einen besonders lebhaften Ausdruck gegeben. Aber das, woran ihn das Billet seiner Freundin jetzt aufs neue gemahnte, das war mehr, das hieß einfach Hochzeit, Ehe, Worte, deren bloßer Klang ihn von alter Zeit her erschreckte. Hochzeit! Und Hochzeit mit wem? Mit einer Schönheit, die, wie der Prinz sich auszudrücken beliebt hatte, "durch ein Fegefeuer gegangen war." "Aber," so fuhr er in seinem Selbst¬ gespräche fort, "ich stehe nicht auf dem Standpunkte des Prinzen, ich schwärme nicht für ,Läuterungspro¬ zesse', hinsichtlich deren nicht feststeht, ob der Verlust nicht größer ist als der Gewinn, und wenn ich mich auch persönlich zu diesem Standpunkte bekehren könnte, so bekehr ich doch nicht die Welt. . . Ich bin rettungs¬ los dem Spott und Witz der Kameraden verfallen, und das Ridikül einer allerglücklichsten ,Land-Ehe', die wie das Veilchen im Verborgnen blüht, liegt in einem wahren Musterexemplare vor mir. Ich sehe genau, wies kommt: ich quittiere den Dienst, übernehme wie¬ der Wuthenow, ackre, melioriere, ziehe Raps oder Rübsen, und befleißige mich einer allerehelichsten Treue. Welch Leben, welche Zukunft! An einem Sonntage Predigt, am andern Evangelium oder Epistel, und dazwischen Whist en trois, immer mit demselben Pastor. Und dann kommt einmal ein Prinz in die nächste Stadt, vielleicht Prinz Louis in Person, und wechselt die Pferde, während ich erschienen bin um
einen beſonders lebhaften Ausdruck gegeben. Aber das, woran ihn das Billet ſeiner Freundin jetzt aufs neue gemahnte, das war mehr, das hieß einfach Hochzeit, Ehe, Worte, deren bloßer Klang ihn von alter Zeit her erſchreckte. Hochzeit! Und Hochzeit mit wem? Mit einer Schönheit, die, wie der Prinz ſich auszudrücken beliebt hatte, „durch ein Fegefeuer gegangen war.“ „Aber,“ ſo fuhr er in ſeinem Selbſt¬ geſpräche fort, „ich ſtehe nicht auf dem Standpunkte des Prinzen, ich ſchwärme nicht für ,Läuterungspro¬ zeſſe‘, hinſichtlich deren nicht feſtſteht, ob der Verluſt nicht größer iſt als der Gewinn, und wenn ich mich auch perſönlich zu dieſem Standpunkte bekehren könnte, ſo bekehr ich doch nicht die Welt. . . Ich bin rettungs¬ los dem Spott und Witz der Kameraden verfallen, und das Ridikül einer allerglücklichſten ,Land-Ehe‘, die wie das Veilchen im Verborgnen blüht, liegt in einem wahren Muſterexemplare vor mir. Ich ſehe genau, wies kommt: ich quittiere den Dienſt, übernehme wie¬ der Wuthenow, ackre, melioriere, ziehe Raps oder Rübſen, und befleißige mich einer allerehelichſten Treue. Welch Leben, welche Zukunft! An einem Sonntage Predigt, am andern Evangelium oder Epiſtel, und dazwiſchen Whiſt en trois, immer mit demſelben Paſtor. Und dann kommt einmal ein Prinz in die nächſte Stadt, vielleicht Prinz Louis in Perſon, und wechſelt die Pferde, während ich erſchienen bin um
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Hochzeit, Ehe, Worte, deren bloßer Klang ihn von
alter Zeit her erſchreckte. Hochzeit! Und Hochzeit
mit wem? Mit einer Schönheit, die, wie der Prinz
ſich auszudrücken beliebt hatte, „durch ein Fegefeuer
gegangen war.“ „Aber,“ ſo fuhr er in ſeinem Selbſt¬
geſpräche fort, „ich ſtehe nicht auf dem Standpunkte
des Prinzen, ich ſchwärme nicht für ,Läuterungspro¬
zeſſe‘, hinſichtlich deren nicht feſtſteht, ob der Verluſt
nicht größer iſt als der Gewinn, und wenn ich mich
auch perſönlich zu dieſem Standpunkte bekehren könnte,
ſo bekehr ich doch nicht die Welt. . . Ich bin rettungs¬
los dem Spott und Witz der Kameraden verfallen,
und das Ridikül einer allerglücklichſten ,Land-Ehe‘, die
wie das Veilchen im Verborgnen blüht, liegt in einem
wahren Muſterexemplare vor mir. Ich ſehe genau,
wies kommt: ich quittiere den Dienſt, übernehme wie¬
der Wuthenow, ackre, melioriere, ziehe Raps oder
Rübſen, und befleißige mich einer allerehelichſten Treue.
Welch Leben, welche Zukunft! An einem Sonntage
Predigt, am andern Evangelium oder Epiſtel, und
dazwiſchen Whiſt en trois, immer mit demſelben
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Fontane, Theodor: Schach von Wuthenow. Leipzig, 1883, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_wuthenow_1883/153>, abgerufen am 22.07.2024.
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