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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
August.
lebhaften schwarzen Augen gar nicht an Ausdruck. Er hatte einen starken Kne-
bel-Bart, der gleich dem Unterbart und dem starken lockigten Haupt-Haar pech-
schwarz war. Sein Portrait ist, nach einer Zeichnung von Herrn Hodges, zu
Capitain Cooks Nachricht von dieser Reise in Kupfer gestochen. Durch eine
ähnliche Leibesgestalt und gleichen Haarwuchs, der, wie eine überall gleich-dick-
gekräuselte Parücke, gerade aufwärts um den Kopf stand, zeichneten sich auch seine
Brüder und Schwestern aus. Von den ersteren mogte der ältere ohngefähr sech-
zehen und der jüngste etwa zehen Jahr alt seyn. Seine älteste Schwester aber,
welche diesmal nur allein gegenwärtig war, schien fünf bis sechs und zwanzig
Jahr zu seyn. Da die Frauenspersonen hier zu Lande das Haar gemei-
niglich kurz abgeschnitten tragen; so war der Haarputz dieser Dame als
etwas Außerordentliches anzusehen und mogte vielleicht ein besonderes
Vorrecht der königlichen Familie seyn. Ihr hoher Rang befreyte sie jedoch
nicht von der allgemeinen Etiquette, die Schultern in Gegenwart des Königs zu
entblößen, ein Brauch, der dem Frauenzimmer auf unzählige Art Gelegenheit
gab, ihre zierliche Bildung ungemein vortheilhaft sichtbar zu machen. Ihr gan-
zes Gewand bestehet aus einem langen Stück von weißem Zeuge, so dünn als
Mußlin, das auf hundert verschiedne ungekünstelte Weise um den Cörper geschla-
gen wird, je nachdem es der Bequemlichkeit, dem Talente und dem guten Ge-
schmack einer jeden Schöne am zuträglichsten scheint. Sie wissen nichts von
allgemeinen Moden, die mehrentheils nur einigen wenigen Personen gut ste-
hen und die übrigen mehr verstellen als putzen; sondern angebohrne Freyheit
gilt hier auch beym Anzuge und natürliche Grazie verschönert die edle Einfalt
ihrer Tracht und Bildung. -- Die einzige Person, welche die Schultern nicht zu
entblößen brauchte, war des Königs Hoa *) ein Hofbedienter, der sich am be-
sten mit einem Cammerherrn vergleichen läßt und deren der König zwölfe
haben soll, welche nach der Reihe die Aufwartung haben. Zu diesen gehörten
die Leute, welche vorher so schweizermäßig aufs Volk geprügelt und Platz gemacht

hatten.
*) S. Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen, in 4. zweyter Band, wo pag. 240.
stehet: eowa no l' earee, welches aber heißen soll: e-hoa no te erih (das ist: Freund
des Königs.)

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Auguſt.
lebhaften ſchwarzen Augen gar nicht an Ausdruck. Er hatte einen ſtarken Kne-
bel-Bart, der gleich dem Unterbart und dem ſtarken lockigten Haupt-Haar pech-
ſchwarz war. Sein Portrait iſt, nach einer Zeichnung von Herrn Hodges, zu
Capitain Cooks Nachricht von dieſer Reiſe in Kupfer geſtochen. Durch eine
aͤhnliche Leibesgeſtalt und gleichen Haarwuchs, der, wie eine uͤberall gleich-dick-
gekraͤuſelte Paruͤcke, gerade aufwaͤrts um den Kopf ſtand, zeichneten ſich auch ſeine
Bruͤder und Schweſtern aus. Von den erſteren mogte der aͤltere ohngefaͤhr ſech-
zehen und der juͤngſte etwa zehen Jahr alt ſeyn. Seine aͤlteſte Schweſter aber,
welche diesmal nur allein gegenwaͤrtig war, ſchien fuͤnf bis ſechs und zwanzig
Jahr zu ſeyn. Da die Frauensperſonen hier zu Lande das Haar gemei-
niglich kurz abgeſchnitten tragen; ſo war der Haarputz dieſer Dame als
etwas Außerordentliches anzuſehen und mogte vielleicht ein beſonderes
Vorrecht der koͤniglichen Familie ſeyn. Ihr hoher Rang befreyte ſie jedoch
nicht von der allgemeinen Etiquette, die Schultern in Gegenwart des Koͤnigs zu
entbloͤßen, ein Brauch, der dem Frauenzimmer auf unzaͤhlige Art Gelegenheit
gab, ihre zierliche Bildung ungemein vortheilhaft ſichtbar zu machen. Ihr gan-
zes Gewand beſtehet aus einem langen Stuͤck von weißem Zeuge, ſo duͤnn als
Mußlin, das auf hundert verſchiedne ungekuͤnſtelte Weiſe um den Coͤrper geſchla-
gen wird, je nachdem es der Bequemlichkeit, dem Talente und dem guten Ge-
ſchmack einer jeden Schoͤne am zutraͤglichſten ſcheint. Sie wiſſen nichts von
allgemeinen Moden, die mehrentheils nur einigen wenigen Perſonen gut ſte-
hen und die uͤbrigen mehr verſtellen als putzen; ſondern angebohrne Freyheit
gilt hier auch beym Anzuge und natuͤrliche Grazie verſchoͤnert die edle Einfalt
ihrer Tracht und Bildung. — Die einzige Perſon, welche die Schultern nicht zu
entbloͤßen brauchte, war des Koͤnigs Hoa *) ein Hofbedienter, der ſich am be-
ſten mit einem Cammerherrn vergleichen laͤßt und deren der Koͤnig zwoͤlfe
haben ſoll, welche nach der Reihe die Aufwartung haben. Zu dieſen gehoͤrten
die Leute, welche vorher ſo ſchweizermaͤßig aufs Volk gepruͤgelt und Platz gemacht

hatten.
*) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen, in 4. zweyter Band, wo pag. 240.
ſtehet: eowa no l’ earee, welches aber heißen ſoll: e-hoa no te erih (das iſt: Freund
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[248/0301] Forſter’s Reiſe um die Welt lebhaften ſchwarzen Augen gar nicht an Ausdruck. Er hatte einen ſtarken Kne- bel-Bart, der gleich dem Unterbart und dem ſtarken lockigten Haupt-Haar pech- ſchwarz war. Sein Portrait iſt, nach einer Zeichnung von Herrn Hodges, zu Capitain Cooks Nachricht von dieſer Reiſe in Kupfer geſtochen. Durch eine aͤhnliche Leibesgeſtalt und gleichen Haarwuchs, der, wie eine uͤberall gleich-dick- gekraͤuſelte Paruͤcke, gerade aufwaͤrts um den Kopf ſtand, zeichneten ſich auch ſeine Bruͤder und Schweſtern aus. Von den erſteren mogte der aͤltere ohngefaͤhr ſech- zehen und der juͤngſte etwa zehen Jahr alt ſeyn. Seine aͤlteſte Schweſter aber, welche diesmal nur allein gegenwaͤrtig war, ſchien fuͤnf bis ſechs und zwanzig Jahr zu ſeyn. Da die Frauensperſonen hier zu Lande das Haar gemei- niglich kurz abgeſchnitten tragen; ſo war der Haarputz dieſer Dame als etwas Außerordentliches anzuſehen und mogte vielleicht ein beſonderes Vorrecht der koͤniglichen Familie ſeyn. Ihr hoher Rang befreyte ſie jedoch nicht von der allgemeinen Etiquette, die Schultern in Gegenwart des Koͤnigs zu entbloͤßen, ein Brauch, der dem Frauenzimmer auf unzaͤhlige Art Gelegenheit gab, ihre zierliche Bildung ungemein vortheilhaft ſichtbar zu machen. Ihr gan- zes Gewand beſtehet aus einem langen Stuͤck von weißem Zeuge, ſo duͤnn als Mußlin, das auf hundert verſchiedne ungekuͤnſtelte Weiſe um den Coͤrper geſchla- gen wird, je nachdem es der Bequemlichkeit, dem Talente und dem guten Ge- ſchmack einer jeden Schoͤne am zutraͤglichſten ſcheint. Sie wiſſen nichts von allgemeinen Moden, die mehrentheils nur einigen wenigen Perſonen gut ſte- hen und die uͤbrigen mehr verſtellen als putzen; ſondern angebohrne Freyheit gilt hier auch beym Anzuge und natuͤrliche Grazie verſchoͤnert die edle Einfalt ihrer Tracht und Bildung. — Die einzige Perſon, welche die Schultern nicht zu entbloͤßen brauchte, war des Koͤnigs Hoa *) ein Hofbedienter, der ſich am be- ſten mit einem Cammerherrn vergleichen laͤßt und deren der Koͤnig zwoͤlfe haben ſoll, welche nach der Reihe die Aufwartung haben. Zu dieſen gehoͤrten die Leute, welche vorher ſo ſchweizermaͤßig aufs Volk gepruͤgelt und Platz gemacht hatten. 1773. Auguſt. *) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen, in 4. zweyter Band, wo pag. 240. ſtehet: eowa no l’ earee, welches aber heißen ſoll: e-hoa no te erih (das iſt: Freund des Koͤnigs.)

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/301>, abgerufen am 22.11.2024.