Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.October.Schaalen (mytuli) dicht an der Haut abgezwickt. Die Weibsleute waren durchgehends ein Paar Zoll kleiner als die Mannspersonen; jedoch nicht so klein als die gemeinen Frauensleute auf Tahiti und den Societäts-Inseln. Der Obertheil des Cörpers war allemal von ungemein schöner Proportion, und die Hände nebst den Armen völlig eben so fein gebildet als bey dem Tahitischen Frauenzimmer; dagegen hatten sie, gleich jenen, zu große Füße und zu dicke Beine. Ihre Gesichtszüge waren eben nicht regelmäßig schön, hatten aber et- was sehr angenehmes, welches in den Societäts-Inseln, bey dem weiblichen Ge- schlecht durchgehends der Fall zu seyn pflegte; doch gab es dort unter den Vor- nehmern einzelne Schönheiten, dergleichen wir hier nirgends antrafen. So- wohl die Manns-als Frauenspersonen waren, ohne Unterschied des Standes- von hell castanienbrauner Leibesfarbe, und schienen durchgehends einer vollkomm- nen Gesundheit zu genießen. Unter den Männern war das Punctiren und Ein- schwärzen der Haut allgemein; vornemlich pflegten der Bauch und die Lenden eben so stark, und in noch künstlichern Figuren tättowirt oder bezeichnet zu seyn, als wir es auf Tahiti gesehen hatten. Selbst die zartesten Glieder des Cörpers, auf denen die Operation nicht nur sehr schmerzhaft, sondern auch, wegen der glandulösen Theile, sehr gefährlich seyn muß, waren nicht unpunctirt. Mit Recht erstaunten wir darüber: Nam et picta pandit spectacula cauda. Horat. Bey den Frauensleuten hingegen war es nicht üblich sich auf diese Art häßlich Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.October.Schaalen (mytuli) dicht an der Haut abgezwickt. Die Weibsleute waren durchgehends ein Paar Zoll kleiner als die Mannsperſonen; jedoch nicht ſo klein als die gemeinen Frauensleute auf Tahiti und den Societaͤts-Inſeln. Der Obertheil des Coͤrpers war allemal von ungemein ſchoͤner Proportion, und die Haͤnde nebſt den Armen voͤllig eben ſo fein gebildet als bey dem Tahitiſchen Frauenzimmer; dagegen hatten ſie, gleich jenen, zu große Fuͤße und zu dicke Beine. Ihre Geſichtszuͤge waren eben nicht regelmaͤßig ſchoͤn, hatten aber et- was ſehr angenehmes, welches in den Societaͤts-Inſeln, bey dem weiblichen Ge- ſchlecht durchgehends der Fall zu ſeyn pflegte; doch gab es dort unter den Vor- nehmern einzelne Schoͤnheiten, dergleichen wir hier nirgends antrafen. So- wohl die Manns-als Frauensperſonen waren, ohne Unterſchied des Standes- von hell caſtanienbrauner Leibesfarbe, und ſchienen durchgehends einer vollkomm- nen Geſundheit zu genießen. Unter den Maͤnnern war das Punctiren und Ein- ſchwaͤrzen der Haut allgemein; vornemlich pflegten der Bauch und die Lenden eben ſo ſtark, und in noch kuͤnſtlichern Figuren taͤttowirt oder bezeichnet zu ſeyn, als wir es auf Tahiti geſehen hatten. Selbſt die zarteſten Glieder des Coͤrpers, auf denen die Operation nicht nur ſehr ſchmerzhaft, ſondern auch, wegen der glanduloͤſen Theile, ſehr gefaͤhrlich ſeyn muß, waren nicht unpunctirt. Mit Recht erſtaunten wir daruͤber: Nam et picta pandit ſpectacula cauda. Horat. Bey den Frauensleuten hingegen war es nicht uͤblich ſich auf dieſe Art haͤßlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0381" n="326"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/> October.</note>Schaalen (<hi rendition="#aq">mytuli</hi>) dicht an der Haut abgezwickt. 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Forſter’s Reiſe um die Welt
Schaalen (mytuli) dicht an der Haut abgezwickt. Die Weibsleute
waren durchgehends ein Paar Zoll kleiner als die Mannsperſonen; jedoch nicht
ſo klein als die gemeinen Frauensleute auf Tahiti und den Societaͤts-Inſeln.
Der Obertheil des Coͤrpers war allemal von ungemein ſchoͤner Proportion, und
die Haͤnde nebſt den Armen voͤllig eben ſo fein gebildet als bey dem Tahitiſchen
Frauenzimmer; dagegen hatten ſie, gleich jenen, zu große Fuͤße und zu dicke
Beine. Ihre Geſichtszuͤge waren eben nicht regelmaͤßig ſchoͤn, hatten aber et-
was ſehr angenehmes, welches in den Societaͤts-Inſeln, bey dem weiblichen Ge-
ſchlecht durchgehends der Fall zu ſeyn pflegte; doch gab es dort unter den Vor-
nehmern einzelne Schoͤnheiten, dergleichen wir hier nirgends antrafen. So-
wohl die Manns-als Frauensperſonen waren, ohne Unterſchied des Standes-
von hell caſtanienbrauner Leibesfarbe, und ſchienen durchgehends einer vollkomm-
nen Geſundheit zu genießen. Unter den Maͤnnern war das Punctiren und Ein-
ſchwaͤrzen der Haut allgemein; vornemlich pflegten der Bauch und die Lenden
eben ſo ſtark, und in noch kuͤnſtlichern Figuren taͤttowirt oder bezeichnet zu ſeyn,
als wir es auf Tahiti geſehen hatten. Selbſt die zarteſten Glieder des Coͤrpers,
auf denen die Operation nicht nur ſehr ſchmerzhaft, ſondern auch, wegen der
glanduloͤſen Theile, ſehr gefaͤhrlich ſeyn muß, waren nicht unpunctirt. Mit
Recht erſtaunten wir daruͤber:
1773.
October.
Nam et picta pandit ſpectacula cauda.
Horat.
Bey den Frauensleuten hingegen war es nicht uͤblich ſich auf dieſe Art haͤßlich
zu verſchoͤnern. Sie hatten blos, gleich den Maͤnnern, drey runde Flecke auf
jedem Arm, die eine Menge in einander paſſenden Cirkel vorſtellten, und in die
Haut punctirt aber nicht mit ſchwarzer Farbe eingerieben waren. Naͤchſt dieſer
Verzierung begnuͤgten ſie ſich mit ein Paar ſchwarzen Puncten auf den Haͤn-
den. Die Maͤnner giengen faſt gaͤnzlich nackend, indem ſie mehrentheils nur
ein ſchmales Stuͤck Zeug, wie eine Scherfe, um die Huͤften geſchlagen hatten;
doch war es manchmal etwas laͤnger, und reichte alsdenn, faſt wie ein
Frauensrock, von den Huͤften bis uͤber die Knie hinab. Die Weiber hinge-
gen ſchlugen das Zeug unmittelbar unter der Bruſt um den Leib, und von da
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