Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.

Bild:
<< vorherige Seite

Und Thomas drauf: "o, Königin,
Zu dienen Dir es schreckt mich kaum;"
Er küßte sie, sie küßte ihn,
Ein Vogel sang im Eschenbaum.
"Nun bist Du mein, nun zieh' mit mir,
Nun bist Du mein auf sieben Jahr;"
Sie ritten durch den grünen Wald,
Wie glücklich Tom der Reimer war.
Sie ritten durch den grünen Wald,
Bei Vogelsang, bei Sonnenschein,
Und wenn sie leis am Zügel zog,
So klangen all' die Glöckelein etc.

So klingen auch die zierlichen Verschen. Wir aber in begreiflicher Furcht vor einem ähnlichen, mehrjährigen Engagement von Seiten der Feenkönigin, wenden dem verführerischen Platze den Rücken zu, und gleich darauf ein Zollhaus passirend, wo uns, wie auf vaterländischen Chausseen, ein gelbes Zettelchen als Quittung bürgerlicher Pflichterfüllung eingehändigt wird, fühlen wir uns plötzlich aus dem Bereich aller Feen und Geister wieder heraus, als läge der Schlagbaum wie eine schützende Gränzmauer zwischen uns und ihnen.

Unser Karren rollt weiter und hält erst wieder vor einer weit ausgedehnten Umzäunung, die uns die Welt wie mit Brettern verschließt. Wir steigen ab. Ein einfaches Gitterthor öffnet sich und fällt wieder zu; der Rayon von Abbotsford, ein landschaftliches Bild von nicht gewöhnlicher Schönheit, liegt vor uns. Des schloßartigen Hauses, mit seiner Fülle von Zinnen und Giebeln werden wir nicht sogleich ansichtig; "die Romanze

Und Thomas drauf: „o, Königin,
Zu dienen Dir es schreckt mich kaum;“
Er küßte sie, sie küßte ihn,
Ein Vogel sang im Eschenbaum.
„Nun bist Du mein, nun zieh’ mit mir,
Nun bist Du mein auf sieben Jahr;“
Sie ritten durch den grünen Wald,
Wie glücklich Tom der Reimer war.
Sie ritten durch den grünen Wald,
Bei Vogelsang, bei Sonnenschein,
Und wenn sie leis am Zügel zog,
So klangen all' die Glöckelein etc.

So klingen auch die zierlichen Verschen. Wir aber in begreiflicher Furcht vor einem ähnlichen, mehrjährigen Engagement von Seiten der Feenkönigin, wenden dem verführerischen Platze den Rücken zu, und gleich darauf ein Zollhaus passirend, wo uns, wie auf vaterländischen Chausseen, ein gelbes Zettelchen als Quittung bürgerlicher Pflichterfüllung eingehändigt wird, fühlen wir uns plötzlich aus dem Bereich aller Feen und Geister wieder heraus, als läge der Schlagbaum wie eine schützende Gränzmauer zwischen uns und ihnen.

Unser Karren rollt weiter und hält erst wieder vor einer weit ausgedehnten Umzäunung, die uns die Welt wie mit Brettern verschließt. Wir steigen ab. Ein einfaches Gitterthor öffnet sich und fällt wieder zu; der Rayon von Abbotsford, ein landschaftliches Bild von nicht gewöhnlicher Schönheit, liegt vor uns. Des schloßartigen Hauses, mit seiner Fülle von Zinnen und Giebeln werden wir nicht sogleich ansichtig; „die Romanze

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <p>
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0350" n="333"/>
              <lg n="6">
                <l>Und Thomas drauf: &#x201E;o, Königin,</l><lb/>
                <l>Zu dienen Dir es schreckt mich kaum;&#x201C;</l><lb/>
                <l>Er küßte sie, sie küßte ihn,</l><lb/>
                <l>Ein Vogel sang im Eschenbaum.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="7">
                <l>&#x201E;Nun bist Du mein, nun zieh&#x2019; mit mir,</l><lb/>
                <l>Nun bist Du mein auf sieben Jahr;&#x201C;</l><lb/>
                <l>Sie ritten durch den grünen Wald,</l><lb/>
                <l>Wie glücklich Tom der Reimer war.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="8">
                <l>Sie ritten durch den grünen Wald,</l><lb/>
                <l>Bei Vogelsang, bei Sonnenschein,</l><lb/>
                <l>Und wenn sie leis am Zügel zog,</l><lb/>
                <l>So klangen all' die Glöckelein etc.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </p><lb/>
          <p>So klingen auch die zierlichen Verschen. Wir aber in              begreiflicher Furcht vor einem ähnlichen, mehrjährigen Engagement von Seiten der              Feenkönigin, wenden dem verführerischen Platze den Rücken zu, und gleich darauf ein              Zollhaus passirend, wo uns, wie auf vaterländischen Chausseen, ein gelbes Zettelchen als              Quittung bürgerlicher Pflichterfüllung eingehändigt wird, fühlen wir uns plötzlich aus              dem Bereich aller Feen und Geister wieder heraus, als läge der Schlagbaum wie eine              schützende Gränzmauer zwischen uns und ihnen.</p><lb/>
          <p>Unser Karren rollt weiter und hält erst wieder vor einer weit ausgedehnten Umzäunung, die uns die Welt wie mit Brettern verschließt. Wir steigen ab. Ein einfaches Gitterthor öffnet sich und fällt wieder zu; der Rayon von Abbotsford, ein landschaftliches Bild von nicht gewöhnlicher Schönheit, liegt vor uns. Des schloßartigen Hauses, mit seiner Fülle von Zinnen und Giebeln werden wir nicht sogleich ansichtig; &#x201E;die Romanze<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[333/0350] Und Thomas drauf: „o, Königin, Zu dienen Dir es schreckt mich kaum;“ Er küßte sie, sie küßte ihn, Ein Vogel sang im Eschenbaum. „Nun bist Du mein, nun zieh’ mit mir, Nun bist Du mein auf sieben Jahr;“ Sie ritten durch den grünen Wald, Wie glücklich Tom der Reimer war. Sie ritten durch den grünen Wald, Bei Vogelsang, bei Sonnenschein, Und wenn sie leis am Zügel zog, So klangen all' die Glöckelein etc. So klingen auch die zierlichen Verschen. Wir aber in begreiflicher Furcht vor einem ähnlichen, mehrjährigen Engagement von Seiten der Feenkönigin, wenden dem verführerischen Platze den Rücken zu, und gleich darauf ein Zollhaus passirend, wo uns, wie auf vaterländischen Chausseen, ein gelbes Zettelchen als Quittung bürgerlicher Pflichterfüllung eingehändigt wird, fühlen wir uns plötzlich aus dem Bereich aller Feen und Geister wieder heraus, als läge der Schlagbaum wie eine schützende Gränzmauer zwischen uns und ihnen. Unser Karren rollt weiter und hält erst wieder vor einer weit ausgedehnten Umzäunung, die uns die Welt wie mit Brettern verschließt. Wir steigen ab. Ein einfaches Gitterthor öffnet sich und fällt wieder zu; der Rayon von Abbotsford, ein landschaftliches Bild von nicht gewöhnlicher Schönheit, liegt vor uns. Des schloßartigen Hauses, mit seiner Fülle von Zinnen und Giebeln werden wir nicht sogleich ansichtig; „die Romanze

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2018-07-25T15:22:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2018-07-25T15:22:45Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen.

Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).

  • Bogensignaturen: nicht übernommen;
  • Druckfehler: dokumentiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
  • Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet;
  • i/j in Fraktur: keine Angabe;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht übernommen;
  • Kustoden: keine Angabe;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • Normalisierungen: keine;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Seitenumbrüche markiert: ja;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • u/v bzw. U/V: keine Angabe;
  • Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
  • Vollständigkeit: vollständig erfasst;
  • Zeichensetzung: wie Vorlage;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/350
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/350>, abgerufen am 06.06.2024.