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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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nicht zum wenigsten, als sich schließlich auch das zu
Ehren des Tages in einem grasgrünen Seidenkleid
und einem hohen Schildpattkamme erschienene Tant¬
chen erhob, um einen zweiten Toast auf das Braut¬
paar auszubringen. Ihr verschämtes Klopfen mit
dem Dessertmesser an die Wasserkaraffe war eine Zeit¬
lang unbemerkt geblieben, und kam erst zur Geltung,
als Frau von Carayon erklärte: Tante Marguerite
wünsche zu sprechen.

Diese verneigte sich denn auch zum Zeichen der
Zustimmung, und begann ihre Rede mit viel mehr
Selbstbewußtsein, als man nach ihrer anfänglichen
Schüchternheit erwarten durfte. "Der Herr Kon¬
sistorialrat hat so schön und so lange gesprochen,
und ich ähnle nur dem Weibe Ruth, das über dem
Felde geht und Ähren sammelt, was auch der Text
war, worüber am letzten Sonntag in der kleinen Me¬
lonenkürche gepredigt wurde, die wieder sehr leer war,
ich glaube nicht mehr als ölf oder zwölf. Aber als
Tante der lieben Braut, in welcher Beziehung ich
wohl die älteste bin, erheb ich dieses Glas, um noch
einmal auf dem Wohle des jungen Paares zu trinken."

Und danach setzte sie sich wieder, um die Hul¬
digungen der Gesellschaft entgegenzunehmen. Schach
versuchte der alten Dame die Hand zu küssen, was
sie jedoch wehrte, wogegen sie Victoirens Umarmung
mit allerlei kleinen Liebkosungen und zugleich mit der

nicht zum wenigſten, als ſich ſchließlich auch das zu
Ehren des Tages in einem grasgrünen Seidenkleid
und einem hohen Schildpattkamme erſchienene Tant¬
chen erhob, um einen zweiten Toaſt auf das Braut¬
paar auszubringen. Ihr verſchämtes Klopfen mit
dem Deſſertmeſſer an die Waſſerkaraffe war eine Zeit¬
lang unbemerkt geblieben, und kam erſt zur Geltung,
als Frau von Carayon erklärte: Tante Marguerite
wünſche zu ſprechen.

Dieſe verneigte ſich denn auch zum Zeichen der
Zuſtimmung, und begann ihre Rede mit viel mehr
Selbſtbewußtſein, als man nach ihrer anfänglichen
Schüchternheit erwarten durfte. „Der Herr Kon¬
ſiſtorialrat hat ſo ſchön und ſo lange geſprochen,
und ich ähnle nur dem Weibe Ruth, das über dem
Felde geht und Ähren ſammelt, was auch der Text
war, worüber am letzten Sonntag in der kleinen Me¬
lonenkürche gepredigt wurde, die wieder ſehr leer war,
ich glaube nicht mehr als ölf oder zwölf. Aber als
Tante der lieben Braut, in welcher Beziehung ich
wohl die älteſte bin, erheb ich dieſes Glas, um noch
einmal auf dem Wohle des jungen Paares zu trinken.“

Und danach ſetzte ſie ſich wieder, um die Hul¬
digungen der Geſellſchaft entgegenzunehmen. Schach
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[212/0224] nicht zum wenigſten, als ſich ſchließlich auch das zu Ehren des Tages in einem grasgrünen Seidenkleid und einem hohen Schildpattkamme erſchienene Tant¬ chen erhob, um einen zweiten Toaſt auf das Braut¬ paar auszubringen. Ihr verſchämtes Klopfen mit dem Deſſertmeſſer an die Waſſerkaraffe war eine Zeit¬ lang unbemerkt geblieben, und kam erſt zur Geltung, als Frau von Carayon erklärte: Tante Marguerite wünſche zu ſprechen. Dieſe verneigte ſich denn auch zum Zeichen der Zuſtimmung, und begann ihre Rede mit viel mehr Selbſtbewußtſein, als man nach ihrer anfänglichen Schüchternheit erwarten durfte. „Der Herr Kon¬ ſiſtorialrat hat ſo ſchön und ſo lange geſprochen, und ich ähnle nur dem Weibe Ruth, das über dem Felde geht und Ähren ſammelt, was auch der Text war, worüber am letzten Sonntag in der kleinen Me¬ lonenkürche gepredigt wurde, die wieder ſehr leer war, ich glaube nicht mehr als ölf oder zwölf. Aber als Tante der lieben Braut, in welcher Beziehung ich wohl die älteſte bin, erheb ich dieſes Glas, um noch einmal auf dem Wohle des jungen Paares zu trinken.“ Und danach ſetzte ſie ſich wieder, um die Hul¬ digungen der Geſellſchaft entgegenzunehmen. Schach verſuchte der alten Dame die Hand zu küſſen, was ſie jedoch wehrte, wogegen ſie Victoirens Umarmung mit allerlei kleinen Liebkoſungen und zugleich mit der

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/224>, abgerufen am 24.11.2024.