Fontane, Theodor: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Berlin, 1860.rung zu Kampf und Beistand an ihn erging, würde über all seine Bedenken rasch den Sieg davon getragen haben. Ludwig XII. kannte genau den Punkt, der bei seinem königlichen Vetter berührt werden mußte, und von dem Augenblick an, wo Anna von Bretagne, die schöne Gemahlin Ludwigs, einen Brief an König Jacob geschrieben und unter Uebersendung eines Türkis-Ringes ihn beschworen hatte, ihr Ritter zu sein, war Schottland fester und zuverlässiger an das Interesse Frankreichs gekettet, als wenn die Wohlfahrt des Landes ein solches Bündniß vorgeschrieben hätte. Noch einmal, König Jacob war zum Kampf entschlossen, er träumte von einem neuen Tage von Bannockburn, und schien vergessen zu wollen, daß es sich damals, zu König Roberts Tagen, um die Vertheidigung und die Freiheit des Vaterlandes, nicht aber um einen Eroberungszug, einen Krieg nach außen, gehandelt hatte. Was aber der König übersah, oder wenigstens nicht sehen wollte, wurde um so klarer von seinen Räthen und den hervorragendsten Personen seiner Umgebung gesehen. Der alte Graf Angus, mit dem Zunamen "Bell the Cat", (s. p. 79) beschwor den König seinen Frieden mit England zu machen; Niemand aber war eindringlicher und beredter als die Königin selbst, die, als Schwester Heinrich's VIII., mit ihrem Herzen zwischen den streitenden Parteien stand. In wie weit Queen Margret um jene Geistererscheinungen gewußt hat, die dem Zuge des Königs unmittelbar vorausgingen und das ganze Land in Staunen und Schrecken versetzten, ist nie rung zu Kampf und Beistand an ihn erging, würde über all seine Bedenken rasch den Sieg davon getragen haben. Ludwig XII. kannte genau den Punkt, der bei seinem königlichen Vetter berührt werden mußte, und von dem Augenblick an, wo Anna von Bretagne, die schöne Gemahlin Ludwigs, einen Brief an König Jacob geschrieben und unter Uebersendung eines Türkis-Ringes ihn beschworen hatte, ihr Ritter zu sein, war Schottland fester und zuverlässiger an das Interesse Frankreichs gekettet, als wenn die Wohlfahrt des Landes ein solches Bündniß vorgeschrieben hätte. Noch einmal, König Jacob war zum Kampf entschlossen, er träumte von einem neuen Tage von Bannockburn, und schien vergessen zu wollen, daß es sich damals, zu König Roberts Tagen, um die Vertheidigung und die Freiheit des Vaterlandes, nicht aber um einen Eroberungszug, einen Krieg nach außen, gehandelt hatte. Was aber der König übersah, oder wenigstens nicht sehen wollte, wurde um so klarer von seinen Räthen und den hervorragendsten Personen seiner Umgebung gesehen. Der alte Graf Angus, mit dem Zunamen „Bell the Cat“, (s. p. 79) beschwor den König seinen Frieden mit England zu machen; Niemand aber war eindringlicher und beredter als die Königin selbst, die, als Schwester Heinrich’s VIII., mit ihrem Herzen zwischen den streitenden Parteien stand. In wie weit Queen Margret um jene Geistererscheinungen gewußt hat, die dem Zuge des Königs unmittelbar vorausgingen und das ganze Land in Staunen und Schrecken versetzten, ist nie <TEI> <text> <body> <div> <div> <p><pb facs="#f0148" n="134"/> rung zu Kampf und Beistand an ihn erging, würde über all seine Bedenken rasch den Sieg davon getragen haben. Ludwig <hi rendition="#aq">XII. kannte genau den Punkt, der bei seinem königlichen Vetter berührt werden mußte, und von dem Augenblick an, wo Anna von Bretagne, die schöne Gemahlin Ludwigs, einen Brief an König Jacob geschrieben und unter Uebersendung eines Türkis-Ringes ihn beschworen hatte, </hi> <hi rendition="#g">ihr Ritter zu sein</hi>, war Schottland fester und zuverlässiger an das Interesse Frankreichs gekettet, als wenn die Wohlfahrt des Landes ein solches Bündniß vorgeschrieben hätte. Noch einmal, König Jacob war zum Kampf entschlossen, er träumte von einem neuen Tage von Bannockburn, und schien vergessen zu wollen, daß es sich damals, zu König Roberts Tagen, um die Vertheidigung und die Freiheit des Vaterlandes, nicht aber um einen Eroberungszug, einen Krieg nach außen, gehandelt hatte. Was aber der König übersah, oder wenigstens nicht sehen wollte, wurde um so klarer von seinen Räthen und den hervorragendsten Personen seiner Umgebung gesehen. Der alte Graf Angus, mit dem Zunamen „Bell the Cat“, (s. <hi rendition="#aq">p. 79</hi>) beschwor den König seinen Frieden mit England zu machen; Niemand aber war eindringlicher und beredter als die Königin selbst, die, als Schwester Heinrich’s <hi rendition="#aq">VIII</hi>., mit ihrem Herzen zwischen den streitenden Parteien stand. In wie weit Queen Margret um jene Geistererscheinungen gewußt hat, die dem Zuge des Königs unmittelbar vorausgingen und das ganze Land in Staunen und Schrecken versetzten, ist nie<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
rung zu Kampf und Beistand an ihn erging, würde über all seine Bedenken rasch den Sieg davon getragen haben. Ludwig XII. kannte genau den Punkt, der bei seinem königlichen Vetter berührt werden mußte, und von dem Augenblick an, wo Anna von Bretagne, die schöne Gemahlin Ludwigs, einen Brief an König Jacob geschrieben und unter Uebersendung eines Türkis-Ringes ihn beschworen hatte, ihr Ritter zu sein, war Schottland fester und zuverlässiger an das Interesse Frankreichs gekettet, als wenn die Wohlfahrt des Landes ein solches Bündniß vorgeschrieben hätte. Noch einmal, König Jacob war zum Kampf entschlossen, er träumte von einem neuen Tage von Bannockburn, und schien vergessen zu wollen, daß es sich damals, zu König Roberts Tagen, um die Vertheidigung und die Freiheit des Vaterlandes, nicht aber um einen Eroberungszug, einen Krieg nach außen, gehandelt hatte. Was aber der König übersah, oder wenigstens nicht sehen wollte, wurde um so klarer von seinen Räthen und den hervorragendsten Personen seiner Umgebung gesehen. Der alte Graf Angus, mit dem Zunamen „Bell the Cat“, (s. p. 79) beschwor den König seinen Frieden mit England zu machen; Niemand aber war eindringlicher und beredter als die Königin selbst, die, als Schwester Heinrich’s VIII., mit ihrem Herzen zwischen den streitenden Parteien stand. In wie weit Queen Margret um jene Geistererscheinungen gewußt hat, die dem Zuge des Königs unmittelbar vorausgingen und das ganze Land in Staunen und Schrecken versetzten, ist nie
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(2018-07-25T15:22:45Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas, Linda Martin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T15:22:45Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Jenseit des Tweed. Bilder und Briefe aus Schottland. Hrsg. von Maren Ermisch. Berlin 2017 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das reiseliterarische Werk, Bd. 2]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Der Text der Ausgabe wird hier ergänzt um das Kapitel „Lochleven-Castle“, das aus verlagstechnischen Gründen in der Erstausgabe fehlte (vgl. dazu die entsprechenden Informationen auf der Seite der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen). Die dazugehörigen Faksimiles, 0331 bis 0333, wurden von Seiten der Österreichischen Nationalbibliothek übernommen. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst).
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