Für die Kranken hatte man bey Ausrüstung unsrer Schiffe ebenfalls be- sonders gesorgt.
Salup, ein Gallert, der aus der Wurzel eines Zweyblatts (Or- chis) bereitet, sehr nahrhaft und leicht verdaulich ist, ward dem Wundarzte zur Abwechselung mit dem gewöhnlichen Sayo, für die scorburischen Kranken anvertraut.
Robb oder dick eingekochter Saft von Citronen und Orangen, ward zur Arzney gegen den Scharbock mitgegeben; allein, weil man wegen der Kostbarkeit des Mittels die Dosin viel zu geringe vorgeschrieben hatte, so ließ sich keine vollstän- dige Cur davon erwarten. Ueberdem hielt sich unser rechtschaffener Wundarzt, Herr Patton, auch nicht für berechtigt, mit seinen Kranken Experimente zu ma- chen, so lange er noch würklich bewährte Genesungs-Mittel in Händen hatte. Doch versichert er, daß der Robb von großem Nutzen sey.
Eine Marmelade von gelben Möhren oder Carotten, (Daucus Carota) die dem gewöhnlichen schwarzen Zucker-Syrup an Farbe und Geschmack sehr ähnlich ist, hatte der Herr Baron von Muzel Stosch in Berlin zur Probe gegen den Scharbock vorgeschlagen. Sie laxirt gelinde, und kann als ein Hülfs- mittel angesehn werden; eine Cur aber wird sie schwerlich zuwege bringen.
Das schätzbarste Mittel gegen den Scharbock, welches nach vielen wiederholten Erfahrungen selbst den gefährlichsten Grad dieser Krankheit curirt, ist die frische Infusion von Malz. Wir hatten dreyßig Tonnen mit Malz an Bord, und so bald sich der Schaarbock merken ließ, ja in kalten Gegenden noch eher, ward täglich eine frische Infusion gemacht, und denen die zum Scharbock geneigt waren, als ein Präservativ gereicht. Die würklichen Kranken, deren wir sehr wenige hatten, mußten jeden Tag bis drey Quart trinken. Bey ge- schwollnen Gliedern oder Beulen, wurden die Trebern, als warme Umschläge, mit dem besten Erfolg gebraucht. Doctor Macbride in Irrland, war der erste, der das Malz als ein antiscorbutisches Mittel angab; und nunmehro ist es auf der engli- schen Flotte als unentbehrlich eingeführt, so daß ein jedes Schiff einen gewissen
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Einleitung.
Fuͤr die Kranken hatte man bey Ausruͤſtung unſrer Schiffe ebenfalls be- ſonders geſorgt.
Salup, ein Gallert, der aus der Wurzel eines Zweyblatts (Or- chis) bereitet, ſehr nahrhaft und leicht verdaulich iſt, ward dem Wundarzte zur Abwechſelung mit dem gewoͤhnlichen Sayo, fuͤr die ſcorburiſchen Kranken anvertraut.
Robb oder dick eingekochter Saft von Citronen und Orangen, ward zur Arzney gegen den Scharbock mitgegeben; allein, weil man wegen der Koſtbarkeit des Mittels die Doſin viel zu geringe vorgeſchrieben hatte, ſo ließ ſich keine vollſtaͤn- dige Cur davon erwarten. Ueberdem hielt ſich unſer rechtſchaffener Wundarzt, Herr Patton, auch nicht fuͤr berechtigt, mit ſeinen Kranken Experimente zu ma- chen, ſo lange er noch wuͤrklich bewaͤhrte Geneſungs-Mittel in Haͤnden hatte. Doch verſichert er, daß der Robb von großem Nutzen ſey.
Eine Marmelade von gelben Moͤhren oder Carotten, (Daucus Carota) die dem gewoͤhnlichen ſchwarzen Zucker-Syrup an Farbe und Geſchmack ſehr aͤhnlich iſt, hatte der Herr Baron von Muzel Stoſch in Berlin zur Probe gegen den Scharbock vorgeſchlagen. Sie laxirt gelinde, und kann als ein Huͤlfs- mittel angeſehn werden; eine Cur aber wird ſie ſchwerlich zuwege bringen.
Das ſchaͤtzbarſte Mittel gegen den Scharbock, welches nach vielen wiederholten Erfahrungen ſelbſt den gefaͤhrlichſten Grad dieſer Krankheit curirt, iſt die friſche Infuſion von Malz. Wir hatten dreyßig Tonnen mit Malz an Bord, und ſo bald ſich der Schaarbock merken ließ, ja in kalten Gegenden noch eher, ward taͤglich eine friſche Infuſion gemacht, und denen die zum Scharbock geneigt waren, als ein Praͤſervativ gereicht. Die wuͤrklichen Kranken, deren wir ſehr wenige hatten, mußten jeden Tag bis drey Quart trinken. Bey ge- ſchwollnen Gliedern oder Beulen, wurden die Trebern, als warme Umſchlaͤge, mit dem beſten Erfolg gebraucht. Doctor Macbride in Irrland, war der erſte, der das Malz als ein antiſcorbutiſches Mittel angab; und nunmehro iſt es auf der engli- ſchen Flotte als unentbehrlich eingefuͤhrt, ſo daß ein jedes Schiff einen gewiſſen
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[0042]
Einleitung.
Fuͤr die Kranken hatte man bey Ausruͤſtung unſrer Schiffe ebenfalls be-
ſonders geſorgt.
Salup, ein Gallert, der aus der Wurzel eines Zweyblatts (Or-
chis) bereitet, ſehr nahrhaft und leicht verdaulich iſt, ward dem Wundarzte
zur Abwechſelung mit dem gewoͤhnlichen Sayo, fuͤr die ſcorburiſchen Kranken
anvertraut.
Robb oder dick eingekochter Saft von Citronen und Orangen, ward zur
Arzney gegen den Scharbock mitgegeben; allein, weil man wegen der Koſtbarkeit
des Mittels die Doſin viel zu geringe vorgeſchrieben hatte, ſo ließ ſich keine vollſtaͤn-
dige Cur davon erwarten. Ueberdem hielt ſich unſer rechtſchaffener Wundarzt,
Herr Patton, auch nicht fuͤr berechtigt, mit ſeinen Kranken Experimente zu ma-
chen, ſo lange er noch wuͤrklich bewaͤhrte Geneſungs-Mittel in Haͤnden hatte.
Doch verſichert er, daß der Robb von großem Nutzen ſey.
Eine Marmelade von gelben Moͤhren oder Carotten, (Daucus Carota)
die dem gewoͤhnlichen ſchwarzen Zucker-Syrup an Farbe und Geſchmack ſehr
aͤhnlich iſt, hatte der Herr Baron von Muzel Stoſch in Berlin zur Probe gegen
den Scharbock vorgeſchlagen. Sie laxirt gelinde, und kann als ein Huͤlfs-
mittel angeſehn werden; eine Cur aber wird ſie ſchwerlich zuwege bringen.
Das ſchaͤtzbarſte Mittel gegen den Scharbock, welches nach vielen
wiederholten Erfahrungen ſelbſt den gefaͤhrlichſten Grad dieſer Krankheit curirt,
iſt die friſche Infuſion von Malz. Wir hatten dreyßig Tonnen mit Malz an
Bord, und ſo bald ſich der Schaarbock merken ließ, ja in kalten Gegenden noch
eher, ward taͤglich eine friſche Infuſion gemacht, und denen die zum Scharbock
geneigt waren, als ein Praͤſervativ gereicht. Die wuͤrklichen Kranken, deren
wir ſehr wenige hatten, mußten jeden Tag bis drey Quart trinken. Bey ge-
ſchwollnen Gliedern oder Beulen, wurden die Trebern, als warme Umſchlaͤge, mit
dem beſten Erfolg gebraucht. Doctor Macbride in Irrland, war der erſte, der das
Malz als ein antiſcorbutiſches Mittel angab; und nunmehro iſt es auf der engli-
ſchen Flotte als unentbehrlich eingefuͤhrt, ſo daß ein jedes Schiff einen gewiſſen
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/42>, abgerufen am 22.11.2024.
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