Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.die Zimmer der Königin Maria, befinden sich unmittelbar über den Zimmern Lord Darnley's und umfassen vier Räume von verschiedener Größe. Wir treten zuerst in das Audienz-Zimmer, dem es seiner Zeit an Eleganz und Farbenfrische nicht gefehlt haben mag; Gobelintapeten, Holzgetäfel an Wand und Decke und in der Mitte des Zimmers eine Art Staatsbett, in dem Karl I. bei seinem letzten Besuche in Schottland geschlafen haben soll. Hundert Jahre später ruhte Prinz Charlie (nach dem Siege von Preston-Pans) auf diesen Kissen aus, schwerlich träumend, daß er sieben Monate später schon ein gehetzter Flüchtling sein und sein Besieger (der Herzog von Cumberland) auf eben jenen Kissen schlafen werde. Vielleicht daß das Bett vor hundert Jahren einladender war als jetzt; wie es da vor mir stand, weckte es nur die Empfindung, daß ich mir ein angenehmeres Lager gesucht und selbst ein Bivouac auf schottischer Haide vorgezogen haben würde. Was diesem Audienzzimmer eine größere Bedeutung leiht als die Gardinen und die historischen Erinnerungen dieses Betts, ist der Umstand, daß die vielfachen Begegnungen zwischen John Knox und der Königin an dieser Stelle stattfanden. Hier war es, wo sie unter Zorn und Thränen ausrief: "Was kümmert euch meine Heirath? wer giebt euch das Recht zu dieser Sprache? wer und was seid ihr in diesem Lande?" und wo der Mann im Genfer Käppchen, ungeblendet durch Schönheit und unerschüttert durch Macht, standhaft erwiederte: "Ich bin ein Unterthan dieses Lan- die Zimmer der Königin Maria, befinden sich unmittelbar über den Zimmern Lord Darnley’s und umfassen vier Räume von verschiedener Größe. Wir treten zuerst in das Audienz-Zimmer, dem es seiner Zeit an Eleganz und Farbenfrische nicht gefehlt haben mag; Gobelintapeten, Holzgetäfel an Wand und Decke und in der Mitte des Zimmers eine Art Staatsbett, in dem Karl I. bei seinem letzten Besuche in Schottland geschlafen haben soll. Hundert Jahre später ruhte Prinz Charlie (nach dem Siege von Preston-Pans) auf diesen Kissen aus, schwerlich träumend, daß er sieben Monate später schon ein gehetzter Flüchtling sein und sein Besieger (der Herzog von Cumberland) auf eben jenen Kissen schlafen werde. Vielleicht daß das Bett vor hundert Jahren einladender war als jetzt; wie es da vor mir stand, weckte es nur die Empfindung, daß ich mir ein angenehmeres Lager gesucht und selbst ein Bivouac auf schottischer Haide vorgezogen haben würde. Was diesem Audienzzimmer eine größere Bedeutung leiht als die Gardinen und die historischen Erinnerungen dieses Betts, ist der Umstand, daß die vielfachen Begegnungen zwischen John Knox und der Königin an dieser Stelle stattfanden. Hier war es, wo sie unter Zorn und Thränen ausrief: „Was kümmert euch meine Heirath? wer giebt euch das Recht zu dieser Sprache? wer und was seid ihr in diesem Lande?“ und wo der Mann im Genfer Käppchen, ungeblendet durch Schönheit und unerschüttert durch Macht, standhaft erwiederte: „Ich bin ein Unterthan dieses Lan- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0041" n="27"/> die Zimmer der Königin Maria, befinden sich unmittelbar über den Zimmern Lord Darnley’s und umfassen vier Räume von verschiedener Größe. Wir treten zuerst in das Audienz-Zimmer, dem es seiner Zeit an Eleganz und Farbenfrische nicht gefehlt haben mag; Gobelintapeten, Holzgetäfel an Wand und Decke und in der Mitte des Zimmers eine Art Staatsbett, in dem Karl <hi rendition="#aq">I.</hi> bei seinem letzten Besuche in Schottland geschlafen haben soll. Hundert Jahre später ruhte Prinz Charlie (nach dem Siege von Preston-Pans) auf diesen Kissen aus, schwerlich träumend, daß er sieben Monate später schon ein gehetzter Flüchtling sein und sein Besieger (der Herzog von Cumberland) auf eben jenen Kissen schlafen werde. Vielleicht daß das Bett vor hundert Jahren einladender war als jetzt; wie es da vor mir stand, weckte es nur die Empfindung, daß ich mir ein angenehmeres Lager gesucht und selbst ein Bivouac auf schottischer Haide vorgezogen haben würde. Was diesem Audienzzimmer eine größere Bedeutung leiht als die Gardinen und die historischen Erinnerungen dieses Betts, ist der Umstand, daß die vielfachen Begegnungen zwischen <hi rendition="#g">John Knox und der Königin</hi> an dieser Stelle stattfanden. Hier war es, wo sie unter Zorn und Thränen ausrief: „Was kümmert euch meine Heirath? wer giebt euch das Recht zu dieser Sprache? wer und was seid ihr in diesem Lande?“ und wo der Mann im Genfer Käppchen, ungeblendet durch Schönheit und unerschüttert durch Macht, standhaft erwiederte: „Ich bin ein Unterthan dieses Lan-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [27/0041]
die Zimmer der Königin Maria, befinden sich unmittelbar über den Zimmern Lord Darnley’s und umfassen vier Räume von verschiedener Größe. Wir treten zuerst in das Audienz-Zimmer, dem es seiner Zeit an Eleganz und Farbenfrische nicht gefehlt haben mag; Gobelintapeten, Holzgetäfel an Wand und Decke und in der Mitte des Zimmers eine Art Staatsbett, in dem Karl I. bei seinem letzten Besuche in Schottland geschlafen haben soll. Hundert Jahre später ruhte Prinz Charlie (nach dem Siege von Preston-Pans) auf diesen Kissen aus, schwerlich träumend, daß er sieben Monate später schon ein gehetzter Flüchtling sein und sein Besieger (der Herzog von Cumberland) auf eben jenen Kissen schlafen werde. Vielleicht daß das Bett vor hundert Jahren einladender war als jetzt; wie es da vor mir stand, weckte es nur die Empfindung, daß ich mir ein angenehmeres Lager gesucht und selbst ein Bivouac auf schottischer Haide vorgezogen haben würde. Was diesem Audienzzimmer eine größere Bedeutung leiht als die Gardinen und die historischen Erinnerungen dieses Betts, ist der Umstand, daß die vielfachen Begegnungen zwischen John Knox und der Königin an dieser Stelle stattfanden. Hier war es, wo sie unter Zorn und Thränen ausrief: „Was kümmert euch meine Heirath? wer giebt euch das Recht zu dieser Sprache? wer und was seid ihr in diesem Lande?“ und wo der Mann im Genfer Käppchen, ungeblendet durch Schönheit und unerschüttert durch Macht, standhaft erwiederte: „Ich bin ein Unterthan dieses Lan-
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/41>, abgerufen am 22.07.2024. |