von hie&#x017F;igem Flachs gemachte, neue Kleidungs-Stu&#x0364;cke<lb/>
an. Sein Haar war nach der Landes-Art im fein&#x017F;ten Ge&#x017F;chmack aufge&#x017F;etzt,<lb/>
das heißt auf der Scheitel aufgebunden, mit Oel einge&#x017F;chmiert und mit Fe-<lb/>
dern be&#x017F;teckt. In beyden Ohrla&#x0364;ppchen trug er ein Stu&#x0364;ck Albatros-Fell, daran<lb/>
noch die weißen Pflaum-Federn &#x017F;aßen, und das Ge&#x017F;icht war u&#x0364;ber und u&#x0364;ber in<lb/>
krummen und gewundnen Linien punctirt. Herr <hi rendition="#fr"><persName>Hodges</persName></hi> zeichnete &#x017F;ein Por-<lb/>
trait, welches auch &#x017F;ehr gut in Kupfer ge&#x017F;tochen i&#x017F;t. Der Capitain &#x017F;chenkte die-<lb/>
&#x017F;em Manne ein Stu&#x0364;ck rothen Boy, etwas Garten-Ge&#x017F;a&#x0364;me, ein Paar Schwei-<lb/>
ne und drey Paar Hu&#x0364;hner. <hi rendition="#fr"><persName>Maheine</persName>,</hi> un&#x017F;er junge Rei&#x017F;egefa&#x0364;hrte aus <hi rendition="#fr"><placeName>Bo-<lb/>
rabora</placeName>,</hi> der die Sprache der Neu-Seela&#x0364;nder nicht als <hi rendition="#fr"><persName>Tupaia</persName>,</hi> gleich<lb/>
bey der er&#x017F;ten Unterredung, ver&#x017F;tehen konnte, ho&#x0364;rte nicht &#x017F;obald daß es hier<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z z 3</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0424] in den Jahren 1772 bis 1775. um 5 Uhr, entdeckten wir die Berggipfel deſſelben. Den ganzen Tag uͤber ſteuerten wir gegen die Kuͤſte hin, und um 4 Uhr Nachmittags waren wir dem Table-Cap und Portland-Eyland *) gegenuͤber, welches letztere mit jenem durch eine Reihe Klippen zuſammenhaͤngt. Die Kuͤſte beſtand aus weißen, ſteilen Felſen, und wir konnten ſchon die Huͤtten und Feſtungen der Einwohner unterſcheiden, welche wie die Adlers-Neſter oben auf den Klippen er- bauet waren. Die Eingebohrnen liefen in ziemlicher Anzahl laͤngſt den Bergen hin, um uns nachzuſehen. Viele ſetzten ſich auf die Landſpitze gegen Suͤden, aber keiner gab ſich die Muͤhe, ſein Canot ins Meer zu bringen um zu uns heran zu kommen. Wir ſeegelten zwiſchen den verborgnen Klippen und dem Lande durch, liefen bey Hawkes-Bay voruͤber, und ſteuerten ſodann, die Nacht uͤber, laͤngſt der Kuͤſte hin. 1773. October. Am Morgen waren wir jenſeit des Cap Kidnappers und naͤherten uns dem ſchwarzen Cap. Nach dem Fruͤhſtuͤck ſtießen drey Canots vom Lande, welches in dieſer Gegend zwiſchen den Bergen und der Kuͤſte eine kleine Ebene bildet. Da wir nicht weit vom Strande waren, ſo holten ſie uns bald ge- nug ein. In einem derſelben, befand ſich ein vornehmer Mann, der ohne Bedenken ſogleich aufs Verdeck kam. Er war groß, von mittlern Alter, und hatte ein Paar gute, von hieſigem Flachs gemachte, neue Kleidungs-Stuͤcke an. Sein Haar war nach der Landes-Art im feinſten Geſchmack aufgeſetzt, das heißt auf der Scheitel aufgebunden, mit Oel eingeſchmiert und mit Fe- dern beſteckt. In beyden Ohrlaͤppchen trug er ein Stuͤck Albatros-Fell, daran noch die weißen Pflaum-Federn ſaßen, und das Geſicht war uͤber und uͤber in krummen und gewundnen Linien punctirt. Herr Hodges zeichnete ſein Por- trait, welches auch ſehr gut in Kupfer geſtochen iſt. Der Capitain ſchenkte die- ſem Manne ein Stuͤck rothen Boy, etwas Garten-Geſaͤme, ein Paar Schwei- ne und drey Paar Huͤhner. Maheine, unſer junge Reiſegefaͤhrte aus Bo- rabora, der die Sprache der Neu-Seelaͤnder nicht als Tupaia, gleich bey der erſten Unterredung, verſtehen konnte, hoͤrte nicht ſobald daß es hier *) Man ſehe hieruͤber die in Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4., im zwey- ten Bande befindliche Charte von Neu-Seeland. Z z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/424
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/424>, abgerufen am 21.11.2024.