Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Und uns gekrönt zu sehn mit unsrer Krone, Erwarten wir euch im Palast zu Scone liegt kaum eine halbe Meile rechts von dem chaussirten Wege ab, den unsere Braunen jetzt rasch entlang traben und die Sehnsucht könnte über uns kommen, einem Platze von solchem Alter und so historischer Bedeutung einen kurzen Besuch zu machen. Aber der Scone-Palast, der zu Shakespeare's Tagen noch in aller Wirklichkeit dastand, existirt nicht mehr, und die weißen Steinwände, die mit Mauerkrone und Normannenthurm aus einer Gruppe alter Ulmen zu uns herüber grüßen, sind keine 50 Jahre alt und enthalten vielleicht keinen Stein mehr von dem alten Königshause, das einst hier stand. Der Scone-Palast unserer Tage ist ein Besitzthum, ein Sommeraufenthalt der Grafen von Mansfield geworden, und der alte Stein, der hier einst lag und als Stuhl bei der Krönung Schottischer Könige diente, ist nach London geschafft, wo er jetzt deutungsreich unter dem Sitz des Englischen Thronsessels liegt. Etwa zwei Meilen nördlich von Scone-Palace, an derselben rechten Seite des Weges, liegen Dunsinnan House und Dunsinnan Hill, in deren Nähe sich die Ruinen des alten Macbeth-Schlosses befinden, das den Birnam-Wald auf sich zukommen sah. Dieser Birnam-Wald liegt links von der Straße, verbirgt sich aber unserem suchenden Auge hinter dem 1500 Fuß hohen Birnam Hill, der seine Felsmauer zwischen uns und den Wald schiebt. Und uns gekrönt zu sehn mit unsrer Krone, Erwarten wir euch im Palast zu Scone liegt kaum eine halbe Meile rechts von dem chaussirten Wege ab, den unsere Braunen jetzt rasch entlang traben und die Sehnsucht könnte über uns kommen, einem Platze von solchem Alter und so historischer Bedeutung einen kurzen Besuch zu machen. Aber der Scone-Palast, der zu Shakespeare’s Tagen noch in aller Wirklichkeit dastand, existirt nicht mehr, und die weißen Steinwände, die mit Mauerkrone und Normannenthurm aus einer Gruppe alter Ulmen zu uns herüber grüßen, sind keine 50 Jahre alt und enthalten vielleicht keinen Stein mehr von dem alten Königshause, das einst hier stand. Der Scone-Palast unserer Tage ist ein Besitzthum, ein Sommeraufenthalt der Grafen von Mansfield geworden, und der alte Stein, der hier einst lag und als Stuhl bei der Krönung Schottischer Könige diente, ist nach London geschafft, wo er jetzt deutungsreich unter dem Sitz des Englischen Thronsessels liegt. Etwa zwei Meilen nördlich von Scone-Palace, an derselben rechten Seite des Weges, liegen Dunsinnan House und Dunsinnan Hill, in deren Nähe sich die Ruinen des alten Macbeth-Schlosses befinden, das den Birnam-Wald auf sich zukommen sah. Dieser Birnam-Wald liegt links von der Straße, verbirgt sich aber unserem suchenden Auge hinter dem 1500 Fuß hohen Birnam Hill, der seine Felsmauer zwischen uns und den Wald schiebt. <TEI> <text> <body> <div> <div> <pb facs="#f0225" n="211"/> <lg type="poem"> <l>Und uns gekrönt zu sehn mit unsrer Krone,</l><lb/> <l>Erwarten wir euch im Palast zu <hi rendition="#g">Scone</hi></l><lb/> </lg> <p>liegt kaum eine halbe Meile rechts von dem chaussirten Wege ab, den unsere Braunen jetzt rasch entlang traben und die Sehnsucht könnte über uns kommen, einem Platze von solchem Alter und so historischer Bedeutung einen kurzen Besuch zu machen. Aber der Scone-Palast, der zu <hi rendition="#g">Shakespeare’s</hi> Tagen noch in aller Wirklichkeit dastand, existirt nicht mehr, und die weißen Steinwände, die mit Mauerkrone und Normannenthurm aus einer Gruppe alter Ulmen zu uns herüber grüßen, sind keine 50 Jahre alt und enthalten vielleicht keinen Stein mehr von dem alten Königshause, das einst hier stand. Der Scone-Palast unserer Tage ist ein Besitzthum, ein Sommeraufenthalt der Grafen von Mansfield geworden, und der alte Stein, der hier einst lag und als Stuhl bei der Krönung Schottischer Könige diente, ist nach London geschafft, wo er jetzt deutungsreich <hi rendition="#g">unter</hi> dem Sitz des Englischen Thronsessels liegt.</p><lb/> <p>Etwa zwei Meilen nördlich von Scone-Palace, an derselben rechten Seite des Weges, liegen Dunsinnan House und Dunsinnan Hill, in deren Nähe sich die Ruinen des alten Macbeth-Schlosses befinden, das den Birnam-Wald auf sich zukommen sah. Dieser Birnam-Wald liegt links von der Straße, verbirgt sich aber unserem suchenden Auge hinter dem 1500 Fuß hohen <hi rendition="#g">Birnam Hill,</hi> der seine Felsmauer zwischen uns und den Wald schiebt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [211/0225]
Und uns gekrönt zu sehn mit unsrer Krone,
Erwarten wir euch im Palast zu Scone
liegt kaum eine halbe Meile rechts von dem chaussirten Wege ab, den unsere Braunen jetzt rasch entlang traben und die Sehnsucht könnte über uns kommen, einem Platze von solchem Alter und so historischer Bedeutung einen kurzen Besuch zu machen. Aber der Scone-Palast, der zu Shakespeare’s Tagen noch in aller Wirklichkeit dastand, existirt nicht mehr, und die weißen Steinwände, die mit Mauerkrone und Normannenthurm aus einer Gruppe alter Ulmen zu uns herüber grüßen, sind keine 50 Jahre alt und enthalten vielleicht keinen Stein mehr von dem alten Königshause, das einst hier stand. Der Scone-Palast unserer Tage ist ein Besitzthum, ein Sommeraufenthalt der Grafen von Mansfield geworden, und der alte Stein, der hier einst lag und als Stuhl bei der Krönung Schottischer Könige diente, ist nach London geschafft, wo er jetzt deutungsreich unter dem Sitz des Englischen Thronsessels liegt.
Etwa zwei Meilen nördlich von Scone-Palace, an derselben rechten Seite des Weges, liegen Dunsinnan House und Dunsinnan Hill, in deren Nähe sich die Ruinen des alten Macbeth-Schlosses befinden, das den Birnam-Wald auf sich zukommen sah. Dieser Birnam-Wald liegt links von der Straße, verbirgt sich aber unserem suchenden Auge hinter dem 1500 Fuß hohen Birnam Hill, der seine Felsmauer zwischen uns und den Wald schiebt.
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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