Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.meiner Kameraden Position noch immer nicht zu den schlimmsten zählte. Sie war wenigstens luftig und da man nach der Fallseite hin räumlich nicht behindert war, so konnte man sich's durch allerhand Balancir- und Schwebe-Kunststücke relativ bequem machen. Wie anders dagegen die Mittelplätze! Die Sicherheit, die sie boten, war theuer erkauft und der wahre Reiz des Lebens hing hier wie überall "über'm Abgrund der Gefahr." Aber ich eile in meiner Darstellung voraus. Während ich schon die Schrecken und Gefahren des Weges schildere, halten wir noch auf dem Marcktplatz von Perth und jetzt erst, wo vom alten St. Johannisthurm die Mittagsstunde schlägt, knallt die Peitsche des Kutschers über die vier langgespannten Braunen hin und unser Wagen rasselt durch Straße und Thor in die lachende Landschaft hinaus. Die nächste Station ist Dunkeld, ein alter Bischofssitz, etwa drei Meilen nördlich von Perth gelegen. Der breite vom Tay durchflossene Thalgrund, der sich zwischen beiden Städten ausdehnt, zählt mit zu den vorzüglichsten Schauplätzen schottischer Geschichte. Wir sind hier im eigentlichen Macbeth-Land, und während wir die Grafschaft Fife im Rücken, Schloß Glammis aber zur Seite lassen, fahren wir, unmittelbar an Scone Palace vorbei, jenem Stückchen Erde zu, das durch die zwei Namen Birnam-Wald und Schloß Dunsinnan eine Berühmtheit über die Welt erlangt hat. Scone-Palace, der alte schottische Königsitz, von dem es am Schluß des "Macbeth" heißt: meiner Kameraden Position noch immer nicht zu den schlimmsten zählte. Sie war wenigstens luftig und da man nach der Fallseite hin räumlich nicht behindert war, so konnte man sich’s durch allerhand Balancir- und Schwebe-Kunststücke relativ bequem machen. Wie anders dagegen die Mittelplätze! Die Sicherheit, die sie boten, war theuer erkauft und der wahre Reiz des Lebens hing hier wie überall „über’m Abgrund der Gefahr.“ Aber ich eile in meiner Darstellung voraus. Während ich schon die Schrecken und Gefahren des Weges schildere, halten wir noch auf dem Marcktplatz von Perth und jetzt erst, wo vom alten St. Johannisthurm die Mittagsstunde schlägt, knallt die Peitsche des Kutschers über die vier langgespannten Braunen hin und unser Wagen rasselt durch Straße und Thor in die lachende Landschaft hinaus. Die nächste Station ist Dunkeld, ein alter Bischofssitz, etwa drei Meilen nördlich von Perth gelegen. Der breite vom Tay durchflossene Thalgrund, der sich zwischen beiden Städten ausdehnt, zählt mit zu den vorzüglichsten Schauplätzen schottischer Geschichte. Wir sind hier im eigentlichen Macbeth-Land, und während wir die Grafschaft Fife im Rücken, Schloß Glammis aber zur Seite lassen, fahren wir, unmittelbar an Scone Palace vorbei, jenem Stückchen Erde zu, das durch die zwei Namen Birnam-Wald und Schloß Dunsinnan eine Berühmtheit über die Welt erlangt hat. Scone-Palace, der alte schottische Königsitz, von dem es am Schluß des „Macbeth“ heißt: <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0224" n="210"/> meiner Kameraden Position noch immer nicht zu den schlimmsten zählte. Sie war wenigstens luftig und da man nach der Fallseite hin räumlich nicht behindert war, so konnte man sich’s durch allerhand Balancir- und Schwebe-Kunststücke relativ bequem machen. Wie anders dagegen die Mittelplätze! Die Sicherheit, die sie boten, war theuer erkauft und der wahre Reiz des Lebens hing hier wie überall „über’m Abgrund der Gefahr.“ Aber ich eile in meiner Darstellung voraus. Während ich schon die Schrecken und Gefahren des Weges schildere, halten wir noch auf dem Marcktplatz von Perth und jetzt erst, wo vom alten St. Johannisthurm die Mittagsstunde schlägt, knallt die Peitsche des Kutschers über die vier langgespannten Braunen hin und unser Wagen rasselt durch Straße und Thor in die lachende Landschaft hinaus. Die nächste Station ist <hi rendition="#g">Dunkeld,</hi> ein alter Bischofssitz, etwa drei Meilen nördlich von Perth gelegen. Der breite vom Tay durchflossene Thalgrund, der sich zwischen beiden Städten ausdehnt, zählt mit zu den vorzüglichsten Schauplätzen schottischer Geschichte. Wir sind hier im eigentlichen <hi rendition="#g">Macbeth-Land,</hi> und während wir die Grafschaft Fife im Rücken, Schloß Glammis aber zur Seite lassen, fahren wir, unmittelbar an <hi rendition="#g">Scone Palace</hi> vorbei, jenem Stückchen Erde zu, das durch die zwei Namen Birnam-Wald und Schloß Dunsinnan eine Berühmtheit über die Welt erlangt hat.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Scone-Palace,</hi> der alte schottische Königsitz, von dem es am Schluß des „Macbeth“ heißt:</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [210/0224]
meiner Kameraden Position noch immer nicht zu den schlimmsten zählte. Sie war wenigstens luftig und da man nach der Fallseite hin räumlich nicht behindert war, so konnte man sich’s durch allerhand Balancir- und Schwebe-Kunststücke relativ bequem machen. Wie anders dagegen die Mittelplätze! Die Sicherheit, die sie boten, war theuer erkauft und der wahre Reiz des Lebens hing hier wie überall „über’m Abgrund der Gefahr.“ Aber ich eile in meiner Darstellung voraus. Während ich schon die Schrecken und Gefahren des Weges schildere, halten wir noch auf dem Marcktplatz von Perth und jetzt erst, wo vom alten St. Johannisthurm die Mittagsstunde schlägt, knallt die Peitsche des Kutschers über die vier langgespannten Braunen hin und unser Wagen rasselt durch Straße und Thor in die lachende Landschaft hinaus. Die nächste Station ist Dunkeld, ein alter Bischofssitz, etwa drei Meilen nördlich von Perth gelegen. Der breite vom Tay durchflossene Thalgrund, der sich zwischen beiden Städten ausdehnt, zählt mit zu den vorzüglichsten Schauplätzen schottischer Geschichte. Wir sind hier im eigentlichen Macbeth-Land, und während wir die Grafschaft Fife im Rücken, Schloß Glammis aber zur Seite lassen, fahren wir, unmittelbar an Scone Palace vorbei, jenem Stückchen Erde zu, das durch die zwei Namen Birnam-Wald und Schloß Dunsinnan eine Berühmtheit über die Welt erlangt hat.
Scone-Palace, der alte schottische Königsitz, von dem es am Schluß des „Macbeth“ heißt:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/224 |
Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/224>, abgerufen am 22.07.2024. |