Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Schlafzimmer wird dadurch interessant, daß es an einen halbversteckten Treppenthurm grenzt, dessen spiralförmige Steintreppe damals eine geheime Verbindung nach unten und nach oben unterhielt. Nach Oben führte diese Vertraulichkeits-Treppe in die Gemächer der Königin, nach Unten auf die Straße. Personen, die im Palast nicht gesehen werden sollten, machten mit Hülfe dieser Treppe ihren Besuch bei Lord Darnley; auch die Verschwörer gegen Rizzio stiegen am Abend des 9. März hier hinauf. Nachdem sie einig geworden, sammelten sie sich draußen auf den obersten Stufen der einen, und den untersten Stufen der andern Treppe (der Raum ist so eng, daß an Flur und Treppenabsatz gar nicht zu denken ist) um nun Mann hinter Mann, nicht unähnlich wie man eine Sturmleiter erklimmt, in die Zimmer der Königin vorzudringen. Wir hatten vor, denselben Weg zu machen und wanden uns die Spirale hinauf, auf der an jenem Märzabend Darnley und seine Freunde hinan gestiegen waren. Es ward uns ein wenig unheimlich dabei und dies Gefühl wuchs noch, als wir plötzlich vor einer kleinen, kaum mannsbreiten Thür standen und vergeblich auf die rostige Klinke drückten, um zu öffnen. Lord Ruthven und seine Leute würden durch einen kräftigen Fußtritt das unerwartete Hinderniß rasch aus dem Wege geräumt haben, wir aber fanden uns veranlaßt, kehrt zu machen und auf dem eigentlichen Treppenaufgang nunmehr unser Glück zu versuchen. Die sogenannten Queen Mary's Apartments, also Schlafzimmer wird dadurch interessant, daß es an einen halbversteckten Treppenthurm grenzt, dessen spiralförmige Steintreppe damals eine geheime Verbindung nach unten und nach oben unterhielt. Nach Oben führte diese Vertraulichkeits-Treppe in die Gemächer der Königin, nach Unten auf die Straße. Personen, die im Palast nicht gesehen werden sollten, machten mit Hülfe dieser Treppe ihren Besuch bei Lord Darnley; auch die Verschwörer gegen Rizzio stiegen am Abend des 9. März hier hinauf. Nachdem sie einig geworden, sammelten sie sich draußen auf den obersten Stufen der einen, und den untersten Stufen der andern Treppe (der Raum ist so eng, daß an Flur und Treppenabsatz gar nicht zu denken ist) um nun Mann hinter Mann, nicht unähnlich wie man eine Sturmleiter erklimmt, in die Zimmer der Königin vorzudringen. Wir hatten vor, denselben Weg zu machen und wanden uns die Spirale hinauf, auf der an jenem Märzabend Darnley und seine Freunde hinan gestiegen waren. Es ward uns ein wenig unheimlich dabei und dies Gefühl wuchs noch, als wir plötzlich vor einer kleinen, kaum mannsbreiten Thür standen und vergeblich auf die rostige Klinke drückten, um zu öffnen. Lord Ruthven und seine Leute würden durch einen kräftigen Fußtritt das unerwartete Hinderniß rasch aus dem Wege geräumt haben, wir aber fanden uns veranlaßt, kehrt zu machen und auf dem eigentlichen Treppenaufgang nunmehr unser Glück zu versuchen. Die sogenannten Queen Mary’s Apartments, also <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0040" n="26"/> Schlafzimmer wird dadurch interessant, daß es an einen halbversteckten Treppenthurm grenzt, dessen spiralförmige Steintreppe damals eine geheime Verbindung nach unten und nach oben unterhielt. Nach Oben führte diese Vertraulichkeits-Treppe in die Gemächer der Königin, nach Unten auf die Straße. Personen, die im Palast nicht gesehen werden sollten, machten mit Hülfe dieser Treppe ihren Besuch bei Lord Darnley; auch die Verschwörer gegen Rizzio stiegen am Abend des 9. März hier hinauf. Nachdem sie einig geworden, sammelten sie sich draußen auf den obersten Stufen der einen, und den untersten Stufen der andern Treppe (der Raum ist so eng, daß an Flur und Treppenabsatz gar nicht zu denken ist) um nun Mann hinter Mann, nicht unähnlich wie man eine Sturmleiter erklimmt, in die Zimmer der Königin vorzudringen. Wir hatten vor, denselben Weg zu machen und wanden uns die Spirale hinauf, auf der an jenem Märzabend Darnley und seine Freunde hinan gestiegen waren. Es ward uns ein wenig unheimlich dabei und dies Gefühl wuchs noch, als wir plötzlich vor einer kleinen, kaum mannsbreiten Thür standen und vergeblich auf die rostige Klinke drückten, um zu öffnen. Lord Ruthven und seine Leute würden durch einen kräftigen Fußtritt das unerwartete Hinderniß rasch aus dem Wege geräumt haben, wir aber fanden uns veranlaßt, kehrt zu machen und auf dem eigentlichen Treppenaufgang nunmehr unser Glück zu versuchen. </p><lb/> <p>Die sogenannten <hi rendition="#aq"><foreign xml:lang="eng">Queen Mary’s Apartments</foreign></hi>, also<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0040]
Schlafzimmer wird dadurch interessant, daß es an einen halbversteckten Treppenthurm grenzt, dessen spiralförmige Steintreppe damals eine geheime Verbindung nach unten und nach oben unterhielt. Nach Oben führte diese Vertraulichkeits-Treppe in die Gemächer der Königin, nach Unten auf die Straße. Personen, die im Palast nicht gesehen werden sollten, machten mit Hülfe dieser Treppe ihren Besuch bei Lord Darnley; auch die Verschwörer gegen Rizzio stiegen am Abend des 9. März hier hinauf. Nachdem sie einig geworden, sammelten sie sich draußen auf den obersten Stufen der einen, und den untersten Stufen der andern Treppe (der Raum ist so eng, daß an Flur und Treppenabsatz gar nicht zu denken ist) um nun Mann hinter Mann, nicht unähnlich wie man eine Sturmleiter erklimmt, in die Zimmer der Königin vorzudringen. Wir hatten vor, denselben Weg zu machen und wanden uns die Spirale hinauf, auf der an jenem Märzabend Darnley und seine Freunde hinan gestiegen waren. Es ward uns ein wenig unheimlich dabei und dies Gefühl wuchs noch, als wir plötzlich vor einer kleinen, kaum mannsbreiten Thür standen und vergeblich auf die rostige Klinke drückten, um zu öffnen. Lord Ruthven und seine Leute würden durch einen kräftigen Fußtritt das unerwartete Hinderniß rasch aus dem Wege geräumt haben, wir aber fanden uns veranlaßt, kehrt zu machen und auf dem eigentlichen Treppenaufgang nunmehr unser Glück zu versuchen.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/40>, abgerufen am 22.07.2024. |