Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Schiffs. Diese Schiffsabbildungen, die sich auf andern Grabsteinen wiederholen, sind, wie mit Recht bemerkt worden ist, wichtiger und interessanter als die Portraitfiguren selbst. Sie zeigen uns genau, wie etwa gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die Schiffe gewesen sind, deren man sich in dortigen Gegenden bediente. Vorder- und Hintertheil sind beinahe gleich geformt und laufen in ziemlich aufrecht stehende Curven aus, wie viele der römischen Galeonen. Das Hintertheil hat ein gut construirtes Steuerruder, das Bugspriet fehlt. Das Segel besteht aus einem einzigen Stück Segeltuch, das in überaus einfacher Weise an einem Mittelmast befestigt ist. Vorkehrungen zum Rudern sind nicht zu bemerken. Diese Schiffe waren muthmaßlich klein, nur große Boote. Wir wenden uns nun dem Centrum zu. Die kirchlichen Gebäude am linken und rechten Flügel gehören sämmtlich der römisch-katholischen Zeit an, also einer Epoche, wo Iona bereits aufgehört hatte, ein Glanzpunkt, ein berühmter Wallfahrtsort, eine Art "heiliges Grab des Westens" zu sein. Im Centrum stoßen wir auf Ueberreste jener vor-römisch-katholischen Zeit, auf Kreuze und Grabsteine, die an die Zeit der Culdee's und jene besondere Heiligkeit erinnern, die vom siebenten bis zum eilften Jahrhundert hin diesem Boden eigen war. Es sind drei Dinge die unsere besondere Aufmerksamkeit hier in Anspruch nehmen; eine Kapellruine (St. Orans-Chapel), zwei mit Relieffiguren überdeckte Kreuze und ein großer Kirchhof. St. Orans-Chapel diente wahrscheinlich Schiffs. Diese Schiffsabbildungen, die sich auf andern Grabsteinen wiederholen, sind, wie mit Recht bemerkt worden ist, wichtiger und interessanter als die Portraitfiguren selbst. Sie zeigen uns genau, wie etwa gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die Schiffe gewesen sind, deren man sich in dortigen Gegenden bediente. Vorder- und Hintertheil sind beinahe gleich geformt und laufen in ziemlich aufrecht stehende Curven aus, wie viele der römischen Galeonen. Das Hintertheil hat ein gut construirtes Steuerruder, das Bugspriet fehlt. Das Segel besteht aus einem einzigen Stück Segeltuch, das in überaus einfacher Weise an einem Mittelmast befestigt ist. Vorkehrungen zum Rudern sind nicht zu bemerken. Diese Schiffe waren muthmaßlich klein, nur große Boote. Wir wenden uns nun dem Centrum zu. Die kirchlichen Gebäude am linken und rechten Flügel gehören sämmtlich der römisch-katholischen Zeit an, also einer Epoche, wo Iona bereits aufgehört hatte, ein Glanzpunkt, ein berühmter Wallfahrtsort, eine Art „heiliges Grab des Westens“ zu sein. Im Centrum stoßen wir auf Ueberreste jener vor-römisch-katholischen Zeit, auf Kreuze und Grabsteine, die an die Zeit der Culdee’s und jene besondere Heiligkeit erinnern, die vom siebenten bis zum eilften Jahrhundert hin diesem Boden eigen war. Es sind drei Dinge die unsere besondere Aufmerksamkeit hier in Anspruch nehmen; eine Kapellruine (St. Orans-Chapel), zwei mit Relieffiguren überdeckte Kreuze und ein großer Kirchhof. St. Orans-Chapel diente wahrscheinlich <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0307" n="293"/><hi rendition="#g">Schiffs</hi>. Diese Schiffsabbildungen, die sich auf andern Grabsteinen wiederholen, sind, wie mit Recht bemerkt worden ist, wichtiger und interessanter als die Portraitfiguren selbst. Sie zeigen uns genau, wie etwa gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die Schiffe gewesen sind, deren man sich in dortigen Gegenden bediente. Vorder- und Hintertheil sind beinahe gleich geformt und laufen in ziemlich aufrecht stehende Curven aus, wie viele der römischen Galeonen. Das Hintertheil hat ein gut construirtes Steuerruder, das Bugspriet fehlt. Das Segel besteht aus einem einzigen Stück Segeltuch, das in überaus einfacher Weise an einem Mittelmast befestigt ist. Vorkehrungen zum Rudern sind nicht zu bemerken. Diese Schiffe waren muthmaßlich klein, nur große Boote.</p><lb/> <p>Wir wenden uns nun dem <hi rendition="#g">Centrum</hi> zu. Die kirchlichen Gebäude am linken und rechten Flügel gehören sämmtlich der <hi rendition="#g">römisch-katholischen</hi> Zeit an, also einer Epoche, wo Iona bereits aufgehört hatte, ein Glanzpunkt, ein berühmter Wallfahrtsort, eine Art „heiliges Grab des Westens“ zu sein. Im Centrum stoßen wir auf Ueberreste jener <hi rendition="#g">vor</hi>-römisch-katholischen Zeit, auf Kreuze und Grabsteine, die an die Zeit der Culdee’s und jene <hi rendition="#g">besondere</hi> Heiligkeit erinnern, die vom siebenten bis zum eilften Jahrhundert hin diesem Boden eigen war. Es sind drei Dinge die unsere besondere Aufmerksamkeit hier in Anspruch nehmen; eine Kapellruine (St. Orans-Chapel), zwei mit Relieffiguren überdeckte Kreuze und ein großer Kirchhof. St. Orans-Chapel diente wahrscheinlich<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [293/0307]
Schiffs. Diese Schiffsabbildungen, die sich auf andern Grabsteinen wiederholen, sind, wie mit Recht bemerkt worden ist, wichtiger und interessanter als die Portraitfiguren selbst. Sie zeigen uns genau, wie etwa gegen das Ende des fünfzehnten Jahrhunderts die Schiffe gewesen sind, deren man sich in dortigen Gegenden bediente. Vorder- und Hintertheil sind beinahe gleich geformt und laufen in ziemlich aufrecht stehende Curven aus, wie viele der römischen Galeonen. Das Hintertheil hat ein gut construirtes Steuerruder, das Bugspriet fehlt. Das Segel besteht aus einem einzigen Stück Segeltuch, das in überaus einfacher Weise an einem Mittelmast befestigt ist. Vorkehrungen zum Rudern sind nicht zu bemerken. Diese Schiffe waren muthmaßlich klein, nur große Boote.
Wir wenden uns nun dem Centrum zu. Die kirchlichen Gebäude am linken und rechten Flügel gehören sämmtlich der römisch-katholischen Zeit an, also einer Epoche, wo Iona bereits aufgehört hatte, ein Glanzpunkt, ein berühmter Wallfahrtsort, eine Art „heiliges Grab des Westens“ zu sein. Im Centrum stoßen wir auf Ueberreste jener vor-römisch-katholischen Zeit, auf Kreuze und Grabsteine, die an die Zeit der Culdee’s und jene besondere Heiligkeit erinnern, die vom siebenten bis zum eilften Jahrhundert hin diesem Boden eigen war. Es sind drei Dinge die unsere besondere Aufmerksamkeit hier in Anspruch nehmen; eine Kapellruine (St. Orans-Chapel), zwei mit Relieffiguren überdeckte Kreuze und ein großer Kirchhof. St. Orans-Chapel diente wahrscheinlich
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/307>, abgerufen am 22.07.2024. |