Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.beide mit Hilfe der offenstehenden Flügelthür einen Schach sah vor sich hin, als Frau von Carayon "Ich habe seit unsrer Versöhnung," fuhr sie fort, beide mit Hilfe der offenſtehenden Flügelthür einen Schach ſah vor ſich hin, als Frau von Carayon „Ich habe ſeit unſrer Verſöhnung,“ fuhr ſie fort, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0227" n="215"/> beide mit Hilfe der offenſtehenden Flügelthür einen<lb/> Blick auf das Eckzimmer hin frei hatten, „es ſind dies<lb/> unſere letzten Minuten, und ich möchte mir, ehe wir<lb/> Abſchied von einander nehmen, noch manches von der<lb/> Seele herunterſprechen. Ich will nicht mit meinem<lb/> Alter kokettieren, aber ein Jahr iſt eine lange Zeit,<lb/> und wer weiß, ob wir uns wiederſehen. Über Vic¬<lb/> toire kein Wort. Sie wird Ihnen keine trübe Stunde<lb/> machen; ſie liebt Sie zu ſehr, um es zu können oder<lb/> zu wollen. Und Sie, lieber Schach, werden ſich<lb/> dieſer Liebe würdig zeigen. Sie werden ihr nicht<lb/> wehe thun, dieſem ſüßen Geſchöpf, das nur Demut<lb/> und Hingebung iſt. Es iſt unmöglich. Und ſo ver¬<lb/> lang ich denn kein Verſprechen von Ihnen. Ich weiß<lb/> im Voraus, ich hab es.“</p><lb/> <p>Schach ſah vor ſich hin, als Frau von Carayon<lb/> dieſe Worte ſprach, und tröpfelte, während er die<lb/> Taſſe mit der Linken hielt, den Kaffee langſam aus<lb/> dem zierlichen kleinen Löffel.</p><lb/> <p>„Ich habe ſeit unſrer Verſöhnung,“ fuhr ſie fort,<lb/> „mein Vertrauen wieder. Aber dies Vertrauen, wie<lb/> mein Brief Ihnen ſchon ausſprach, war in Tagen,<lb/> die nun glücklicherweiſe hinter uns liegen, um vieles<lb/> mehr als ich es für möglich gehalten hätte, von mir<lb/> gewichen, und in dieſen Tagen hab ich harte Worte<lb/> gegen Sie gebraucht, harte Worte, wenn ich mit Vic¬<lb/> toiren ſprach, und noch härtere, wenn ich mit mir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [215/0227]
beide mit Hilfe der offenſtehenden Flügelthür einen
Blick auf das Eckzimmer hin frei hatten, „es ſind dies
unſere letzten Minuten, und ich möchte mir, ehe wir
Abſchied von einander nehmen, noch manches von der
Seele herunterſprechen. Ich will nicht mit meinem
Alter kokettieren, aber ein Jahr iſt eine lange Zeit,
und wer weiß, ob wir uns wiederſehen. Über Vic¬
toire kein Wort. Sie wird Ihnen keine trübe Stunde
machen; ſie liebt Sie zu ſehr, um es zu können oder
zu wollen. Und Sie, lieber Schach, werden ſich
dieſer Liebe würdig zeigen. Sie werden ihr nicht
wehe thun, dieſem ſüßen Geſchöpf, das nur Demut
und Hingebung iſt. Es iſt unmöglich. Und ſo ver¬
lang ich denn kein Verſprechen von Ihnen. Ich weiß
im Voraus, ich hab es.“
Schach ſah vor ſich hin, als Frau von Carayon
dieſe Worte ſprach, und tröpfelte, während er die
Taſſe mit der Linken hielt, den Kaffee langſam aus
dem zierlichen kleinen Löffel.
„Ich habe ſeit unſrer Verſöhnung,“ fuhr ſie fort,
„mein Vertrauen wieder. Aber dies Vertrauen, wie
mein Brief Ihnen ſchon ausſprach, war in Tagen,
die nun glücklicherweiſe hinter uns liegen, um vieles
mehr als ich es für möglich gehalten hätte, von mir
gewichen, und in dieſen Tagen hab ich harte Worte
gegen Sie gebraucht, harte Worte, wenn ich mit Vic¬
toiren ſprach, und noch härtere, wenn ich mit mir
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