Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.Hofes als werthvollsten Brautschatz zugeführt hatte. Dennoch blieb es auch dieser Heirath versagt, ein dauerndes gutes Einvernehmen zwischen den beiden Höfen zu Stande zu bringen. Die auf Feindschaft gestellten Traditionen beider Länder, das schlaue Intriguenspiel Frankreichs, vor allem aber die Ruhmsucht und Eitelkeit des jungen Königs selbst, führten verhältnißmäßig rasch zu jener Katastrophe, die mit der völligen Niederlage des Landes und dem Tode des Königs endete. Diese Niederlage ist der Tag von Flodden. Es wird nöthig sein, mit wenig Strichen die damalige Situation zu zeichnen. Es war die Zeit der "heiligen Ligue". Spanien, Deutschland, England rüsteten sich in den letzten Regierungsjahren Ludwigs XII. zur Bekämpfung Frankreichs, das zu allem übrigen auch unter dem Bannfluch des Papstes stand. Ludwig's Anstrengungen waren natürlich dahin gerichtet, auch seinerseits Bundesgenossen ins Feld zu stellen und namentlich England durch ein schnell anzuschürendes Zerwürfniß mit Schottland von dem continentalen Kriegsschauplatz fern zu halten. Seine Bemühungen fanden bei König Jacob raschen Eingang, der theils nach landesüblicher Vorstellung in Frankreich seinen natürlichen Bundesgenossen sah, theils lüstern war nach Ruhm und Krieges-Lorbeer. König Jacob war zum Kampf entschlossen und sehnte ihn herbei, aber hätte er auch die klarste Vorstellung von der Mißlichkeit und Gefahr dieses Kampfes gehabt, die Art und Weise, in der von Frankreich aus die Aufforde- Hofes als werthvollsten Brautschatz zugeführt hatte. Dennoch blieb es auch dieser Heirath versagt, ein dauerndes gutes Einvernehmen zwischen den beiden Höfen zu Stande zu bringen. Die auf Feindschaft gestellten Traditionen beider Länder, das schlaue Intriguenspiel Frankreichs, vor allem aber die Ruhmsucht und Eitelkeit des jungen Königs selbst, führten verhältnißmäßig rasch zu jener Katastrophe, die mit der völligen Niederlage des Landes und dem Tode des Königs endete. Diese Niederlage ist der Tag von Flodden. Es wird nöthig sein, mit wenig Strichen die damalige Situation zu zeichnen. Es war die Zeit der „heiligen Ligue“. Spanien, Deutschland, England rüsteten sich in den letzten Regierungsjahren Ludwigs XII. zur Bekämpfung Frankreichs, das zu allem übrigen auch unter dem Bannfluch des Papstes stand. Ludwig’s Anstrengungen waren natürlich dahin gerichtet, auch seinerseits Bundesgenossen ins Feld zu stellen und namentlich England durch ein schnell anzuschürendes Zerwürfniß mit Schottland von dem continentalen Kriegsschauplatz fern zu halten. Seine Bemühungen fanden bei König Jacob raschen Eingang, der theils nach landesüblicher Vorstellung in Frankreich seinen natürlichen Bundesgenossen sah, theils lüstern war nach Ruhm und Krieges-Lorbeer. König Jacob war zum Kampf entschlossen und sehnte ihn herbei, aber hätte er auch die klarste Vorstellung von der Mißlichkeit und Gefahr dieses Kampfes gehabt, die Art und Weise, in der von Frankreich aus die Aufforde- <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0147" n="133"/> Hofes als werthvollsten Brautschatz zugeführt hatte. Dennoch blieb es auch dieser Heirath versagt, ein dauerndes gutes Einvernehmen zwischen den beiden Höfen zu Stande zu bringen. Die auf Feindschaft gestellten Traditionen beider Länder, das schlaue Intriguenspiel Frankreichs, vor allem aber die Ruhmsucht und Eitelkeit des jungen Königs selbst, führten verhältnißmäßig rasch zu jener Katastrophe, die mit der völligen Niederlage des Landes und dem Tode des Königs endete. <hi rendition="#g">Diese Niederlage ist der Tag von Flodden.</hi></p><lb/> <p>Es wird nöthig sein, mit wenig Strichen die damalige Situation zu zeichnen. Es war die Zeit der „heiligen Ligue“. Spanien, Deutschland, England rüsteten sich in den letzten Regierungsjahren Ludwigs <hi rendition="#aq">XII. zur Bekämpfung Frankreichs, das zu allem übrigen auch unter dem Bannfluch des Papstes stand. Ludwig’s Anstrengungen waren natürlich dahin gerichtet, auch seinerseits Bundesgenossen ins Feld zu stellen und namentlich England durch ein schnell anzuschürendes Zerwürfniß mit Schottland von dem continentalen Kriegsschauplatz fern zu halten. Seine Bemühungen fanden bei König Jacob raschen Eingang, der theils nach landesüblicher Vorstellung in Frankreich seinen natürlichen Bundesgenossen sah, theils lüstern war nach Ruhm und Krieges-Lorbeer. König Jacob war zum Kampf entschlossen und sehnte ihn herbei, aber hätte er auch die klarste Vorstellung von der Mißlichkeit und Gefahr dieses Kampfes gehabt, die </hi> <hi rendition="#g">Art und Weise</hi>, in der von Frankreich aus die Aufforde-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0147]
Hofes als werthvollsten Brautschatz zugeführt hatte. Dennoch blieb es auch dieser Heirath versagt, ein dauerndes gutes Einvernehmen zwischen den beiden Höfen zu Stande zu bringen. Die auf Feindschaft gestellten Traditionen beider Länder, das schlaue Intriguenspiel Frankreichs, vor allem aber die Ruhmsucht und Eitelkeit des jungen Königs selbst, führten verhältnißmäßig rasch zu jener Katastrophe, die mit der völligen Niederlage des Landes und dem Tode des Königs endete. Diese Niederlage ist der Tag von Flodden.
Es wird nöthig sein, mit wenig Strichen die damalige Situation zu zeichnen. Es war die Zeit der „heiligen Ligue“. Spanien, Deutschland, England rüsteten sich in den letzten Regierungsjahren Ludwigs XII. zur Bekämpfung Frankreichs, das zu allem übrigen auch unter dem Bannfluch des Papstes stand. Ludwig’s Anstrengungen waren natürlich dahin gerichtet, auch seinerseits Bundesgenossen ins Feld zu stellen und namentlich England durch ein schnell anzuschürendes Zerwürfniß mit Schottland von dem continentalen Kriegsschauplatz fern zu halten. Seine Bemühungen fanden bei König Jacob raschen Eingang, der theils nach landesüblicher Vorstellung in Frankreich seinen natürlichen Bundesgenossen sah, theils lüstern war nach Ruhm und Krieges-Lorbeer. König Jacob war zum Kampf entschlossen und sehnte ihn herbei, aber hätte er auch die klarste Vorstellung von der Mißlichkeit und Gefahr dieses Kampfes gehabt, die Art und Weise, in der von Frankreich aus die Aufforde-
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_tweed_1860/147>, abgerufen am 22.07.2024. |