Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. in Europa hingegen ist eine verunglückte Jungfer fast ohne Hoffnung, je1773.October. wieder zu Ehren zu kommen. Türken, Araber, Tartaren treiben ihre Eifer- sucht sogar bis auf eingebildete Zeichen der Jungferschaft, aus welcher sich der Malabar so wenig macht, daß er sie seinem Götzen opfert. -- Keine von diesen Weibspersonen blieb nach Untergang der Sonne am Am nächsten Morgen kam des Capitains Freund Attaha, oder Attag- Forsters Reise u. d. W. erster Th. X x
in den Jahren 1772 bis 1775. in Europa hingegen iſt eine verungluͤckte Jungfer faſt ohne Hoffnung, je1773.October. wieder zu Ehren zu kommen. Tuͤrken, Araber, Tartaren treiben ihre Eifer- ſucht ſogar bis auf eingebildete Zeichen der Jungferſchaft, aus welcher ſich der Malabar ſo wenig macht, daß er ſie ſeinem Goͤtzen opfert. — Keine von dieſen Weibsperſonen blieb nach Untergang der Sonne am Am naͤchſten Morgen kam des Capitains Freund Attaha, oder Attag- Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. X x
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in den Jahren 1772 bis 1775.
in Europa hingegen iſt eine verungluͤckte Jungfer faſt ohne Hoffnung, je
wieder zu Ehren zu kommen. Tuͤrken, Araber, Tartaren treiben ihre Eifer-
ſucht ſogar bis auf eingebildete Zeichen der Jungferſchaft, aus welcher ſich
der Malabar ſo wenig macht, daß er ſie ſeinem Goͤtzen opfert. —
1773.
October.
Keine von dieſen Weibsperſonen blieb nach Untergang der Sonne am
Schiff, ſondern ſie kehrten alle wieder aus Land zuruͤck, um ſich, gleich den meh-
reſten ihrer Landsleute, nicht weit von der Kuͤſte, unter die Baͤume hin zu le-
gen. Dort zuͤndeten ſie viele Feuer an, und man hoͤrte ſie den groͤſten Theil der
Nacht zuſammen plaudern. Sie ſchienen auf den Handel mit uns ſo erpicht
zu ſeyn, daß ſie blos deswegen nicht zu ihren entfernten Wohnungen zuruͤck
kehrten. Unſere Waaren ſtanden in hohem Werth bey ihnen. Ein Huhn galt
gemeiniglich einen großen Nagel; fuͤr kleinere aber bekamen wir nur Fruͤchte,
als Bananen, Cocosnuͤſſe und dergleichen. Die Einwohner wandten dies Eiſen-
werk zum Putz an, und trugen die Naͤgel mehrentheils an einem Bande um
den Hals oder ſteckten ſolche durchs Ohr. Die Huͤhner waren von ausnehmender
Groͤße und von vortreflichem Geſchmack; hatten auch gemeiniglich ein ſehr
glaͤnzendes Gefieder, das ins Rothe und Goldfarbige ſpielte. Die Haͤhne aber
wurden gern von den Matroſen gekauft, um ſich das barbariſche Vergnuͤgen
zu machen, ſie kaͤmpfen zu ſehn. Seit unſerer Abreiſe von Huaheine hatten ſie die
armen Thiere taͤglich gemartert, ihnen die Fluͤgel zu ſtutzen und ſie gegen einan-
der aufzubringen; mit den Haͤhnen von Huaheine war es ihnen auch ſo gut ge-
lungen, daß viele derſelben eben ſo erhitzt fochten, als die beſten engliſchen
Kampfhaͤhne. Mit den hieſigen aber wollte es ihnen nicht gluͤcken; und weil
ſie denn nicht fechten wollten, ſo mußten die Matroſen ſich ſchon entſchließen ſie
aufzufreſſen.
Am naͤchſten Morgen kam des Capitains Freund Attaha, oder Attag-
ha, ſehr zeitig an Bord und fruͤhſtuͤckte mit uns. Seine Kleidung beſtand aus
Matten, wovon er eine, des kalten Morgens wegen, uͤber die Schultern geſchla-
gen hatte. Herr Hodges wuͤnſchte ihn bey dieſer Gelegenheit abzuzeichnen;
da es aber dem Indianer an einem gewiſſen Grad von Aufmerkſamkeit und
Nachdenken fehlte, den man bey allen unciviliſirten Voͤlkern vermißt; ſo koſtete
es uns nicht wenig Muͤhe, ihn eine Zeitlang zum Stillſitzen zu bringen. Dem
Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. X x
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