Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.August.nossen, welchen unsre Freunde herbey geschaft hatten. Durch diese Erfrischung fühlten wir uns ganz gestärkt und giengen mit neuen Kräften vollends nach dem Thal hinab. Gleich versammlete sich eine Menge Indianer, die uns allerseits über die Ebne nach der See hin begleiten wollten. Eben da sie Anstalt dazu machten, kam ein wohl aussehender Mann, nebst seiner Toch- ter, einem jungen Mädchen von sechzehen Jahren, herbey, und bat uns, in seinem Hause, welches etwas weiter aufwärts lag, eine Mahlzeit einzunehmen. Ob wir nun gleich so herzlich müde waren, daß wir dieser Ehre gern wären über- hoben gewesen; so wollten wir seine Höflichkeit doch nicht verschmähen und folgten ihm also. Der Weg gieng ohngefähr 2 Meilen weit, an den herrlichen Ufern des Matavai-Flusses, überall durch schöne Pflanzungen von Cocos- Brod- frucht- Aepfel- und Maulbeer-Bäumen, die mit Feldern von Pisang- und Arum- Wurzeln abwechselten. Längst dem ganzen Thal hinauf, schlängelte sich der Fluß immer queer über den Weg, so daß man oft durchwaden mußte; allein unser Führer, nebst seinen Bedienten, bestanden darauf, uns jedesmahl auf ihren Rücken hindurchzutragen. Endlich kamen wir bey unsres Wirthes Hause an, das auf einem kleinen Hügel lag, neben welchem der Fluß über ein Kieselbette sanft vorbey rauschte. Die Anstalten zur Mahlzeit waren bald ge- macht; in einer Ecke des Hauses breitete man eine schöne Matte auf die Erde und die Verwandten unsers Freundes setzten sich neben derselben um uns her. Seine Tochter übertraf an zierlicher Bildung, heller Farbe und angenehmen Ge- sichtszügen, fast alle Tahitischen Schönheiten, die wir bisher gesehn, und Sie sowohl als andre ihrer jungen Gespielen ließen es gewiß an nichts fehlen, sich beliebt zu machen. Das thätigste Mittel, welches sie außer ihrem gewöhnli- chen Lächeln anwandten, unsre schläfrige Müdigkeit zu vertreiben, bestand dar- inn, daß sie uns mit ihren weichen Händen die Arme und die Schenkel gelinde rieben und dabey die Muskeln zwischen den Fingern sanft zusammen drückten. Diese Operation bekam uns vortreflich. Ob sie den Umlauf des Bluts in den feinern Gefäßen befördern, oder den erschlaften, müden Muskeln ihre vorige Elasticität unmittelbar wieder geben mochte? will ich nicht entscheiden; genug, wir wurden nach derselben ganz munter und spürten in kurzer Zeit nicht das ge- ringste mehr von unsrer vorigen Ermüdung. Capitain Wallis gedenkt dieser Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Auguſt.noſſen, welchen unſre Freunde herbey geſchaft hatten. Durch dieſe Erfriſchung fuͤhlten wir uns ganz geſtaͤrkt und giengen mit neuen Kraͤften vollends nach dem Thal hinab. Gleich verſammlete ſich eine Menge Indianer, die uns allerſeits uͤber die Ebne nach der See hin begleiten wollten. Eben da ſie Anſtalt dazu machten, kam ein wohl ausſehender Mann, nebſt ſeiner Toch- ter, einem jungen Maͤdchen von ſechzehen Jahren, herbey, und bat uns, in ſeinem Hauſe, welches etwas weiter aufwaͤrts lag, eine Mahlzeit einzunehmen. Ob wir nun gleich ſo herzlich muͤde waren, daß wir dieſer Ehre gern waͤren uͤber- hoben geweſen; ſo wollten wir ſeine Hoͤflichkeit doch nicht verſchmaͤhen und folgten ihm alſo. Der Weg gieng ohngefaͤhr 2 Meilen weit, an den herrlichen Ufern des Matavai-Fluſſes, uͤberall durch ſchoͤne Pflanzungen von Cocos- Brod- frucht- Aepfel- und Maulbeer-Baͤumen, die mit Feldern von Piſang- und Arum- Wurzeln abwechſelten. Laͤngſt dem ganzen Thal hinauf, ſchlaͤngelte ſich der Fluß immer queer uͤber den Weg, ſo daß man oft durchwaden mußte; allein unſer Fuͤhrer, nebſt ſeinen Bedienten, beſtanden darauf, uns jedesmahl auf ihren Ruͤcken hindurchzutragen. Endlich kamen wir bey unſres Wirthes Hauſe an, das auf einem kleinen Huͤgel lag, neben welchem der Fluß uͤber ein Kieſelbette ſanft vorbey rauſchte. Die Anſtalten zur Mahlzeit waren bald ge- macht; in einer Ecke des Hauſes breitete man eine ſchoͤne Matte auf die Erde und die Verwandten unſers Freundes ſetzten ſich neben derſelben um uns her. Seine Tochter uͤbertraf an zierlicher Bildung, heller Farbe und angenehmen Ge- ſichtszuͤgen, faſt alle Tahitiſchen Schoͤnheiten, die wir bisher geſehn, und Sie ſowohl als andre ihrer jungen Geſpielen ließen es gewiß an nichts fehlen, ſich beliebt zu machen. Das thaͤtigſte Mittel, welches ſie außer ihrem gewoͤhnli- chen Laͤcheln anwandten, unſre ſchlaͤfrige Muͤdigkeit zu vertreiben, beſtand dar- inn, daß ſie uns mit ihren weichen Haͤnden die Arme und die Schenkel gelinde rieben und dabey die Muskeln zwiſchen den Fingern ſanft zuſammen druͤckten. Dieſe Operation bekam uns vortreflich. Ob ſie den Umlauf des Bluts in den feinern Gefaͤßen befoͤrdern, oder den erſchlaften, muͤden Muskeln ihre vorige Elaſticitaͤt unmittelbar wieder geben mochte? will ich nicht entſcheiden; genug, wir wurden nach derſelben ganz munter und ſpuͤrten in kurzer Zeit nicht das ge- ringſte mehr von unſrer vorigen Ermuͤdung. 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Forſter’s Reiſe um die Welt
noſſen, welchen unſre Freunde herbey geſchaft hatten. Durch dieſe Erfriſchung
fuͤhlten wir uns ganz geſtaͤrkt und giengen mit neuen Kraͤften vollends nach
dem Thal hinab. Gleich verſammlete ſich eine Menge Indianer, die uns
allerſeits uͤber die Ebne nach der See hin begleiten wollten. Eben da
ſie Anſtalt dazu machten, kam ein wohl ausſehender Mann, nebſt ſeiner Toch-
ter, einem jungen Maͤdchen von ſechzehen Jahren, herbey, und bat uns, in
ſeinem Hauſe, welches etwas weiter aufwaͤrts lag, eine Mahlzeit einzunehmen.
Ob wir nun gleich ſo herzlich muͤde waren, daß wir dieſer Ehre gern waͤren uͤber-
hoben geweſen; ſo wollten wir ſeine Hoͤflichkeit doch nicht verſchmaͤhen und
folgten ihm alſo. Der Weg gieng ohngefaͤhr 2 Meilen weit, an den herrlichen
Ufern des Matavai-Fluſſes, uͤberall durch ſchoͤne Pflanzungen von Cocos- Brod-
frucht- Aepfel- und Maulbeer-Baͤumen, die mit Feldern von Piſang- und Arum-
Wurzeln abwechſelten. Laͤngſt dem ganzen Thal hinauf, ſchlaͤngelte ſich der Fluß
immer queer uͤber den Weg, ſo daß man oft durchwaden mußte; allein unſer
Fuͤhrer, nebſt ſeinen Bedienten, beſtanden darauf, uns jedesmahl auf
ihren Ruͤcken hindurchzutragen. Endlich kamen wir bey unſres Wirthes
Hauſe an, das auf einem kleinen Huͤgel lag, neben welchem der Fluß uͤber ein
Kieſelbette ſanft vorbey rauſchte. Die Anſtalten zur Mahlzeit waren bald ge-
macht; in einer Ecke des Hauſes breitete man eine ſchoͤne Matte auf die Erde
und die Verwandten unſers Freundes ſetzten ſich neben derſelben um uns her.
Seine Tochter uͤbertraf an zierlicher Bildung, heller Farbe und angenehmen Ge-
ſichtszuͤgen, faſt alle Tahitiſchen Schoͤnheiten, die wir bisher geſehn, und Sie
ſowohl als andre ihrer jungen Geſpielen ließen es gewiß an nichts fehlen, ſich
beliebt zu machen. Das thaͤtigſte Mittel, welches ſie außer ihrem gewoͤhnli-
chen Laͤcheln anwandten, unſre ſchlaͤfrige Muͤdigkeit zu vertreiben, beſtand dar-
inn, daß ſie uns mit ihren weichen Haͤnden die Arme und die Schenkel gelinde
rieben und dabey die Muskeln zwiſchen den Fingern ſanft zuſammen druͤckten.
Dieſe Operation bekam uns vortreflich. Ob ſie den Umlauf des Bluts in den
feinern Gefaͤßen befoͤrdern, oder den erſchlaften, muͤden Muskeln ihre vorige
Elaſticitaͤt unmittelbar wieder geben mochte? will ich nicht entſcheiden; genug,
wir wurden nach derſelben ganz munter und ſpuͤrten in kurzer Zeit nicht das ge-
ringſte mehr von unſrer vorigen Ermuͤdung. Capitain Wallis gedenkt dieſer
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