Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.als Grabkapelle. Sie ist sehr klein (60 Fuß lang und 26 breit), aus rothem Granit aufgeführt, mit niedrigen Rundbögen, und aller Wahrscheinlichkeit nach zu Anfang des eilften Jahrhunderts von den Norwegern errichtet. Die beiden Kreuze, die den Namen "Macleanskreuz" und "St. Martinskreuz" führen, sind die beiden einzigen Ueberbleibsel von den 360 Kreuzen, die bis in die zweite Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts hier standen und auf Befehl einer hyper-puritanischen Synode in's Meer geworfen wurden. Das Meer scheint aber mitleidiger als die Synode gewesen zu sein und hat einige dieser Kreuze wieder an's Ufer geworfen, die sich theils noch als Bruchstücke auf der Insel vorfinden, theils von einzelnen Stadtbehörden (Inverary und Campbleton), die mehr antiquarisch als puritanisch waren, gerettet worden sind. Das Macleans- und St. Martinskreuz scheinen gleich von Anfang an der Zerstörungswuth entgangen zu sein. Ich versuche eine Beschreibung beider. Sie sind beide aus Glimmerschiefer gefertigt, sehr gefällig und selbst graziös in ihren Verhältnissen, und gleichen beide, weil die Schieferplatten, aus denen man sie gefertigt, nur dünn waren (kaum 6 Zoll dick), unsern modernen gußeisernen Grabkreuzen. Das St. Martinskreuz ist 14, das Macleanskreuz nur 11 Fuß hoch; beide stehen auf einem Piedestal von rothem Granit. Sie sind mit jener grüngelben Flechte, die man bei uns an Dachziegeln und alten Holzzäunen trifft, ganz überdeckt, wodurch das Erkennen der Reliefarbeit sehr erschwert wird. Die eine als Grabkapelle. Sie ist sehr klein (60 Fuß lang und 26 breit), aus rothem Granit aufgeführt, mit niedrigen Rundbögen, und aller Wahrscheinlichkeit nach zu Anfang des eilften Jahrhunderts von den Norwegern errichtet. Die beiden Kreuze, die den Namen „Macleanskreuz“ und „St. Martinskreuz“ führen, sind die beiden einzigen Ueberbleibsel von den 360 Kreuzen, die bis in die zweite Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts hier standen und auf Befehl einer hyper-puritanischen Synode in’s Meer geworfen wurden. Das Meer scheint aber mitleidiger als die Synode gewesen zu sein und hat einige dieser Kreuze wieder an’s Ufer geworfen, die sich theils noch als Bruchstücke auf der Insel vorfinden, theils von einzelnen Stadtbehörden (Inverary und Campbleton), die mehr antiquarisch als puritanisch waren, gerettet worden sind. Das Macleans- und St. Martinskreuz scheinen gleich von Anfang an der Zerstörungswuth entgangen zu sein. Ich versuche eine Beschreibung beider. Sie sind beide aus Glimmerschiefer gefertigt, sehr gefällig und selbst graziös in ihren Verhältnissen, und gleichen beide, weil die Schieferplatten, aus denen man sie gefertigt, nur dünn waren (kaum 6 Zoll dick), unsern modernen gußeisernen Grabkreuzen. Das St. Martinskreuz ist 14, das Macleanskreuz nur 11 Fuß hoch; beide stehen auf einem Piedestal von rothem Granit. Sie sind mit jener grüngelben Flechte, die man bei uns an Dachziegeln und alten Holzzäunen trifft, ganz überdeckt, wodurch das Erkennen der Reliefarbeit sehr erschwert wird. Die eine <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0308" n="294"/> als Grabkapelle. Sie ist sehr klein (60 Fuß lang und 26 breit), aus rothem Granit aufgeführt, mit niedrigen Rundbögen, und aller Wahrscheinlichkeit nach zu Anfang des eilften Jahrhunderts von den Norwegern errichtet. Die beiden Kreuze, die den Namen „Macleanskreuz“ und „St. Martinskreuz“ führen, sind die beiden einzigen Ueberbleibsel von den 360 Kreuzen, die bis in die zweite Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts hier standen und auf Befehl einer hyper-puritanischen Synode in’s Meer geworfen wurden. Das Meer scheint aber mitleidiger als die Synode gewesen zu sein und hat einige dieser Kreuze wieder an’s Ufer geworfen, die sich theils noch als Bruchstücke auf der Insel vorfinden, theils von einzelnen Stadtbehörden (Inverary und Campbleton), die mehr antiquarisch als puritanisch waren, gerettet worden sind. Das Macleans- und St. Martinskreuz scheinen gleich von Anfang an der Zerstörungswuth entgangen zu sein. Ich versuche eine Beschreibung beider. Sie sind beide aus Glimmerschiefer gefertigt, sehr gefällig und selbst graziös in ihren Verhältnissen, und gleichen beide, weil die Schieferplatten, aus denen man sie gefertigt, nur dünn waren (kaum 6 Zoll dick), unsern modernen <hi rendition="#g">gußeisernen</hi> Grabkreuzen. Das St. Martinskreuz ist 14, das Macleanskreuz nur 11 Fuß hoch; beide stehen auf einem Piedestal von rothem Granit. Sie sind mit jener grüngelben Flechte, die man bei uns an Dachziegeln und alten Holzzäunen trifft, ganz überdeckt, wodurch das Erkennen der Reliefarbeit sehr erschwert wird. Die eine<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0308]
als Grabkapelle. Sie ist sehr klein (60 Fuß lang und 26 breit), aus rothem Granit aufgeführt, mit niedrigen Rundbögen, und aller Wahrscheinlichkeit nach zu Anfang des eilften Jahrhunderts von den Norwegern errichtet. Die beiden Kreuze, die den Namen „Macleanskreuz“ und „St. Martinskreuz“ führen, sind die beiden einzigen Ueberbleibsel von den 360 Kreuzen, die bis in die zweite Hälfte des sechszehnten Jahrhunderts hier standen und auf Befehl einer hyper-puritanischen Synode in’s Meer geworfen wurden. Das Meer scheint aber mitleidiger als die Synode gewesen zu sein und hat einige dieser Kreuze wieder an’s Ufer geworfen, die sich theils noch als Bruchstücke auf der Insel vorfinden, theils von einzelnen Stadtbehörden (Inverary und Campbleton), die mehr antiquarisch als puritanisch waren, gerettet worden sind. Das Macleans- und St. Martinskreuz scheinen gleich von Anfang an der Zerstörungswuth entgangen zu sein. Ich versuche eine Beschreibung beider. Sie sind beide aus Glimmerschiefer gefertigt, sehr gefällig und selbst graziös in ihren Verhältnissen, und gleichen beide, weil die Schieferplatten, aus denen man sie gefertigt, nur dünn waren (kaum 6 Zoll dick), unsern modernen gußeisernen Grabkreuzen. Das St. Martinskreuz ist 14, das Macleanskreuz nur 11 Fuß hoch; beide stehen auf einem Piedestal von rothem Granit. Sie sind mit jener grüngelben Flechte, die man bei uns an Dachziegeln und alten Holzzäunen trifft, ganz überdeckt, wodurch das Erkennen der Reliefarbeit sehr erschwert wird. Die eine
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/308>, abgerufen am 22.07.2024. |