Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Schwierigkeiten an solchem Vortrage behindern wollte.
Denn solche Schwierigkeiten sind allemalen erfundene
Schwierigkeiten in einem Lande wie das unsre, wo
von alter Zeit her die Fürsten und Könige das Recht
ihres Volkes wollen, und nicht gesonnen sind, der
Forderung eines solchen Rechtes bequem aus dem
Wege zu gehen. Am allerwenigsten aber mein Aller¬
gnädigster König und Herr, der ein starkes Gefühl
für das Ebenmäßige des Rechts und eben deshalb
einen wahren Widerwillen und rechten Herzensabscheu
gegen alle diejenigen hat, die sich, wie manche Herren
Offiziers, insonderheit aber die sonst so braven und
tapfren Offiziers von Dero Regiment Gensdarmes,
aus einem schlechten Dünkel allerlei Narretei zu
permittieren geneigt sind, und es für angemessen und
löblich oder doch zum mindesten für nicht unstatthaft
halten, das Glück und den Ruf Andrer ihrem Über¬
mut und ihrer schlechten moralite zu opfern."

Frau von Carayons Augen füllten sich mit
Thränen. "Que vous etes bon, mon cher General."

"Nicht ich, meine teure Frau. Aber mein Aller¬
gnädigster König und Herr, der ist gut. Und ich
denke, Sie sollen den Beweis dieser seiner Herzens¬
güte bald in Händen halten, trotzdem wir heut einen
schlimmen oder sagen wir lieber einen schwierigen
Tag haben. Denn wie Sie vielleicht schon in Er¬
fahrung gebracht haben, der König erwartet in wenig

Schwierigkeiten an ſolchem Vortrage behindern wollte.
Denn ſolche Schwierigkeiten ſind allemalen erfundene
Schwierigkeiten in einem Lande wie das unſre, wo
von alter Zeit her die Fürſten und Könige das Recht
ihres Volkes wollen, und nicht geſonnen ſind, der
Forderung eines ſolchen Rechtes bequem aus dem
Wege zu gehen. Am allerwenigſten aber mein Aller¬
gnädigſter König und Herr, der ein ſtarkes Gefühl
für das Ebenmäßige des Rechts und eben deshalb
einen wahren Widerwillen und rechten Herzensabſcheu
gegen alle diejenigen hat, die ſich, wie manche Herren
Offiziers, inſonderheit aber die ſonſt ſo braven und
tapfren Offiziers von Dero Regiment Gensdarmes,
aus einem ſchlechten Dünkel allerlei Narretei zu
permittieren geneigt ſind, und es für angemeſſen und
löblich oder doch zum mindeſten für nicht unſtatthaft
halten, das Glück und den Ruf Andrer ihrem Über¬
mut und ihrer ſchlechten moralité zu opfern.“

Frau von Carayons Augen füllten ſich mit
Thränen. „Que vous êtes bon, mon chèr General.“

„Nicht ich, meine teure Frau. Aber mein Aller¬
gnädigſter König und Herr, der iſt gut. Und ich
denke, Sie ſollen den Beweis dieſer ſeiner Herzens¬
güte bald in Händen halten, trotzdem wir heut einen
ſchlimmen oder ſagen wir lieber einen ſchwierigen
Tag haben. Denn wie Sie vielleicht ſchon in Er¬
fahrung gebracht haben, der König erwartet in wenig

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="190"/>
Schwierigkeiten an &#x017F;olchem Vortrage behindern wollte.<lb/>
Denn &#x017F;olche Schwierigkeiten &#x017F;ind allemalen erfundene<lb/>
Schwierigkeiten in einem Lande wie das un&#x017F;re, wo<lb/>
von alter Zeit her die Für&#x017F;ten und Könige das Recht<lb/>
ihres Volkes wollen, und nicht ge&#x017F;onnen &#x017F;ind, der<lb/>
Forderung eines &#x017F;olchen Rechtes bequem aus dem<lb/>
Wege zu gehen. Am allerwenig&#x017F;ten aber mein Aller¬<lb/>
gnädig&#x017F;ter König und Herr, der ein &#x017F;tarkes Gefühl<lb/>
für das <hi rendition="#g">Ebenmäßige</hi> des Rechts und eben deshalb<lb/>
einen wahren Widerwillen und rechten Herzensab&#x017F;cheu<lb/>
gegen alle <hi rendition="#g">die</hi>jenigen hat, die &#x017F;ich, wie manche Herren<lb/>
Offiziers, in&#x017F;onderheit aber die &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;o braven und<lb/>
tapfren Offiziers von Dero Regiment Gensdarmes,<lb/>
aus einem &#x017F;chlechten Dünkel allerlei Narretei zu<lb/>
permittieren geneigt &#x017F;ind, und es für angeme&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
löblich oder doch zum minde&#x017F;ten für nicht un&#x017F;tatthaft<lb/>
halten, das Glück und den Ruf Andrer ihrem Über¬<lb/>
mut und ihrer &#x017F;chlechten <hi rendition="#aq">moralité</hi> zu opfern.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Frau von Carayons Augen füllten &#x017F;ich mit<lb/>
Thränen. <hi rendition="#aq">&#x201E;Que vous êtes bon, mon chèr General.&#x201C;</hi></p><lb/>
        <p>&#x201E;Nicht ich, meine teure Frau. Aber mein Aller¬<lb/>
gnädig&#x017F;ter König und Herr, <hi rendition="#g">der</hi> i&#x017F;t gut. Und ich<lb/>
denke, Sie &#x017F;ollen den Beweis die&#x017F;er &#x017F;einer Herzens¬<lb/>
güte bald in Händen halten, trotzdem wir heut einen<lb/>
&#x017F;chlimmen oder &#x017F;agen wir lieber einen &#x017F;chwierigen<lb/>
Tag haben. Denn wie Sie vielleicht &#x017F;chon in Er¬<lb/>
fahrung gebracht haben, der König erwartet in wenig<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0202] Schwierigkeiten an ſolchem Vortrage behindern wollte. Denn ſolche Schwierigkeiten ſind allemalen erfundene Schwierigkeiten in einem Lande wie das unſre, wo von alter Zeit her die Fürſten und Könige das Recht ihres Volkes wollen, und nicht geſonnen ſind, der Forderung eines ſolchen Rechtes bequem aus dem Wege zu gehen. Am allerwenigſten aber mein Aller¬ gnädigſter König und Herr, der ein ſtarkes Gefühl für das Ebenmäßige des Rechts und eben deshalb einen wahren Widerwillen und rechten Herzensabſcheu gegen alle diejenigen hat, die ſich, wie manche Herren Offiziers, inſonderheit aber die ſonſt ſo braven und tapfren Offiziers von Dero Regiment Gensdarmes, aus einem ſchlechten Dünkel allerlei Narretei zu permittieren geneigt ſind, und es für angemeſſen und löblich oder doch zum mindeſten für nicht unſtatthaft halten, das Glück und den Ruf Andrer ihrem Über¬ mut und ihrer ſchlechten moralité zu opfern.“ Frau von Carayons Augen füllten ſich mit Thränen. „Que vous êtes bon, mon chèr General.“ „Nicht ich, meine teure Frau. Aber mein Aller¬ gnädigſter König und Herr, der iſt gut. Und ich denke, Sie ſollen den Beweis dieſer ſeiner Herzens¬ güte bald in Händen halten, trotzdem wir heut einen ſchlimmen oder ſagen wir lieber einen ſchwierigen Tag haben. Denn wie Sie vielleicht ſchon in Er¬ fahrung gebracht haben, der König erwartet in wenig

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/202
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/202>, abgerufen am 24.11.2024.