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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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"Wo ist nun die Stelle?" fragte Czako. "Natürlich
die, wo's sprudelt und strudelt."

"Sehen Sie die kleine Buchtung da, mit der weißen
Steinbank?"

"Jawohl; ganz deutlich."

"Nun, von der Steinbank aus keine zwei Boots¬
längen in den See hinein, da haben Sie die Stelle, die,
wenn's sein muß, mit Java telephoniert."

"Ich gäbe was drum," sagte Czako, "wenn jetzt der
Hahn zu krähen anfinge."

"Diese kleine Aufmerksamkeit muß ich Ihnen leider
schuldig bleiben und hab' überhaupt da nach rechts hin
nichts andres mehr für Sie als die roten Ziegeldächer,
die sich zwischen dem Waldrand und dem See wie auf
einem Bollwerk hinziehen. Das ist Kolonie Globsow.
Da wohnen die Glasbläser. Und dahinter liegt die Glas¬
hütte. Sie ist noch unter dem alten Fritzen entstanden
und heißt die ,grüne Glashütte'."

"Die grüne? Das klingt ja beinah' wie aus 'nem
Märchen."

"Ist aber eher das Gegenteil davon. Sie heißt
nämlich so, weil man da grünes Glas macht, allerge¬
wöhnlichstes Flaschenglas. An Rubinglas mit Goldrand
dürfen Sie hier nicht denken. Das ist nichts für unsre
Gegend."

Und damit kletterten sie wieder hinunter und traten,
nach Passierung des Schloßvorhofs, auf den quadratischen
Dorfplatz hinaus, an dessen einer Ecke die Schule gelegen
war. Es mußte die Schule sein, das sah man an den
offenstehenden Fenstern und den Malven davor, und als
die Herren bis an den grünen Staketenzaun heran waren,
hörten sie auch schon den prompten Schulgang da drinnen,
erst die scharfe, kurze Frage des Lehrers und dann die
sofortige Massenantwort. Im nächsten Augenblick, unter
Vorantritt Dubslavs, betraten alle den Flur, und weil

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„Wo iſt nun die Stelle?“ fragte Czako. „Natürlich
die, wo's ſprudelt und ſtrudelt.“

„Sehen Sie die kleine Buchtung da, mit der weißen
Steinbank?“

„Jawohl; ganz deutlich.“

„Nun, von der Steinbank aus keine zwei Boots¬
längen in den See hinein, da haben Sie die Stelle, die,
wenn's ſein muß, mit Java telephoniert.“

„Ich gäbe was drum,“ ſagte Czako, „wenn jetzt der
Hahn zu krähen anfinge.“

„Dieſe kleine Aufmerkſamkeit muß ich Ihnen leider
ſchuldig bleiben und hab' überhaupt da nach rechts hin
nichts andres mehr für Sie als die roten Ziegeldächer,
die ſich zwiſchen dem Waldrand und dem See wie auf
einem Bollwerk hinziehen. Das iſt Kolonie Globſow.
Da wohnen die Glasbläſer. Und dahinter liegt die Glas¬
hütte. Sie iſt noch unter dem alten Fritzen entſtanden
und heißt die ‚grüne Glashütte‘.“

„Die grüne? Das klingt ja beinah' wie aus 'nem
Märchen.“

„Iſt aber eher das Gegenteil davon. Sie heißt
nämlich ſo, weil man da grünes Glas macht, allerge¬
wöhnlichſtes Flaſchenglas. An Rubinglas mit Goldrand
dürfen Sie hier nicht denken. Das iſt nichts für unſre
Gegend.“

Und damit kletterten ſie wieder hinunter und traten,
nach Paſſierung des Schloßvorhofs, auf den quadratiſchen
Dorfplatz hinaus, an deſſen einer Ecke die Schule gelegen
war. Es mußte die Schule ſein, das ſah man an den
offenſtehenden Fenſtern und den Malven davor, und als
die Herren bis an den grünen Staketenzaun heran waren,
hörten ſie auch ſchon den prompten Schulgang da drinnen,
erſt die ſcharfe, kurze Frage des Lehrers und dann die
ſofortige Maſſenantwort. Im nächſten Augenblick, unter
Vorantritt Dubslavs, betraten alle den Flur, und weil

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[67/0074] „Wo iſt nun die Stelle?“ fragte Czako. „Natürlich die, wo's ſprudelt und ſtrudelt.“ „Sehen Sie die kleine Buchtung da, mit der weißen Steinbank?“ „Jawohl; ganz deutlich.“ „Nun, von der Steinbank aus keine zwei Boots¬ längen in den See hinein, da haben Sie die Stelle, die, wenn's ſein muß, mit Java telephoniert.“ „Ich gäbe was drum,“ ſagte Czako, „wenn jetzt der Hahn zu krähen anfinge.“ „Dieſe kleine Aufmerkſamkeit muß ich Ihnen leider ſchuldig bleiben und hab' überhaupt da nach rechts hin nichts andres mehr für Sie als die roten Ziegeldächer, die ſich zwiſchen dem Waldrand und dem See wie auf einem Bollwerk hinziehen. Das iſt Kolonie Globſow. Da wohnen die Glasbläſer. Und dahinter liegt die Glas¬ hütte. Sie iſt noch unter dem alten Fritzen entſtanden und heißt die ‚grüne Glashütte‘.“ „Die grüne? Das klingt ja beinah' wie aus 'nem Märchen.“ „Iſt aber eher das Gegenteil davon. Sie heißt nämlich ſo, weil man da grünes Glas macht, allerge¬ wöhnlichſtes Flaſchenglas. An Rubinglas mit Goldrand dürfen Sie hier nicht denken. Das iſt nichts für unſre Gegend.“ Und damit kletterten ſie wieder hinunter und traten, nach Paſſierung des Schloßvorhofs, auf den quadratiſchen Dorfplatz hinaus, an deſſen einer Ecke die Schule gelegen war. Es mußte die Schule ſein, das ſah man an den offenſtehenden Fenſtern und den Malven davor, und als die Herren bis an den grünen Staketenzaun heran waren, hörten ſie auch ſchon den prompten Schulgang da drinnen, erſt die ſcharfe, kurze Frage des Lehrers und dann die ſofortige Maſſenantwort. Im nächſten Augenblick, unter Vorantritt Dubslavs, betraten alle den Flur, und weil 5*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/74>, abgerufen am 22.11.2024.