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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883.

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doavunn vertellen deih! Ümmer so platsch in'n
Kalkmodder 'rin. Nei, nei, dat wihr nix för mi.
,Jott, jnädge Herr' seggt ick denn ümmer, ,ick gloob
de Huut geit em runner'. Awers denn lachte joa de
oll jnädge Herr ümmer, un seggte: ,Nei, Krist, uns'
Huut sitt fast.'

Während der Alte noch so sprach und vergan¬
gener Zeiten gedachte, griff er zugleich doch nach einem
breiten, aus Rohr geflochtenen Ausklopfer, der in
einer Kaminecke stand, und versuchte damit das eine
Sofa, das sich Schach als Lagerstätt ausgewählt
hatte, wenigstens aus dem Gröbsten herauszubringen.
Aber der dichte Staub, der aufstieg, zeigte nur das
Vergebliche solcher Bemühungen, und Schach sagte
mit einem Anfluge von guter Laune: "Störe den
Staub nicht in seinem Frieden." Und erst als ers
gesprochen hatte, fiel ihm der Doppelsinn darin auf,
und er gedachte der Eltern, die drunten in der Dorf¬
kirche in großen Kupfersärgen und mit einem aufge¬
löteten Kruzifix darauf, in der alten Gruft der Fa¬
milie standen.

Aber er hing dem Bilde nicht weiter nach und
warf sich aufs Sofa. "Meinem Schimmel gieb ein
Stück Brod und einen Eimer Wasser; dann hält er
aus bis morgen. Und nun stelle das Licht ans
Fenster und laß es brennen. . . Nein, nicht da, nicht
ans offene; an das daneben. Und nun gute Nacht,

doavunn vertellen deih! Ümmer ſo platſch in'n
Kalkmodder 'rin. Nei, nei, dat wihr nix för mi.
‚Jott, jnädge Herr‘ ſeggt ick denn ümmer, ‚ick gloob
de Huut geit em runner‘. Awers denn lachte joa de
oll jnädge Herr ümmer, un ſeggte: ‚Nei, Kriſt, unſ'
Huut ſitt faſt.‘

Während der Alte noch ſo ſprach und vergan¬
gener Zeiten gedachte, griff er zugleich doch nach einem
breiten, aus Rohr geflochtenen Ausklopfer, der in
einer Kaminecke ſtand, und verſuchte damit das eine
Sofa, das ſich Schach als Lagerſtätt ausgewählt
hatte, wenigſtens aus dem Gröbſten herauszubringen.
Aber der dichte Staub, der aufſtieg, zeigte nur das
Vergebliche ſolcher Bemühungen, und Schach ſagte
mit einem Anfluge von guter Laune: „Störe den
Staub nicht in ſeinem Frieden.“ Und erſt als ers
geſprochen hatte, fiel ihm der Doppelſinn darin auf,
und er gedachte der Eltern, die drunten in der Dorf¬
kirche in großen Kupferſärgen und mit einem aufge¬
löteten Kruzifix darauf, in der alten Gruft der Fa¬
milie ſtanden.

Aber er hing dem Bilde nicht weiter nach und
warf ſich aufs Sofa. „Meinem Schimmel gieb ein
Stück Brod und einen Eimer Waſſer; dann hält er
aus bis morgen. Und nun ſtelle das Licht ans
Fenſter und laß es brennen. . . Nein, nicht da, nicht
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[156/0168] doavunn vertellen deih! Ümmer ſo platſch in'n Kalkmodder 'rin. Nei, nei, dat wihr nix för mi. ‚Jott, jnädge Herr‘ ſeggt ick denn ümmer, ‚ick gloob de Huut geit em runner‘. Awers denn lachte joa de oll jnädge Herr ümmer, un ſeggte: ‚Nei, Kriſt, unſ' Huut ſitt faſt.‘ Während der Alte noch ſo ſprach und vergan¬ gener Zeiten gedachte, griff er zugleich doch nach einem breiten, aus Rohr geflochtenen Ausklopfer, der in einer Kaminecke ſtand, und verſuchte damit das eine Sofa, das ſich Schach als Lagerſtätt ausgewählt hatte, wenigſtens aus dem Gröbſten herauszubringen. Aber der dichte Staub, der aufſtieg, zeigte nur das Vergebliche ſolcher Bemühungen, und Schach ſagte mit einem Anfluge von guter Laune: „Störe den Staub nicht in ſeinem Frieden.“ Und erſt als ers geſprochen hatte, fiel ihm der Doppelſinn darin auf, und er gedachte der Eltern, die drunten in der Dorf¬ kirche in großen Kupferſärgen und mit einem aufge¬ löteten Kruzifix darauf, in der alten Gruft der Fa¬ milie ſtanden. Aber er hing dem Bilde nicht weiter nach und warf ſich aufs Sofa. „Meinem Schimmel gieb ein Stück Brod und einen Eimer Waſſer; dann hält er aus bis morgen. Und nun ſtelle das Licht ans Fenſter und laß es brennen. . . Nein, nicht da, nicht ans offene; an das daneben. Und nun gute Nacht,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/168>, abgerufen am 26.11.2024.