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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
gehen, doch mögen sie in den Baumgärten der Eingebohrnen viel Schaden an-1773.
October.

richten, denn sie leben größtentheils von Früchten. Dies schlossen wir unter an-
dern daraus, weil die Leute, welche bey Abfeurung unsrer Flinten zugegen wa-
ren, ein großes Wohlgefallen über die Niederlage bezeugten, die wir unter ih-
ren Feinden anrichteten. Sie wissen diese Thiere auch lebendig zu fangen und
sperren sie alsdenn in Käfige von geflochtner Arbeit, die gleich den Fisch-Reu-
sen, sehr künstlich, mit einem trichterförmigen Eingange, versehen sind, so
daß das Thier sehr leicht hineingebracht werden, aber nicht wieder herauskom-
men kann; man versicherte uns, daß diese Creaturen sehr beißig wären, wozu
es ihnen auch nicht an großen scharfen Zähnen fehlte. Da wir von Tahiti, den
Societäts-Inseln, und Ea-Uwhe her wußten, daß, an dem Orte, wo ein Casua-
rina-
Baum stehe, ein Begräbniß Platz gemeiniglich nicht weit sey; so vermutheten
wir beym Anblick dieses traurigen Baums, dessen Ansehn die schwarzen Fleder-
mäuse noch finstrer machten, daß auch hier ein Grabhügel in der Nähe seyn
müsse: Und so war es in der That. Wir gelangten nemlich bald auf einen schö-
nen Grasplatz, der rund umher von Casuarinas, Pandangs, wilden Sayo-
Palmen und andern Bäumen beschattet war. Vornemlich stand längst der einen
Seite eine Reihe von Barringtonia's, die so dick als die stärksten Eichen
waren und deren große schöne Blüthen mehrentheils auf der Erde umher lagen.
Am obern Ende dieses Platzes sahen wir eine Erhöhung von 2 bis 3 Fus,
die am untern Seitenrande mit viereckig gehauenen Coralsteinen ausgelegt und,
zu desto bequemern Hinaufsteigen, mit zwey Stufen von Coralstein versehen war.
Oben war der Hügel mit grünem Rasen bedeckt, und eine Hütte darauf er-
bauet, die der Todten-Hütte auf Ea-Uwhe gleich sahe. Sie war ohn-
gefähr 20 Fus lang, 15 breit und 10 Fus hoch; das Dach bestand aus Pi-
sangblätter und reichte fast bis ganz auf die Erde herab. Innerhalb hatte man
den Fusboden mit kleinen weißen Coralsteinen bestreuet, und auf diesen lag in
einer Ecke eine ohngefähr 8 Fus lange und 12 Zoll hohe Schicht von schwarzen
Kieseln. Nach der Aussage eines Indianers, der mit in die Hütte gieng,
indeß die übrigen in einiger Entfernung stehen blieben, lag hier ein Mann begra-
ben; er deutete während seiner Erzählung auf die Stelle, wo ihm der kleine
Finger fehlte, und erklärte sich ganz deutlich, daß diese Verstümmlung bey

U u 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
gehen, doch moͤgen ſie in den Baumgaͤrten der Eingebohrnen viel Schaden an-1773.
October.

richten, denn ſie leben groͤßtentheils von Fruͤchten. Dies ſchloſſen wir unter an-
dern daraus, weil die Leute, welche bey Abfeurung unſrer Flinten zugegen wa-
ren, ein großes Wohlgefallen uͤber die Niederlage bezeugten, die wir unter ih-
ren Feinden anrichteten. Sie wiſſen dieſe Thiere auch lebendig zu fangen und
ſperren ſie alsdenn in Kaͤfige von geflochtner Arbeit, die gleich den Fiſch-Reu-
ſen, ſehr kuͤnſtlich, mit einem trichterfoͤrmigen Eingange, verſehen ſind, ſo
daß das Thier ſehr leicht hineingebracht werden, aber nicht wieder herauskom-
men kann; man verſicherte uns, daß dieſe Creaturen ſehr beißig waͤren, wozu
es ihnen auch nicht an großen ſcharfen Zaͤhnen fehlte. Da wir von Tahiti, den
Societaͤts-Inſeln, und Ea-Uwhe her wußten, daß, an dem Orte, wo ein Caſua-
rina-
Baum ſtehe, ein Begraͤbniß Platz gemeiniglich nicht weit ſey; ſo vermutheten
wir beym Anblick dieſes traurigen Baums, deſſen Anſehn die ſchwarzen Fleder-
maͤuſe noch finſtrer machten, daß auch hier ein Grabhuͤgel in der Naͤhe ſeyn
muͤſſe: Und ſo war es in der That. Wir gelangten nemlich bald auf einen ſchoͤ-
nen Grasplatz, der rund umher von Caſuarinas, Pandangs, wilden Sayo-
Palmen und andern Baͤumen beſchattet war. Vornemlich ſtand laͤngſt der einen
Seite eine Reihe von Barringtonia’s, die ſo dick als die ſtaͤrkſten Eichen
waren und deren große ſchoͤne Bluͤthen mehrentheils auf der Erde umher lagen.
Am obern Ende dieſes Platzes ſahen wir eine Erhoͤhung von 2 bis 3 Fus,
die am untern Seitenrande mit viereckig gehauenen Coralſteinen ausgelegt und,
zu deſto bequemern Hinaufſteigen, mit zwey Stufen von Coralſtein verſehen war.
Oben war der Huͤgel mit gruͤnem Raſen bedeckt, und eine Huͤtte darauf er-
bauet, die der Todten-Huͤtte auf Ea-Uwhe gleich ſahe. Sie war ohn-
gefaͤhr 20 Fus lang, 15 breit und 10 Fus hoch; das Dach beſtand aus Pi-
ſangblaͤtter und reichte faſt bis ganz auf die Erde herab. Innerhalb hatte man
den Fusboden mit kleinen weißen Coralſteinen beſtreuet, und auf dieſen lag in
einer Ecke eine ohngefaͤhr 8 Fus lange und 12 Zoll hohe Schicht von ſchwarzen
Kieſeln. Nach der Ausſage eines Indianers, der mit in die Huͤtte gieng,
indeß die uͤbrigen in einiger Entfernung ſtehen blieben, lag hier ein Mann begra-
ben; er deutete waͤhrend ſeiner Erzaͤhlung auf die Stelle, wo ihm der kleine
Finger fehlte, und erklaͤrte ſich ganz deutlich, daß dieſe Verſtuͤmmlung bey

U u 2
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[339/0398] in den Jahren 1772 bis 1775. gehen, doch moͤgen ſie in den Baumgaͤrten der Eingebohrnen viel Schaden an- richten, denn ſie leben groͤßtentheils von Fruͤchten. Dies ſchloſſen wir unter an- dern daraus, weil die Leute, welche bey Abfeurung unſrer Flinten zugegen wa- ren, ein großes Wohlgefallen uͤber die Niederlage bezeugten, die wir unter ih- ren Feinden anrichteten. Sie wiſſen dieſe Thiere auch lebendig zu fangen und ſperren ſie alsdenn in Kaͤfige von geflochtner Arbeit, die gleich den Fiſch-Reu- ſen, ſehr kuͤnſtlich, mit einem trichterfoͤrmigen Eingange, verſehen ſind, ſo daß das Thier ſehr leicht hineingebracht werden, aber nicht wieder herauskom- men kann; man verſicherte uns, daß dieſe Creaturen ſehr beißig waͤren, wozu es ihnen auch nicht an großen ſcharfen Zaͤhnen fehlte. Da wir von Tahiti, den Societaͤts-Inſeln, und Ea-Uwhe her wußten, daß, an dem Orte, wo ein Caſua- rina-Baum ſtehe, ein Begraͤbniß Platz gemeiniglich nicht weit ſey; ſo vermutheten wir beym Anblick dieſes traurigen Baums, deſſen Anſehn die ſchwarzen Fleder- maͤuſe noch finſtrer machten, daß auch hier ein Grabhuͤgel in der Naͤhe ſeyn muͤſſe: Und ſo war es in der That. Wir gelangten nemlich bald auf einen ſchoͤ- nen Grasplatz, der rund umher von Caſuarinas, Pandangs, wilden Sayo- Palmen und andern Baͤumen beſchattet war. Vornemlich ſtand laͤngſt der einen Seite eine Reihe von Barringtonia’s, die ſo dick als die ſtaͤrkſten Eichen waren und deren große ſchoͤne Bluͤthen mehrentheils auf der Erde umher lagen. Am obern Ende dieſes Platzes ſahen wir eine Erhoͤhung von 2 bis 3 Fus, die am untern Seitenrande mit viereckig gehauenen Coralſteinen ausgelegt und, zu deſto bequemern Hinaufſteigen, mit zwey Stufen von Coralſtein verſehen war. Oben war der Huͤgel mit gruͤnem Raſen bedeckt, und eine Huͤtte darauf er- bauet, die der Todten-Huͤtte auf Ea-Uwhe gleich ſahe. Sie war ohn- gefaͤhr 20 Fus lang, 15 breit und 10 Fus hoch; das Dach beſtand aus Pi- ſangblaͤtter und reichte faſt bis ganz auf die Erde herab. Innerhalb hatte man den Fusboden mit kleinen weißen Coralſteinen beſtreuet, und auf dieſen lag in einer Ecke eine ohngefaͤhr 8 Fus lange und 12 Zoll hohe Schicht von ſchwarzen Kieſeln. Nach der Ausſage eines Indianers, der mit in die Huͤtte gieng, indeß die uͤbrigen in einiger Entfernung ſtehen blieben, lag hier ein Mann begra- ben; er deutete waͤhrend ſeiner Erzaͤhlung auf die Stelle, wo ihm der kleine Finger fehlte, und erklaͤrte ſich ganz deutlich, daß dieſe Verſtuͤmmlung bey 1773. October. U u 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/398>, abgerufen am 16.07.2024.