feld entgegengetreten wäre. Mir widerwärtig. Ich hasse solche Fanfaronaden. Er spricht von Braun¬ schweig und Hohenlohe wie von lächerlichen Größen, ich aber halte zu dem fridericianischen Satze, daß die Welt nicht sichrer auf den Schultern des Atlas ruht, als Preußen auf den Schultern seiner Armee."
Während dieses Gespräch zwischen Schach und Frau von Carayon geführt wurde, war das ihnen voranschreitende Paar bis an eine Wegstelle gekommen, von der aus ein Fußpfad über ein frisch gepflügtes Ackerfeld hin sich abzweigte.
"Das ist die Kürche," sagte das Tantchen und zeigte mit ihrem Parasol auf ein neugedecktes Turm¬ dach, dessen Roth aus allerlei Gestrüpp und Gezweig hervorschimmerte. Victoire bestätigte, was sich ohne¬ hin nicht bestreiten ließ, und wandte sich gleich danach nach rückwärts, um die Mama durch eine Kopf- und Handbewegung zu fragen, ob man den hier abzweigen¬ den Fußpfad einschlagen wolle? Frau von Carayon nickte zustimmend, und Tante und Nichte schritten in der angedeuteten Richtung weiter. Überall aus dem braunen Acker stiegen Lerchen auf, die hier, noch ehe die Saat heraus war, schon ihr Furchennest gebaut hatten, ganz zuletzt aber kam ein Stück brachliegendes Feld, das bis an die Kirchhofsmauer lief, und, außer einer spärlichen Grasnarbe, nichts aufwies, als einen trichterförmigen Tümpel, in dem ein Unkenpaar musi¬
4*
feld entgegengetreten wäre. Mir widerwärtig. Ich haſſe ſolche Fanfaronaden. Er ſpricht von Braun¬ ſchweig und Hohenlohe wie von lächerlichen Größen, ich aber halte zu dem fridericianiſchen Satze, daß die Welt nicht ſichrer auf den Schultern des Atlas ruht, als Preußen auf den Schultern ſeiner Armee.“
Während dieſes Geſpräch zwiſchen Schach und Frau von Carayon geführt wurde, war das ihnen voranſchreitende Paar bis an eine Wegſtelle gekommen, von der aus ein Fußpfad über ein friſch gepflügtes Ackerfeld hin ſich abzweigte.
„Das iſt die Kürche,“ ſagte das Tantchen und zeigte mit ihrem Paraſol auf ein neugedecktes Turm¬ dach, deſſen Roth aus allerlei Geſtrüpp und Gezweig hervorſchimmerte. Victoire beſtätigte, was ſich ohne¬ hin nicht beſtreiten ließ, und wandte ſich gleich danach nach rückwärts, um die Mama durch eine Kopf- und Handbewegung zu fragen, ob man den hier abzweigen¬ den Fußpfad einſchlagen wolle? Frau von Carayon nickte zuſtimmend, und Tante und Nichte ſchritten in der angedeuteten Richtung weiter. Überall aus dem braunen Acker ſtiegen Lerchen auf, die hier, noch ehe die Saat heraus war, ſchon ihr Furchenneſt gebaut hatten, ganz zuletzt aber kam ein Stück brachliegendes Feld, das bis an die Kirchhofsmauer lief, und, außer einer ſpärlichen Grasnarbe, nichts aufwies, als einen trichterförmigen Tümpel, in dem ein Unkenpaar muſi¬
4*
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0063"n="51"/>
feld entgegengetreten wäre. Mir widerwärtig. Ich<lb/>
haſſe ſolche Fanfaronaden. Er ſpricht von Braun¬<lb/>ſchweig und Hohenlohe wie von lächerlichen Größen,<lb/><hirendition="#g">ich</hi> aber halte zu dem fridericianiſchen Satze, daß die<lb/>
Welt nicht ſichrer auf den Schultern des Atlas ruht,<lb/>
als Preußen auf den Schultern ſeiner Armee.“</p><lb/><p>Während dieſes Geſpräch zwiſchen Schach und<lb/>
Frau von Carayon geführt wurde, war das ihnen<lb/>
voranſchreitende Paar bis an eine Wegſtelle gekommen,<lb/>
von der aus ein Fußpfad über ein friſch gepflügtes<lb/>
Ackerfeld hin ſich abzweigte.</p><lb/><p>„Das iſt die Kürche,“ſagte das Tantchen und<lb/>
zeigte mit ihrem Paraſol auf ein neugedecktes Turm¬<lb/>
dach, deſſen Roth aus allerlei Geſtrüpp und Gezweig<lb/>
hervorſchimmerte. Victoire beſtätigte, was ſich ohne¬<lb/>
hin nicht beſtreiten ließ, und wandte ſich gleich danach<lb/>
nach rückwärts, um die Mama durch eine Kopf- und<lb/>
Handbewegung zu fragen, ob man den hier abzweigen¬<lb/>
den Fußpfad einſchlagen wolle? Frau von Carayon<lb/>
nickte zuſtimmend, und Tante und Nichte ſchritten in<lb/>
der angedeuteten Richtung weiter. Überall aus dem<lb/>
braunen Acker ſtiegen Lerchen auf, die hier, noch ehe<lb/>
die Saat heraus war, ſchon ihr Furchenneſt gebaut<lb/>
hatten, ganz zuletzt aber kam ein Stück brachliegendes<lb/>
Feld, das bis an die Kirchhofsmauer lief, und, außer<lb/>
einer ſpärlichen Grasnarbe, nichts aufwies, als einen<lb/>
trichterförmigen Tümpel, in dem ein Unkenpaar muſi¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">4*<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[51/0063]
feld entgegengetreten wäre. Mir widerwärtig. Ich
haſſe ſolche Fanfaronaden. Er ſpricht von Braun¬
ſchweig und Hohenlohe wie von lächerlichen Größen,
ich aber halte zu dem fridericianiſchen Satze, daß die
Welt nicht ſichrer auf den Schultern des Atlas ruht,
als Preußen auf den Schultern ſeiner Armee.“
Während dieſes Geſpräch zwiſchen Schach und
Frau von Carayon geführt wurde, war das ihnen
voranſchreitende Paar bis an eine Wegſtelle gekommen,
von der aus ein Fußpfad über ein friſch gepflügtes
Ackerfeld hin ſich abzweigte.
„Das iſt die Kürche,“ ſagte das Tantchen und
zeigte mit ihrem Paraſol auf ein neugedecktes Turm¬
dach, deſſen Roth aus allerlei Geſtrüpp und Gezweig
hervorſchimmerte. Victoire beſtätigte, was ſich ohne¬
hin nicht beſtreiten ließ, und wandte ſich gleich danach
nach rückwärts, um die Mama durch eine Kopf- und
Handbewegung zu fragen, ob man den hier abzweigen¬
den Fußpfad einſchlagen wolle? Frau von Carayon
nickte zuſtimmend, und Tante und Nichte ſchritten in
der angedeuteten Richtung weiter. Überall aus dem
braunen Acker ſtiegen Lerchen auf, die hier, noch ehe
die Saat heraus war, ſchon ihr Furchenneſt gebaut
hatten, ganz zuletzt aber kam ein Stück brachliegendes
Feld, das bis an die Kirchhofsmauer lief, und, außer
einer ſpärlichen Grasnarbe, nichts aufwies, als einen
trichterförmigen Tümpel, in dem ein Unkenpaar muſi¬
4*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/63>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.