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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

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füllten Schale. Indem er sie zum Munde
führen will, verliert sich sein Geist in sei¬
ner inneren Gedankenwelt, und seine Hand
bleibt, ihm unbewusst, schweben. Schön
und rein sind die Lippen von unentweihter
Reinheit. Mildelächelnd belohnen sie, wer
ihrer Stimme horcht; jetzt aber folgen sie
dem Zuge eines weicheren Gefühls. Ist es
vielleicht die stille Freude der Hofnung?
Wenigstens umschweben frohe Gedanken
den geschlossenen Mund, und scheinen
gleichsam zu buhlen um die Hülle des Lau¬
tes. Niedergesenkt ist der Blick; theilneh¬
mende Bewunderung einer geahndeten Grösse
drückt die Augenlieder; unter ihrer grossen
schwärmerischen Wölbung, die so himmlisch¬
rein hervortritt aus dem Schatten der Au¬
genbraun, steht ein Göttergesicht vor der in¬
neren Sehe, wogegen ihm die mit Reiz ge¬
schmückte Erde nur Staub ist. Ein Ocean

füllten Schale. Indem er sie zum Munde
führen will, verliert sich sein Geist in sei¬
ner inneren Gedankenwelt, und seine Hand
bleibt, ihm unbewuſst, schweben. Schön
und rein sind die Lippen von unentweihter
Reinheit. Mildelächelnd belohnen sie, wer
ihrer Stimme horcht; jetzt aber folgen sie
dem Zuge eines weicheren Gefühls. Ist es
vielleicht die stille Freude der Hofnung?
Wenigstens umschweben frohe Gedanken
den geschlossenen Mund, und scheinen
gleichsam zu buhlen um die Hülle des Lau¬
tes. Niedergesenkt ist der Blick; theilneh¬
mende Bewunderung einer geahndeten Gröſse
drückt die Augenlieder; unter ihrer groſsen
schwärmerischen Wölbung, die so himmlisch¬
rein hervortritt aus dem Schatten der Au¬
genbraun, steht ein Göttergesicht vor der in¬
neren Sehe, wogegen ihm die mit Reiz ge¬
schmückte Erde nur Staub ist. Ein Ocean

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[234/0246] füllten Schale. Indem er sie zum Munde führen will, verliert sich sein Geist in sei¬ ner inneren Gedankenwelt, und seine Hand bleibt, ihm unbewuſst, schweben. Schön und rein sind die Lippen von unentweihter Reinheit. Mildelächelnd belohnen sie, wer ihrer Stimme horcht; jetzt aber folgen sie dem Zuge eines weicheren Gefühls. Ist es vielleicht die stille Freude der Hofnung? Wenigstens umschweben frohe Gedanken den geschlossenen Mund, und scheinen gleichsam zu buhlen um die Hülle des Lau¬ tes. Niedergesenkt ist der Blick; theilneh¬ mende Bewunderung einer geahndeten Gröſse drückt die Augenlieder; unter ihrer groſsen schwärmerischen Wölbung, die so himmlisch¬ rein hervortritt aus dem Schatten der Au¬ genbraun, steht ein Göttergesicht vor der in¬ neren Sehe, wogegen ihm die mit Reiz ge¬ schmückte Erde nur Staub ist. Ein Ocean

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/246>, abgerufen am 25.11.2024.