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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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Krist. Und schließe von außen zu, daß sie mich nicht
wegtragen."

"Ih, se wihren doch nich . ."

Und Schach hörte bald danach die Pantinen, wie
sie den Korridor hinunterklappten. Ehe Krist aber die
Giebelthür noch erreicht, und von außen her zuge¬
schlossen haben konnte, legte sichs schon schwer und
bleiern auf seines Herrn überreiztes Gehirn.

Freilich nicht auf lang. Aller auf ihm lastenden
Schwere zum Trotz, empfand er deutlich, daß etwas
über ihn hinsumme, ihn streife und kitzle, und als
ein sich Drehen und Wenden und selbst ein unwill¬
kürliches und halbverschlafenes Umherschlagen mit
der Hand nichts helfen wolle, riß er sich endlich auf
und zwang sich ins Wachen zurück. Und nun sah
er, was es war. Die beiden eben verschweelenden
Lichter, die mit ihrem Qualme die schon stickige Luft
noch stickiger gemacht hatten, hatten allerlei Getier vom
Garten her in das Zimmer gelockt, und nur über
Art und Beschaffenheit desselben war noch ein Zweifel.
Einen Augenblick dacht er an Fledermäuse; sehr bald
aber mußt er sich überzeugen, daß es einfach riesige
Motten und Nachtschmetterlinge waren, die zu ganzen
Dutzenden in dem Saale hin und her flogen, an die
Scheiben stießen und vergeblich das offne Fenster
wieder zu finden suchten.

Er raffte nun die Decke zusammen und schlug

Kriſt. Und ſchließe von außen zu, daß ſie mich nicht
wegtragen.“

„Ih, ſe wihren doch nich . .“

Und Schach hörte bald danach die Pantinen, wie
ſie den Korridor hinunterklappten. Ehe Kriſt aber die
Giebelthür noch erreicht, und von außen her zuge¬
ſchloſſen haben konnte, legte ſichs ſchon ſchwer und
bleiern auf ſeines Herrn überreiztes Gehirn.

Freilich nicht auf lang. Aller auf ihm laſtenden
Schwere zum Trotz, empfand er deutlich, daß etwas
über ihn hinſumme, ihn ſtreife und kitzle, und als
ein ſich Drehen und Wenden und ſelbſt ein unwill¬
kürliches und halbverſchlafenes Umherſchlagen mit
der Hand nichts helfen wolle, riß er ſich endlich auf
und zwang ſich ins Wachen zurück. Und nun ſah
er, was es war. Die beiden eben verſchweelenden
Lichter, die mit ihrem Qualme die ſchon ſtickige Luft
noch ſtickiger gemacht hatten, hatten allerlei Getier vom
Garten her in das Zimmer gelockt, und nur über
Art und Beſchaffenheit deſſelben war noch ein Zweifel.
Einen Augenblick dacht er an Fledermäuſe; ſehr bald
aber mußt er ſich überzeugen, daß es einfach rieſige
Motten und Nachtſchmetterlinge waren, die zu ganzen
Dutzenden in dem Saale hin und her flogen, an die
Scheiben ſtießen und vergeblich das offne Fenſter
wieder zu finden ſuchten.

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[157/0169] Kriſt. Und ſchließe von außen zu, daß ſie mich nicht wegtragen.“ „Ih, ſe wihren doch nich . .“ Und Schach hörte bald danach die Pantinen, wie ſie den Korridor hinunterklappten. Ehe Kriſt aber die Giebelthür noch erreicht, und von außen her zuge¬ ſchloſſen haben konnte, legte ſichs ſchon ſchwer und bleiern auf ſeines Herrn überreiztes Gehirn. Freilich nicht auf lang. Aller auf ihm laſtenden Schwere zum Trotz, empfand er deutlich, daß etwas über ihn hinſumme, ihn ſtreife und kitzle, und als ein ſich Drehen und Wenden und ſelbſt ein unwill¬ kürliches und halbverſchlafenes Umherſchlagen mit der Hand nichts helfen wolle, riß er ſich endlich auf und zwang ſich ins Wachen zurück. Und nun ſah er, was es war. Die beiden eben verſchweelenden Lichter, die mit ihrem Qualme die ſchon ſtickige Luft noch ſtickiger gemacht hatten, hatten allerlei Getier vom Garten her in das Zimmer gelockt, und nur über Art und Beſchaffenheit deſſelben war noch ein Zweifel. Einen Augenblick dacht er an Fledermäuſe; ſehr bald aber mußt er ſich überzeugen, daß es einfach rieſige Motten und Nachtſchmetterlinge waren, die zu ganzen Dutzenden in dem Saale hin und her flogen, an die Scheiben ſtießen und vergeblich das offne Fenſter wieder zu finden ſuchten. Er raffte nun die Decke zuſammen und ſchlug

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/169>, abgerufen am 26.11.2024.